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Burgfrieden

Burgfrieden

Titel: Burgfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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Gruppe zog an ihnen vorbei. Das waren eindeutig Tina, Mordred und Lukas. »Glaub’ ich, gehen sie zu den Erdpyramiden.« Lenz hatte so leise gesprochen, dass Jenny ihn gerade noch hören konnte. Sie wollte soeben fragen, woher er das wisse, als er schon weiterredete. »Ist es am besten, wir trennen uns. Folg’ ich ihnen und du Speranza.«
    Sie protestierte. Wie sie dazu käme, sich dieser Gefahr auszusetzen. Da seien die Studenten vergleichsweise harmlos. »Glauben die aber, du bist verletzt. Sehen sie mich, sag’ ich, ich besuche hier Freunde.« Dieser Argumentation konnte Jenny sich nicht verschließen. Richtig, offiziell laborierte sie ja immer noch an ihrem verstauchten Knöchel. Da würde es sich gar nicht gut machen, wenn die Studenten und vor allem Mordred sie hier quasi auf frischer Tat ertappten.
    »Brauchst du Hilfe, ruf mich an. Bin ich gleich da.« Damit war er auch schon den Studenten hinterher geradelt, während sie selbst sich in die entgegengesetzte Richtung auf den Weg machte. Es war ihr gelungen, sich wieder an Speranza heranzupirschen. So konnte sie gerade noch sehen, wie er das Hotel, vor dem sie jetzt Wache schob, durch einen Seiteneingang betrat. Sie hatte ihren Posten schräg gegenüber bezogen, schlecht und recht getarnt durch einen Lieferwagen, der dort parkte. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass dessen Lenker nicht eher zurück- als der Bauarbeiter herauskam. Jenny schaute auf das Display ihres Handys: Bald halb eins. Wenn sie so weitermachten, dann würden sie ohnehin nicht vor Beginn der Führung um 16 Uhr in der Magdalena Kirche sein. Da brauchten sie Lenz’ Schwester nicht mehr, um hineinzugelangen. Jenny hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als ihr plötzlich ein Licht aufging. Sie mussten blind gewesen sein. Wie anders hätten sie sonst eine Tatsache übersehen können, die ihr mit einem Mal glasklar bewusst wurde: Wie hätte jemand in der Kirche etwas deponieren können, wenn diese nahezu immer versperrt war? Es war kaum anzunehmen, dass sich der Täter – oder wer immer für die Rätsel verantwortlich war – über die Mesnerin Zugang verschafft hatte. Oder etwa doch? Dann müssten sie umgehend mit Lenz’ Schwester reden. Möglicherweise ließe sich durch ein simples Telefonat herausfinden, wer hinter der ganzen Sache steckte, und sie könnten sich den nochmaligen Weg nach St. Magdalena sparen, ja, vielleicht die ganze Aktion überhaupt abbrechen. Gerade als Jenny das »H« für Hofer auf ihrem Mobiltelefon aktivieren wollte, sah sie Speranza aus dem Seiteneingang treten. Ausgerechnet jetzt. Sie musste sich entscheiden, was sie zuerst tun sollte: dem mutmaßlichen Delinquenten folgen oder Lenz anrufen?
    Der Verdächtige ging jetzt die Straße zurück, auf der er gekommen war. Jenny duckte sich hinter dem Lieferwagen, als Speranza daran vorbeiging. Dennoch gelang es ihr, einen Blick auf das zu erhaschen, was er bei sich trug: Zwei große Plastiksäcke, von denen ein jeder prall gefüllt war. Das kam ihr allerdings sehr ungewöhnlich vor. Normal war es jedenfalls nicht, dass jemand seine Einkäufe in einem Hotel erledigte. Was immer der Bauarbeiter trieb: Sie würde es herausfinden.
     
    *
     
    Der idyllische Fußweg von Klobenstein zu den Erdpyramiden führt über die Ortschaft Lengmoos. Zu Zeiten, als der Alpenübergang noch quer über den Ritten führte, bildete der mehr als 1.200 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Weiler die Passhöhe, die es mit Lasttieren und zu Fuß zu überqueren galt. Aus dieser Periode stammt auch die Deutschordens-Kommende, ein Hospiz, das Anfang des 13. Jahrhunderts als Unterkunft für reisende Händler und Pilger errichtet wurde. Heute beherbergt die historische Stätte vielfältige Veranstaltungen und Ausstellungen und bildet somit das kulturelle Zentrum des Rittens.
    Just dieses ob seiner massiven Behäbigkeit beeindruckende Gebäude passierten die Studenten, als ihnen plötzlich jemand in den Weg trat.
    »Ist das aber nicht Schloss Tirol hier.« Lenz Hofer war den dreien hinterhergefahren, zunächst zügig, dann im Schritttempo. Sie hatten einen recht harmonischen Eindruck gemacht und schienen so in ihre Unterhaltung vertieft, dass er kaum Gefahr gelaufen war, von ihnen bemerkt zu werden. Nach einer Weile hatte er allerdings Zweifel an seinem Tun bekommen. Er wollte wissen, wieso sie hier und nicht auf der Burg bei Meran waren, und hatte nun einfach die Gelegenheit beim Schopf gepackt.
    Wenn es seine Absicht gewesen war, die Studenten zu

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