Bushido
Mutter. »Du arbeitest doch nur in einer Bäckerei!«
»Ach, die Küche«, versuchte sie die Sache runterzuspielen. »Die hat mir mein Sohn geschenkt.«
Ich glaube, sie hat dabei leise verschmitzt gelacht. Dann ging die Führung weiter. Im Wohnzimmer hängen ja überall meine Goldenen Schallplatten an den Wänden. Da machte er schon große Augen. Im Zimmer meines Bruders der gleiche Anblick: Erneut viermal Gold. Bang! Bang! Bang! Bang! Das war schon ein bisschen Therapie für meinen Stiefvater, aber das hatte er auch verdient.
Wir wohnen jetzt schon seit 17 Jahren in dieser Wohnung, deswegen kennen mich die meisten Nachbarn auch noch als kleinen Lausebengel. Ich konnte mit denen aber noch nie etwas anfangen. Auch heute versuche ich, jeden Kontakt mit ihnen zu vermeiden, da es sowieso nur auf Ärger hinauslaufen würde. Dass ich als kleiner Junge nie Probleme mit ihnen hatte, lag daran, dass meine Mutter nebenbei auch noch als Hauswart tätig ist. Für mich war das wie ein Freifahrtschein fürs Scheißebauen. Wie auch immer. Damals gingen mir unsere Nachbarn schon am Arsch vorbei, woran sich bis heute nichts geändert hat. Es gibt ein paar Typen bei mir im Haus, denen sage ich noch nicht mal Hallo, wenn ich sie im Hausflur treffe. Eine Etage unter mir wohnen zum Beispiel zwei ausländische Familien. Beide haben Kinder, die permanent an meiner Tür Klingelstreich gespielt haben. Irgendwann reichte es mir und ich ging runter, um denen mal eine deutliche Ansage zu machen.
»Das nächste Mal, wenn eure Kinder bei mir klingeln, dann ziehe ich ihnen die Ohren lang. Ist das klar?«, versuchte ich mich diplomatisch auszudrücken.
»Hey, wie redest du über meine Töchter?«, sagte der Türke.
»Ist mir scheißegal«, pöbelte ich zurück.
»Was ist los mit dir? Du bist doch Türke! Hören deine Töchter nicht auf dich oder was? Sag ihnen, sie sollen nicht mehr bei mir klingeln, dann haben wir alle keine Probleme. Hast du verstanden, du ... ?«
Die Ansage bei den anderen lief ganz genauso. Seitdem ließen sie mich in Ruhe.
Die Einzigen, die ich cool finde, sind die Chinesen unten im Erdgeschoss mit ihrem »Happy Buddha«-Restaurant. Die werden von den Nachbarn übelst gehatet, weil im Sommer das ganze Haus nach Frittieröl stinkt. Ich meine, wenn sich hier einer aufregen könnte, dann bin ich das. Die Ölfässer stehen nämlich direkt unter meinem alten Kinderzimmer, dem jetzigen Zimmer meines Bruders. Ganz ehrlich: Dort moggerte es immer übelst hardcore nach Chinesenküche, aber irgendwann gewöhnte ich mich dran und sagte mir: Scheiß drauf, die Chinesen-Atzen müssen ja auch irgendwie ihr Geld verdienen. Die Nachbarn aber schrieben ohne Ende Beschwerdebriefe an die Hausverwaltung, die dann logischerweise bei meiner Mutter landeten. Sie legte als Hauswart aber immer ein gutes Wort für die Chinesen ein. Das macht sie jetzt seit 17 Jahren so. Wie gesagt, meine Mutter ist ein Engel auf Erden.
Der Universal Soldier
Im Juni 2004 unterschrieb ich endlich bei Universal. Das Honorar meines Bandübernahme-Vertrages für das Electro-Ghetto-Album lag bei 60000 Euro. Selbst bei der Hälfte des Geldes wäre ich schon total glücklich gewesen. Ich meine, zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich richtig Schotter auf dem Konto. Sofort rief ich D-Bo an und er-zählte ihm davon.
»Alter, weißt du, wo ich bald meine CDs rausbringe?«
»Keine Ahnung!«
»Bei Universal.«
»Boah, krass!«
Genau das war es für uns: Boah, krass! Wir kannten Universal ja nur von den Ami-Rappern wie Eminem, 50 Cent oder Dr. Dre. Auf der Rückseite ihrer CDs war unten links immer das Universal-Logo zu sehen. Wer dort unter Vertrag war, hatte es geschafft, dachten wir früher. Jetzt war ich auch dabei.
»Ja, krass, wa?«, meinte ich stolz.
»Hammer!«
»D-Bo, wenn der Deal mit Universal wirklich so läuft, wie ich mir das vorstelle, dann musst du nach Berlin kommen, Alter. Weißt du noch, was ich dir damals in Hannover versprochen habe?«
»Wie könnte ich das vergessen haben.«
»Dann lass uns hier in Berlin was gemeinsam aufbauen. Bist du dabei?«
Am Anfang war sich D-Bo natürlich nicht sicher und bat um etwas Bedenkzeit. Er musste erst mal sein Leben sortieren. Ein spontaner Umzug nach Berlin hätte für ihn auch bedeutet, sein Studium abzubrechen und seine Freunde und Familie zu verlassen. Ich wusste, dass ihm das alles sehr viel bedeutete, also glaubte ich nicht, dass er tatsächlich kommen würde. Zum damaligen Zeitpunkt war auch noch
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