Bushido
vertragen können.
»Wir sind doch hier auf der Popkomm, einer Messe der Musikindustrie«, meinte ich sachlich. »Na, dann lasst uns mal ein bisschen Business reden.«
Ich bemerkte, wie sich um uns herum eine kleine Menschentraube bildete, die gespannt zuhörte.
»Wer von diesen ganzen Namen, die sich auf deiner Party umsonst durch die Nacht gesoffen und ein Lachsschnittchen nach dem anderen verputzt haben, ist denn wirtschaftlich erfolgreich? Wessen parasitäres Verhalten wird denn durch eigenen Erfolg gerechtfertigt? Sag es mir!«
Ein Raunen ging durch die Luft.
Die Ansage hatte gesessen. Alle warteten darauf, wie Sahara auf meine Frage reagieren würde.
»Lieber Bushido, Erfolg ist nicht alles!«, meinte sie und verschränkte beleidigt ihre Arme.
»Du als Musikverlegerin sagst mir ernsthaft, dass Erfolg nicht alles ist? Wen willst du hier verarschen?«
Als Sahara merkte, dass um uns herum alle schon zu tuscheln anfingen, versuchte sie die Situation zu retten und meinte schnell: »Außerdem finde ich schon, dass meine Künstler ziemlich erfolgreich sind.«
Heiner stand immer noch neben mir. Ich konnte ihm ansehen, wie er innerlich darum flehte, dass diese Szene so schnell wie möglich ein Ende nehmen würde. Zugegeben: War auch eine Scheißsituation für ihn. Er stand ja genau zwischen den Fronten. Ich klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
»Heiner, du als Anwalt, du hast doch den Überblick. Ist einer von ihren Künstlern wirklich erfolgreich?«
Heiner wurde sichtlich nervös und zupfte aufgeregt an seinem Anzug herum. Ihm war das übelst unangenehm, aber da musste er nun durch.
»Ach, Bushido«, druckste er herum. »Du weißt doch…«
»Ja, ich weiß, lieber Heiner. Ich weiß«, fiel ich ihm ins Wort und schaute zu Sahara.
»Du sollst hier auch keine Geheimnisse verraten. Es ist nur eine einfache Frage und wir wollen eine einfache Antwort. Also, wer von den Vögeln ist erfolgreich?«
Heiner wollte gerade antworten, als sich auf einmal diese Tabea aus dem Hintergrund meldete und Sahara am Ärmel zog.
»Komm, wir gehen!«, sagte sie und schaute mich abfällig an. Nach dem Motto: Bushido – der ist nicht unser Niveau!
Mittlerweile war auch die oberste Chefetage von Universal dazugekommen, die sich sichtlich amüsierte. Sahara schaute mich an, so auf die Art typisch kleines Mädchen: Einen auf supercool machen, aber schon die Tränen in den Augen haben.
»Sahara, du krasse Musikexpertin, weißt du, was mein Fehler war? Dass ich dir die ganze Zeit das Gefühl gegeben habe, dass ihr mit mir reden könnt. Ich sage dir jetzt klipp und klar, damit alle Leute hier auch mal verstehen, worum es überhaupt geht: Deine ganzen Signings sind fürn Arsch. Punkt.«
Das Lustige an der Situation war ja, dass meine Verleger alle um mich herumstanden. Tommy, ein übelster Atze, trug sogar ein goldenes Bushido-T-Shirt. Das fand ich auf jeden Fall richtig korrekt. Die Jungs aus meinem Verlag feier ich so-wieso ein bisschen. Die haben mir auch zu unserem einjährigen Jubiläum einen Gutschein über 1000 Euro für den Edelpuff Bel Ami geschenkt. Die Jungs wissen einfach, wie man Geschäfte macht. Auf die Atzigkeit eben. Tommy meinte dann auch noch mit seinem lustigen schwäbischen Akzent: »Ja, ja, da hat er recht. Bushido war wirklich das erfolgreichste Signing im Geschäftsjahr 2006.«
Heiner war schon längst geflüchtet. Ich glaube, er hatte sich direkt an der Bar ein paar Kurze eingetankt. Schon witzig.
»Ey, weißt du was, Bushido? Du gehst mir sooo krass gegen den Strich!«, meinte Sahara trotzig.
»Ohhh, und weißt du was?«, lachte ich sie aus. »Das ist mir sooo krass egal. Und jetzt geh mir aus den Augen und nimm deine komische Freundin mit!«
Sie drehten sich um und gingen. Natürlich entschuldigte ich mich sofort für meine kleine Partyeinlage bei den Leuten von Universal, immerhin war es ja ihre Veranstaltung, doch sie winkten nur lässig ab. Dann prosteten wir uns zu. Hehe.
Ganz ehrlich: Ich fühlte mich an diesem Abend sauwohl. Ich chillte mit der Universal-Chefetage, konnte mit richtig asozialen Ausdrücken um mich werfen und niemand störte sich daran. Das war richtig cool. Meinte diese krasse Sahara doch tatsächlich zu mir, ich sollte von meinem Höhenflug runterkommen. Was dachte sie sich dabei? Seit Jahren bin ich Tag und Nacht am Arbeiten, gehe mehrfach Gold und Platin, verkaufe weit über eine Million Platten und sie will mir erklären, wie ich mich zu verhalten habe? Ich sprach
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