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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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Aschenbecher! Ich verlor meine Ruhe. Ich riss das Fenster
auf und steckte meinen Kopf heraus. Kühle Morgenluft und Berufsverkehr
begrüßten mich. Das macht nüchtern.
     

Die ersten Zweifel.
     
      Ich holte mir einen Stuhl, und setzte mich an das offene
Fenster. Ich zündete mir eine Zigarette an, ich kannte die beruhigende Wirkung
des Inhalierens, des Rauches und des Drogengemischs an sich. Ich nahm den
Aschenbecher von meinem Schreibtisch und stellte ihn auf die Fensterbank. Der
Anblick des Bechers erinnerte mich an den Tag, als ich ihn auf einem Flohmarkt
erworben habe. Er fiel mir direkt auf, wegen der geschmackvollen Handarbeit,
wegen den ästhetischen Farben, wegen der Einzigartigkeit und der vollendeten
Form. Dann erinnerte ich mich daran, dass ich erst beim Anblick eines
Aschenbechers das Badezimmer so fluchtartig verließ. Erst jetzt fragte ich mich
warum. Weil man mit einem Aschenbecher viel mehr assoziiert, als mit einem
Bademantel oder einem Duschvorhang? Womöglich weil ein Aschenbecher eine
außerordentliche Rolle in meinem Traum gespielt hätte? Ich starrte das
Kunstwerk an, ich versank wieder in den Erinnerungen an den Traum. Ein Stadion,
ein Mann, eine Frau, ein Kamikaze... Fehlanzeige. Ich beobachtete die
Lichtspiele durch das gefärbte Glas des Bechers, wie ich das hin und wieder
gemacht habe, wenn ich meinen Gedanken die Freiheit und die Macht der
Selbstentfaltung überließ. Ich fragte mich, ob das derselbe Aschenbecher war,
den ich mal gekauft habe.
     
      Was soll das heißen, ob das Derselbe ist? Wieso soll das
ein Anderer sein? Wer soll ihn schon austauschen wollen? Trotzdem ließ ich es
nicht sein, und nahm den Becher in die Hand. Ich drehte ihn direkt vor meinen
Augen hin und her, beobachtete das Brechen des Hintergrundes und fragte mich
dabei, ob ich es überhaupt erkennen würde, und was es mir im Endeffekt
ausgemacht hätte, wäre er ausgetauscht. Ich stellte den Becher wieder auf die
Fensterbank und machte die Zigarette aus. Was würde es mir ausmachen? Was hätte
sich für mich geändert? Ich versank wieder in Gedanken. Die Bearbeitung der
Information, die über die Augen in mein Gehirn gelangte, verlor wieder an
bewusster Priorität, und wurde nur noch von dem Unterbewusstsein auf Gefahren
gescannt. Die Augenmuskeln und die Muskeln der Pupillen entspannten sich
langsam, und die Schärfe verlagerte sich von dem Objekt unmittelbar vor meinen
Augen Richtung Unendlichkeit. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite
angelangt, erkannte meine innere Alarmanlage scheinbar eine Gefahr, und ich
schaltete wieder auf die bewusste Beobachtung des mutmaßlichen Störfaktors um.
     
      In demselben Augenblick, als ich die Herkunft der
vermuteten Bedrohung erkannte, erinnerte ich mich an neue recht unerwartete
Passagen des Traums. Ein Mann von der anderen Straßenseite stand regungslos auf
dem Bürgersteig  zu meinem Fenster zugewendet. Georg? Ich konnte bei der
Entfernung nicht ganz sicher sein, doch hatte das Gefühl, dass wir einander
wohlgezielt in die Augen schauten. Georg aus dem Traum? Ein Georg? Ein Name im
Traum? Dieser Mann? Es war zugleich lächerlich und erstaunlich, den Mann von
der anderen Straßenseite aus meinem Traum zu vermuten. Besonders
außergewöhnlich fand ich den Fakt, dass ich weder das Gesicht des realen
Menschen richtig erkennen konnte, noch mich an den Anblick von Georg aus dem
Traum erinnerte, die Beiden dennoch für eine und dieselbe Person hielt.
     
      Noch seltsamer war allerdings die Tatsache, fiel mir ein,
dass ich mich an einen Namen aus dem Traum erinnern konnte. Man träumt von
bekannten Menschen, und man erinnert sich an deren Namen, wenn man aufgewacht
ist. Genauso mit Gegenständen. Wenn ich einem Gegenstand aus einem Traum einen
Namen zuordnen konnte, dann nur weil der Gegenstand schon außerhalb des Traum
einen  Namen hatte. Denn Namen Kamikaze kannte ich gestern Abend, bevor ich
schlafen ging. Würde ich den Namen nicht kennen, hätte ich im Traum irgendeinen
Wagen gesehen, bildschön - ja, traumhaft - ja, göttlich, vollkommen – ja,
benannt - nein... Dann kenne ich den Namen eben nicht aus dem Traum, war die
logische Schlussfolgerung. Sollte das bedeuten, dass ich den Mann dort unten
kenne, und gar von ihm geträumt habe? Georg? Mein Gedächtnis wollte mir nichts
über seine Herkunft verraten.
     
      Wir starrten uns jetzt schon seit zwanzig dreißig Sekunden
reglos an, höchste Zeit für eine neue Wendung. Ich grüßte Georg

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