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Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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meinem Stiefvater an. Er begann sie zu schlagen. Es war zwar nicht so schlimm wie bei meinem Vater damals, und auch nicht so regelmäßig, aber trotzdem, dafür gab es keine Entschuldigung. Er dachte sich wohl: »Wenn in meiner Beziehung sowieso schon der Wurm steckt und ich auch keinen Bock habe, vernünftig mit meiner Frau zu reden, dann haue ich ihr halt auf die Fresse, um unsere Probleme zu lösen!« Es war nur blöd, dass ihr Sohn irgendwann alles mitbekam und mittlerweile ein Alter erreicht hatte, in dem er sich wehren konnte. Als er eines Abends wieder Hand an meine Mutter legen wollte, knöpfte ich ihn mir vor.
    »Pass mal auf, noch so ein Ding und ich schlage dich tot!«
    Ich meinte es ernst.
    Mein Stiefvater war im Prinzip kein schlechter Mensch – anders als mein leiblicher Vater –, das wusste ich auch, aber seine Zeit bei uns war einfach abgelaufen. Er hat gesehen, dass ich erwachsen geworden bin, das Sagen im Haus übernommen habe, und er packte seine Koffer. Dass meine Mutter und er sich trennen würden, war ohnehin nur eine Frage der Zeit. Ich habe ganz einfach dafür gesorgt, dass die Trennung sauber über die Bühne ging. Im Gegensatz zu meinem leiblichen Vater respektierte ich ihn und er respektierte mich. Wir gaben uns die Hand wie echte Männer und das Thema war erledigt. Er kam zu uns, als ich sechs Jahre alt war, und verließ uns, kurz bevor ich 18 wurde.

Meine Mama
    Ganz ehrlich: Ich könnte mir keine bessere Mutter als meine Mama vorstellen. Sie ist eine höfliche, stets hilfsbereite, bescheidene, rundliche kleine Frau, die jede Nacht pünktlich um drei Uhr in der Bäckerei steht und ihre Arbeit verrichtet. Ihre beiden Hände sind voller Brandblasen und Schnittstellen, weil sie die heißen Bleche immer ohne Handschuhe aus dem Ofen zieht. Mittags geht sie nach Hause und chillt mit ihrer Nachbarin bei Kaffee und Kuchen. Später besucht sie zwei Häuser weiter eine pflegebedürftige alte Dame und kümmert sich um sie. Die arme Frau hat keine Familie mehr und niemanden, den es interessiert, ob sie lebt oder tot ist. Das Telefon hat sie nur noch nicht abgemeldet, damit sie im Notfall den Rettungswagen rufen kann. Meine Mama geht für sie einkaufen, zur Post, zur Bank und macht die komplette Hausarbeit. Alles unentgeltlich aus reiner Nächstenliebe. So ist meine Mutter einfach – ein herzensguter Mensch.
    Ich weiß genau, dass sie auch schon immer stolz auf mich war. Ganz egal, ob die Kripo nachts um vier Uhr bei ihr klingelte, weil ihr Sohn mal wieder irgendeine Dummheit angestellt hatte, oder der Schuldirektor um ein Gespräch bat. Jetzt, wo ihr Sohn ein Popstar ist, ist sie vielleicht noch ein bisschen stolzer. Deshalb fand ich es voll süß von ihr, als sie bei der »Goldfeier« im November 2006 zu mir kam und voller Stolz ihre Fingernägel präsentierte. In einem Nagelstudio hatte sie sich extra ein goldenes »B« lackieren lassen. Ich fand diesen Augen-
blick so rührend, dass ich fast angefangen hätte zu weinen. Scheiß auf das Logo, aber meine Mutter hatte es auf ihrem Fingernagel. Das klingt bescheuert, ich weiß, aber aus irgendeinem Grund fand ich diesen Moment sehr besonders.
    Meine Mutter würde mich natürlich genauso lieben, wäre ich ein einfacher Maler und Lackierer geblieben – keine Frage. Für mich war diese Selbstbestätigung aber enorm wichtig. Mich macht es glücklich, wenn ich weiß, dass meine Mutter nun offiziell sagen kann, dass ihr Sohn kein Vollidiot ist und etwas erreicht hat. Wenn ich über meinen Bruder mitbekomme, dass sogar mein Stiefvater Respekt vor mir als Geschäftsmann hat, dann freut mich das ungemein. Früher lachte er mich aus, wenn ich meine Hosen ein bisschen tiefer getragen habe. »Hol dir mal einen Gürtel und zieh dich endlich ordentlich an, du Taugenichts«, musste ich mir anhören. Nun ja – Zeiten ändern sich.
    Mein Bruder erzählt meinem Stiefvater sehr viel von mir. Die Ge-schichten hören sich dann ungefähr so an: »Papa, Anis hat der Mama gerade 30000 Euro in bar geschenkt. Aber sonst gibt’s bei uns nichts Neues.« Das muss total verrückt klingen für einen Mann, der ganz normal arbeiten geht. Vor zwei, drei Jahren kam er meine Mutter und meinen Bruder in Berlin besuchen. Sie wohnen ja immer noch in der gleichen Wohnung, die er damals verlassen hatte. Was sah er, als er die Wohnung betrat? Eine funkelnagelneue Küche für 20000 Euro, marmoriert und gefliest – alles vom Feinsten.
    »Wie kannst du dir das leisten?«, fragte er meine

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