Bullet Catcher: Wade (German Edition)
eine gute Sache.«
Vanessa lächelte. Diese Sache war besser als gut. Viel besser.
Der Junge konnte tanzen.
Eigentlich war er ein erwachsener Mann, doch da er in etwa so alt war wie Stellas ältester Enkel, erschien er ihr wie ein Kind. Aber was für ein Tänzer!
Er führte sie zu ihrem Tisch zurück, als die letzten Takte von »Celebration« ausklangen. Unter seinem nicht mehr ganz so vollen Haar schimmerte ein Schweißfilm. Seit Stunden schon verausgabten sie sich auf der Tanzfläche.
Sie leerte ihr Sprudelglas, das sie auf dem Tisch hatte stehen lassen, und atmete tief ein.
Jason hob sein Glas mit Perrier. »Auf Sie, Stella Feldstein. Sie sind eine Wucht auf dem Tanzboden.«
Stella zwinkerte ihm zu und ließ ein tiefes Grollen hören, als die ansteigenden Akkorde von »It’s Raining Men« durch die überfüllte Valhalla-Disko-Lounge tönten.
»Ich liebe dieses Lied!« Sie packte Jason am Arm und wollte zurück auf die Tanzfläche, doch er rührte sich nicht vom Fleck.
»Sie bringen mich noch um!« Er warf den Kopf lachend zurück und offenbarte dabei ein makellos weißes Gebiss. Er hatte nicht den muskulösen Körper, den Stella bei Männern am meisten mochte, doch er war groß, schlank und unglaublich unterhaltsam.
Sie war dem jungen Mann förmlich in die Arme gelaufen, als sie ihre Kabine verlassen hatte, um zum Abendessen zu gehen. Seither unterhielt er sie mit kleinen Kommentaren über die anderen Passagiere und witzigen Bemerkungen über alles Mögliche von Mode bis Essen. Da sie beide allein unterwegs waren, hatte sie es als vollkommen logisch empfunden, gemeinsam zum Essen zu gehen. Anschließend hatten sie auf einen Drink in der Disko vorbeigeschaut; und als der DJ richtig losrockte, waren Stella und ihr neuer Freund dabei.
»Kommen Sie«, beharrte sie und zerrte hartnäckiger. »Es ist unser letzter Abend auf See.«
»Dann sollten wir die salzige Luft noch einmal genießen.« Er hakte sich bei ihr unter. »Würden Sie mir die Ehre erweisen, mit mir über das Deck zu streifen und einen Drink zu nehmen, Madame?«
Sie strahlte ihn an. »Es gibt also doch noch so etwas wie Ritterlichkeit. Meine Güte, so viel Spaß hatte ich nicht mehr, seit meine ebenfalls alleinstehende Freundin von Bord gegangen ist. Wo waren Sie eigentlich in der erste Hälfte dieser Woche? Ich hätte Sie Vanessa zu gern vorgestellt.«
»Die attraktive Blondine aus New York, die immer auf dem Sprung ist?«
Stellas Augen weiteten sich vor Überraschung. »Sie kennen sie?«
»Wie viele Vanessas nehmen wohl an so einer Kreuzfahrt teil?« Er führte sie in eine vom Hauptsaal abgetrennte Bar und machte dem Barmann ein Zeichen. »Ich habe sie gleich am ersten Tag kennengelernt, auf der Überfahrt nach Anguilla. Wo ist sie abgeblieben?«
»Das weiß der Himmel.«
Der Barmann trat zu ihnen und sah Stella erwartungsvoll an. »Ich trinke keinen Alkohol«, sagte sie entschuldigend zu Jason. »Ich nehme Medikamente.«
»Sicher? Der letzte Abend im Hafen und so … Wie wär’s mit etwas Leichtem?«
»Na gut. Diesen Rosé dort.«
»Einen Blanc de Noirs für die Dame«, bestellte er, »und ich nehme einen Wodka Gimlet.«
Stella wandte sich um, um die Tanzfläche zu beobachten, und als der Barmann die Drinks servierte, zückte sie ihre Geldbörse. »Die Runde geht auf mich. Sie sind eine großartige Gesellschaft für eine schwatzhafte alte Dame.«
»Sie sind weder schwatzhaft noch alt, Stella. Sie rocken die Disko wie keine zweite auf diesem Schiff. Vielen Dank dafür – und für die Einladung.«
Kichernd ließ sie sich von ihm aus der Lounge in das imposante, in Blau und Messing gestaltete Atrium im Zentrum des Schiffes führen. Über die breite Treppe stiegen sie hoch zum Hauptdeck, und die ganze Zeit über begegneten ihr bekannte Gesichter, die sie anstrahlten.
»Hallo, Stella!«
»Hi, Mrs Feldstein.«
»Hab Sie das Tanzbein schwingen sehen, Stell.«
Jason ging voran, nahm hin und wieder einen Schluck aus seinem Glas, grüßte aber niemanden. Offenbar war er schüchtern. Deshalb hatte sie ihn die ganze Woche noch nicht gesehen. Stella hatte schon so viele Kreuzfahrten gemacht, dass sie Bescheid wusste: Die zurückhaltenden Passagiere ließen sich tagelang nicht blicken; erst kurz vor Schluss tauchten sie auf, um zu erkennen, dass sie das Beste verpasst hatten, nämlich die anderen Gäste.
Oben angekommen, hob sie ihr Glas. »Sie hätten sich nicht so rar machen dürfen, Jason. Ich wette, Sie hätten sich bestens
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