Burnout vorbeugen und heilen
anstrengen. Sie helfen ihm beim Basteln, verhalten sich aber – da sie es nicht anders kennen und wissen – wieder in gleicher Weise und nehmen dem Kind die Sachen erneut aus der Hand. Wenn das Kind dann nichts macht, stellen sich Frust und Unbehagen ein; das Kind „schafft es wieder nicht“. Meist kommt es zu Geschrei und Tränen und schließlich zu Resignation auf beiden Seiten.
Diese Situation lässt sich folgendermaßen abstrahieren: Die Eltern, oder zumindest der Vater als Hauptakteur, vermitteln dem Kind mit ihrem eigenen Unvermögen und durch ihre Art, sich zu verhalten, die Botschaft „Schaff es nicht!“ Diese Botschaft wird nicht über Sprache, sondern durch das Tun vermittelt. In Anlehnung an Berne (1975) bezeichnen wir diese Botschaft als äußere Einschärfungsbotschaft. Als das Unvermögen sichtbar wird, begegnen die Eltern ihm hilflos und wohlmeinend und auf die Folgen der Einschärfung reagieren Sie, indem sie das Kind drängen, sich anzustrengen, was auch beinhaltet, stark zu sein. Dieses Verhalten bezeichnen wir als äußere Gegeneinschärfungsbotschaft oder auch als Antreiberbotschaft (Schneider 2004, in Anlehnung an Kahler 1997). Das Verhalten der Eltern, das Programm, wird vom Kind ebenfalls wahrgenommen und verarbeitet.
Diese wohlgemeinte Aufforderung zur Anstrengung und auch die Art der Anstrengung selbst treiben das Kind jedoch in eine Verzweiflung. Diese führt letztendlich zum gleichen Ergebnis: Es schafft es nicht. Kommt keine nachhaltige Korrektur dieses Verhaltensmusters durch andere Menschen oder die Eltern selbst, verinnerlicht das Kind dieses Muster. Es speichert die Botschaften in sich selbst als innere Einschärfungs- und Gegeneinschärfungs- oder Antreiberbotschaften ab und verhält sich in ähnlichen Drucksituationen genau nach diesem Muster. Meist werden die Botschaften nicht eins zu eins übernommen, sondern durch die eigene Wahrnehmung und Einschätzung verändert.
Kinder und auch Erwachsene und alte Menschen beobachten sehr genau, wie Eltern und andere für sie wichtige Personen sich verhalten (Programm) und ziehen für sich daraus Schlüsse (inneres Programm).
Jeder Mensch hat eine in sich wohnende Kraft, die ihm hilft sich zu entwickeln und zu leben, die Physis (Berne 1972, S. 87). Menschen kommen auch ohne Zutun anderer Menschen zu eigenen Schlussfolgerungen und inneren Botschaften, um in dieser Welt mit sich und der Umwelt und Umgebung klarzukommen.
Abbildung 4-32: Äußere und innere Einschärfungs- und Antreiberbotschaften (© Schneider 2013)
4.8.14 Disstressverlauf [38]
Der ganze Vorgang, wie Menschen sich in ein Burnout-Syndrom hinein- und wieder hinausbewegen, lässt sich sehr schön mit dem Disstressverlauf ( siehe Abb. 4-33 ) darstellen: Kommen Menschen in eine Stresssituation und gelingt es ihnen, eine jetzt passende Handlung zu kreieren und zu vollziehen, fühlen sie sich gut. Von außen gesehen würden wir dies als Eustressverhalten bezeichnen. Gelingt es ihnen in einer Stresssituation nicht, eine jetzt passende Handlung zu kreieren, wiederholen sie unbewusst oder halb bewusst früher gelernte Lösungsstrategien und aktivieren dabei Antreiber- (1) und / oder Gegenantreiberverhalten (3). Hierbei spüren sie sich kaum. Im jeweiligen Antreiber- oder Gegenantreiberverhalten geben sie sich so, als wären sie nur in Ordnung, wichtig, erfolgreich, ..., wenn sie „es recht machen“, „stark sind“, „es angestrengt versuchen“, „immer perfekt sind“ oder „sich beeilen“. Sie zeigen Disstressverhalten 1. Grades.
Abbildung 4-33: Disstressverlauf (nach Kahler 1974 und 2008, wesentlich verändert) (© Schneider 2013)
Gelingt es ihnen, aus diesem Verhaltensmuster wieder auszusteigen – spontan oder durch bewusstes Innehalten, das Erfassen der Situation und passendes Handeln –, fühlen sie sich wieder gut und handeln erfolgreich. Sie meistern das Leben (Meisterschaftsebene). Je öfter und je länger sie jedoch – ausgelöst durch Bedürfnismangelsituationen – im Antreiber- und Gegenantreiberverhalten „strampeln“, dadurch viel Energie verbrauchen und immer weniger Energie zur Verfügung haben und sich auspowern, desto tiefer geraten sie in Disstress und treiben dem Disstressverhalten 2. Grades zu (2). Hier drängen sich ihnen alte Erfahrungen und Gefühle aus früheren Lebensphasen auf. Sie fühlen sich selbst schlecht und haben das Gefühl, schlechter zu sein als andere und irgendwie nicht richtig (- / +).
Abhängig von den in dieser
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