Bullet Catcher: Wade (German Edition)
wiederholte er.
»Du hättest wissen können, dass ich nicht bei einem Sturz über beschissene Klippen umkomme. Ich bin ein Fisch.«
»Du verdammtes Arschloch!« Clive stürzte sich auf Russell, und aus der Pistole löste sich ein Schuss und zerfetzte den Scheinwerfer, sodass sie in Dunkelheit getaucht wurden.
Die beiden Männer rollten kämpfend auf dem Boden, aus ihrem Gebrüll klang Wut und Schmerz. Eines stand fest: Gegen diese Bestie hatte Clive nicht den Hauch einer Chance.
Vanessa hechtete auf Bones’ Pistole zu, schnappte sie sich und zielte auf das zuckende Knäuel aus Russell und Clive. In dem Moment gab Russells Waffe erneut einen Schuss ab, gefolgt von einem unmenschlichen Schmerzgeheul.
Wenn Russell getroffen war, würde Clive sie im Dunkeln suchen. Wenn hingegen Clive …
Die Waffe lag ihr schwer in der Hand, als sie über den Landeplatz in den Wald floh. Auf der Suche nach dem schwärzesten Fleck, den sie finden konnte, schlüpfte sie an Bäumen und Ästen vorbei, die ihr die Haut aufschürften, und hastete vorwärts, nur das betäubende Geräusch ihres eigenen Atems im Ohr.
Ihre Augen gewöhnten sich mit jedem Schritt besser an die Dunkelheit, sodass sie im Mondlicht alsbald Bäume und Wolken am Himmel unterscheiden konnte, und sie lief und lief und lief, immer in der Erwartung, im nächsten Moment von einer Kugel in den Rücken oder in den Kopf getroffen zu werden.
Dann roch sie Salzwasser. Sie blieb stehen und presste die Lippen aufeinander, um das Atemgeräusch zu unterdrücken und besser hören zu können. Da war Brandung.
Halleluja! Sie hatte den Strand erreicht. Etwas langsamer bahnte sie sich einen Weg durch das Dickicht, bis es sich zu einem breiten Streifen Sand und rollenden Wellen hin öffnete. Sie folgte dem Strand ein paar hundert Meter weit bis zu einer Felswand, aus der eine große Betonplattform ragte, gestützt von dicken, runden Pfeilern, die im schrägen Winkel in den Felsen getrieben waren.
Nicholas Vex’ Haus ist auf St. Barts .
War das möglich? War dies der Ort, an den Bones sie hatte bringen wollen … oder würde dieses Haus Schutz bieten? Gab es ein Telefon, mit dem sie Hilfe holen konnte? Was sollte sie sonst tun? Durch den Dschungel irren, oder sich schwimmend in Sicherheit bringen? Immer mit dem Gedanken im Kopf, dass ihr Russell Winslow auf den Fersen war, bewaffnet und ohne jeden Skrupel zu töten?
Sie hob die Pistole an, die schwer an ihrem rechten Arm zog. In den letzten Tagen hatte sie etwas gelernt; langsam und schlau vorgehen, nicht schnell und dumm , klang Wades süßer Akzent in ihren Ohren.
Wade hätte schon längst einen Plan entwickelt und vermutlich alle umgenietet, die ihm in den Weg kamen. In ihrer augenblicklichen Situation erschien ihr diese Vorgehensweise durchaus logisch und naheliegend.
Ihr Plan bestand jetzt einfach darin, herauszufinden, wer sich dort oben befand – ob es jemand war, dem sie trauen konnte, oder jemand, den sie vielleicht … umnieten müsste.
Sie arbeitete sich durch das Gestrüpp auf die Felswand zu, wobei sie in ihren Sandalen immer wieder ausglitt. Trotzdem kam sie relativ rasch voran, die Waffe in der einen Hand, während sie sich mit der anderen an den Felsvorsprüngen festhielt und hochzog, bis sie nur noch etwa drei Meter unterhalb des Hauses war. Schweiß lief ihr über den Rücken, und ihre Lungen fühlten sich an, als wollten sie platzen, doch schließlich war sie nah genug, um etwas Licht zu sehen – und eine tiefe, raue männliche Stimme zu hören.
War das Russell?
Sie schloss die Augen, um besser lauschen zu können, so wie sie es bei Wade gesehen hatte, und ihre linke Hand zitterte vor Erschöpfung, während sie sich an einer knorrigen Wurzel festhielt.
»Bitte, bitte … ich hatte doch keine Ahnung, in was ich da hineingerate.« Die Stimme der Frau wurde vom Beton reflektiert und hallte in die Nacht hinaus. »Ich habe nur versucht, meine Freundin zu finden, deshalb war ich da draußen. Ich schwör’s bei Gott!«
Stella? Vanessa sackte das Blut so schlagartig aus dem Kopf, dass ihr regelrecht schwindelig wurde.
Stella Feldstein war in diesem Haus?
»Zum letzten Mal«, sagte die männliche Stimme, »Mund halten, oder du bist tot.«
Das war Marcus! Marcus Razor, in dem gleichen aufgebrachten Tonfall wie bei ihren Teambesprechungen im Büro. Einen Augenblick lang fühlte sich Vanessa sicher und wollte schon um Hilfe rufen. Doch dann kamen ihr Zweifel. Warum sollte sie Marcus trauen? Er war tief
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