Burnout vorbeugen und heilen
Situation aktivierten Antreiber- und Gegenantreiberverhalten und den früher gemachten Erfahrungen machen sie Fehler, ziehen sich auf unangemessene Weise zurück, geben anderen die Schuld, versuchen andere und die Situation irgendwie hinzudrehen, fangen an Überzeugungen zu predigen (Kahler 2008, S. 142 f.), treiben sich oder andere zu immer größerer Eile an oder blockieren und sind massiv angespannt ( siehe Abb. 4-34 ).
Instinktiv versuchen sie auf alle Fälle zu vermeiden, die mit den Einschärfungserlebnissen verknüpften, früher real erlebten unangenehmen Gefühle zu spüren. Deshalb bäumen sie sich gegen diese Erlebnisse und Gefühle auf. Im Zustand des Aufbäumens (3) legen sie oft eine selbstgerechte Haltung an den Tag, mit der sie alte Beschämungen und schmerzliche Erfahrungen (wie zum Beispiel geschlagen zu werden) abwehren. Sie befinden sich in einer „Ich-bin-besser-als-ihr“(+/-)-Haltung und in Gegenantreiberverhaltensweisen. Gefühle überzogenen Ärgers, von Rache, Triumph und Trotz sowie Vorwürfe sind an der Tagesordnung. Von hier aus können sie in Antreiberverhalten (1) zurückgehen oder auch aussteigen (0).
Halten Antreiber- und Gegenantreiberverhalten sowie Disstressverhalten 1. und 2. Grades zu lange an, sind die Betroffenen schließlich zu stark ausgepowert. Verzweiflung, Krankheit oder Zusammenbruch (4) sind die Folgen, über die sie ihren schmerzlichen Gefühlen aus der Vergangenheit entkommen.
Dieser Zustand wird auch Endauszahlung genannt. Äußerst passend sagen Menschen in diesem Zustand: „Sehen Sie, das hab ich nun davon!“, „Das ist nun also das Ende vom Lied!?“ Wir bezeichnen dies als Disstressverhalten 3. Grades. Die Betroffenen fühlen sich fix und fertig, müde, konzentrationslos und fertig mit der Welt. Sich, andere und die Welt oder das Leben sehen sie negativ (-/-/-). Je nach vorherrschendem Antreiberverhalten und früheren Einschärfungserlebnissen fühlen sie sich „ungeliebt“, „unerwünscht“, „im Stich gelassen“, „hilflos“, „wertlos“, „hoffnungslos“ (Kahler 2008, S. 183), „leblos“, „fertig mit der Welt“, „kaputt“ ( siehe Abb. 4-35 ).
Abbildung 4-34: Verhalten bei Disstress 2. Grades (© Schneider 2013)
Abbildung 4-35: Einstellung zu sich selbst bei Disstress 3. Grades (modifiziert nach Kahler 2008) (© Schneider 2013)
Im Zusammenbruch, in der Verzweiflung, in der Krankheit sind sie am nächsten im Kontakt mit ihrer Geschichte. Gelingt es ihnen an dieser Stelle – mit oder auch ohne Fachmann –, sich bewusst zu machen, wie all das kam, wie sie gelernt haben mit Disstressverhalten zu überleben, wie sie anders reagieren und sich anders zum Leben einstellen könnten, gelingt ihnen langfristig der Ausstieg aus diesem Teufelskreis. Der Durchlauf durch Disstress 1., 2. und 3. Grades kann durch die Disstresspositionen (1)–(4) beliebig von einer Position zur anderen und auch aus dem Disstressverlauf hinaus zurück auf die Meisterschaftsebene (0) stattfinden. Zur Endauszahlung (4) kommen Betroffene in der Regel über Position (2) oder im Anschluss an (2) über (3). Die Verweildauer in diesen Positionen kann von einer Sekunde bis zu vielen Stunden und in abwechselnden Positionen insgesamt über Jahre dauern.
Auch jemand, der sich gut fühlt und sein Leben meistert, hält sich ab und zu kurz in solchen Disstresspositionen auf, schafft es jedoch, diese wieder zügig zu verlassen. Anfällig sind und bleiben wir jedoch, wenn wir mit unserer Grundbedürfnisbefriedigung in einem Mangelzustand sind. Dann „fallen wir“ in Stresssituationen ins Antreiber- und Gegenantreiberverhalten – oder noch tiefer.
Bei Antreiber- und Gegenantreiberverhaltensweisen kann die Einschärfungsebene, je nach Geschichte, verschieden stark ausgeprägt sein. Der Grad der Ausprägung und Hartnäckigkeit entspricht der Schwere der vorangegangenen Einschärfungssituationen sowie den Erfahrungen und Verletzungen im Lauf der eignen Lebensgeschichte als Kind und/oder später.
Wenn jemand sein Antreiber- oder Gegenantreiberverhalten durch aktuell passendes Verhalten auflöst, kommt er in Kontakt mit den unangenehmen Gefühlen der Einschärfungssituationen aus der Vergangenheit. In der Regel sind dies Beschämungsgefühle, körperliche und seelische Schmerzen und damals nicht ausdrückbarer Ärger und Wut (Empörung) über diese Situationen. Darunter finden sich ursprüngliche Schamgefühle. Werden diese nun beachtet, können sinnvolle Grenzen gesetzt werden.
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