Burnout vorbeugen und heilen
sichtbar.
Innere Reize sind innere Körpervorgänge, Vorstellungen und Bilder (beispielsweise denken Sie an einen Unfall, den Sie hatten), äußere Reize sind sinnliche Wahrnehmungen von außen (Sie sitzen im Auto und sehen beispielsweise einen großen Lastwagen direkt auf sich zurasen). Beides löst in Ihnen sofort Empfindungen und Gefühle aus. Gefühle lösen Handlungen nach außen aus, ganz eigene, auf die jeweilige Auslösesituation passende Reaktionen ( z. B. das Steuer herumreißen und ausweichen), und sie lösen Handlungen nach innen aus: Der Organismus wird so gesteuert, dass er auf die Reaktion nach außen vorbereitet ist und diese durchführen kann. In einer Angstsituation gehört z. B. dazu: die Pupillen weit zu stellen, um möglichst viel zu sehen; die Gefäße zu verengen und den Herzschlag hoch zu regeln zur schnellen Durchblutung. Gefühle führen uns Energie zu und regen uns zu überlebenswichtigen zielgerichteten und sinnvollen Verhaltensweisen an.
Gefühle sind zudem sogar der Motor für Denkprozesse, auch wenn unsere Kultur Denken und Fühlen eher trennt. Doch ohne Emotionen ist Denken gar nicht möglich, z. B. dann, wenn es um persönliche und soziale Probleme geht, die mit Risiko und Konflikt zu tun haben. Die Verbindung von Gefühlen und Bewusstsein hilft uns, Situationen denkerisch zu durchdringen. Mit mehr Bewusstsein für unsere vielfältigen Gefühlsregungen können wir etwas bewirken, in Gang setzen und verändern. So werden Gefühle zur Quelle der Kreativität und der Problemlösung und sind keineswegs evolutionärer Luxus. Sie gehören zur „Logik des Überlebens“ (Damasio 2000, S. 57).
Ohne dass wir es wissen, arbeiten Gefühle in uns für unser Überleben. Machen wir uns das nicht bewusst, gehen nicht wir mit den Gefühlen, sondern die Gefühle mit uns um.
Es ist sinnvoll, ein Gefühl (emotion) von einer Empfindung (sensation) zu unterscheiden. Empfindungen sind Körperwahrnehmungen wie ein Ziehen, Kribbeln, eine Spannung oder ein Schmerz. Empfindungen habe ich bereits als Signale für Grundbedürfnisse beschrieben und Gefühle gehen immer mit Empfindungen einher: Es gibt keine Gefühle ohne Empfindungen. Wenn sich jemand gerade ärgert, „stehen ihm die Nackenhaare zu Berge“, vielleicht hat er auch „einen dicken Hals“. Das sind Beschreibungen von Empfindungen, denn tatsächlich stellen sich bei Ärger die Haare auf und die Halsmuskulatur spannt sich an.
Ich möchte Ihnen im Folgenden eine Landkarte vorstellen, mit der ich selbst mich im „lebendigen Urwald“ der Gefühle gut orientiere ( siehe Abb. 3-8 ): Sie zeigt Grundbedürfnisse und Gefühle. Diese Landkarte habe ich über viele Jahre der praktischen Arbeit in recht pragmatischer Form zusammengestellt; ich nutze sie viel in meiner Arbeit, wenn ich Menschen begleite.
Abbildung 3-8 : Landkarte der Gefühle und Bedürfnisse (© Schneider 2013)
Damit Sie einen ersten Eindruck für die Einteilung in diese Kategorien bekommen, zeige ich Ihnen einige Beispiele:
Ersatz-Hintergrundgefühle: angespannt, unruhig, hektisch ...
Hintergrundgefühle: entspannt, gespannt, ruhig ...
komplexe Ersatzgefühle: Eifersucht, Ohnmacht ...
komplexe Gefühle: Scham, Schuld, Eifersucht, Liebe ...
Ersatzgefühle: Depression, Niedergeschlagenheit ...
Grundgefühle: Angst, Ärger, Trauer, Freude ...
Ersatz-Bedürfnisse: rauchen, übermäßig essen ...
Grundbedürfnisse: Sauerstoff, Licht, Wasser ...
Empfindungen: Schmerz, Kribbeln, Lust ...
3.14.2 Die Funktion der Gefühle
Schon Darwin stellte fest, das jedes Gefühl eine Funktion hat. Auch Thomson (1989) hat diesen Sachverhalt sehr schön beschrieben. Kurz und zusammengefasst heißt dies:
Gefühle sind bereitgestellte Energie, um zielgerichtet und sinnvoll zu handeln.
Gefühle werden durch innere oder äußere Reize ausgelöst. Wir können nicht keine Gefühle haben.
3.14.3 Grundgefühle
Im Folgenden möchte ich die Grundgefühle, ihre Auslöser, die begleitenden Empfindungen und ihre Funktion in einer Kurzbeschreibung skizzieren. Ich möchte Ihnen hauptsächlich ein Gesamtverständnis vermitteln: Wann tauchen diese Gefühle auf? Woran erkennen wir sie? Wofür sind sie gut? Zu jedem der Gefühle gibt es weiterführende Literatur (siehe unten); am besten lässt sich allerdings im Gespräch erörtern, was die Gefühle ausmacht und welche Funktion sie haben.
Mit Ärger reagieren wir, wenn etwas nicht so läuft, wie wir es uns vorgestellt haben. Die dazugehörenden körperlichen
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