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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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Der Mann will seine Ruhe, wie gesagt.«
    »Und seine Frau? Kann man wenigstens mit der reden?«
    »Lassen Sie sich einen Termin geben.«
    »Einen Termin«, knurrte ich. »Bis ich den bekomme, bin ich arbeitslos. Wo leben wir denn? Halten die sich für was Besseres, diese Butenschöns?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich will mit den Leuten doch nur reden. Reden, verstehen Sie? Worte wechseln, Gedanken austauschen. Ist das eine unsittliche Annäherung?«
    Wir hielten am Überweg vor dem Gaisbergtunnel. Sie zeigte geradeaus, Richtung Altstadt. »Ich muss in die Uni. Da vorne biege ich ab.«
    Ich nickte. Die Ampel wechselte auf Grün.
    »Sie stehen doch bestimmt im Telefonbuch«, sagte sie im Losfahren.
    »Wegen meiner Adresse?«
    »Nein, wegen der Telefonnummer.«
    »Ja, sicher.«
    »Gut.« Sie beschleunigte. »Vielleicht melde ich mich heute Abend mal. Aber warten Sie nicht drauf.« Zwei, drei rasche Tritte, und sie bog nach rechts. Ich starrte ihr verwundert hinterher.

     

     

     

     

    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

9

    Michael Deininger freute sich, mich zu sehen. Ganz bestimmt tat er das. Bevor er seine Freude jedoch zeigen konnte, fuhr er erst einmal vor Schreck zusammen. Hielt mich wohl für einen Bankräuber. Oder er wollte am Arbeitsplatz nicht in Gesellschaft von jemandem wie mir gesehen werden. Was ich ihm nicht einmal verübelte, schließlich hatte ich keine zwölf Stunden zuvor noch im Englischen Jäger für Umsatz gesorgt.
    »Jetzt ist es gerade ungünstig«, lächelte er sein Kundenberaterlächeln. »In einer Dreiviertelstunde mache ich Mittagspause, da können wir uns treffen.«
    Er nannte mir ein Café um die Ecke, das ich noch nie betreten hatte, und eilte nach einem warmen Händedruck zurück zu seinen Portfolios und Fondsplänen. Im Hinausgehen sah ich mir die Immobilienangebote seiner Bank an. 3000 Euro der Quadratmeter Altbau, das war doch ein Schnäppchen! Okay, ein bisschen renovieren musste man die Wohnung; wer etwas Schlüsselfertiges wollte, legte halt noch einen Tausender drauf.
    »Sanierungsstau«, murmelte ich vor mich hin. Diese Wortperlen! Beneidenswerter Berufsstand, der noch in der finstersten Finanzkrise auf solches Sprachgold setzen konnte.
    Ich konnte das nicht, also bestellte ich mir bloß einen Kaffee. Ohne alles. Deiningers Lieblingscafé bestand aus viel Plastik in den Farben Orange und Braun, die Bedienungen trugen Schürzchen und Krawatte. Auch hier herrschte akuter Sanierungsstau. Während ich an meiner Tasse nippte, pries ich mein Schicksal als Freiberufler, da konnte Deininger meinetwegen das ganze Dossenheimer Neubaugebiet sein eigen nennen.
    Die Wartezeit überbrückte ich mit einem erneuten Studium der Neckar-Nachrichten. Nein, ich hatte nichts übersehen, in der gesamten Zeitung nicht eine blöde Zeile über meine Lesung. Trotzdem lohnte sich die Lektüre. Denn auf einmal wusste ich, weshalb mir Butenschöns Putzhilfe so bekannt vorgekommen war. Sie hieß Susanne Rabe und war eine der drei Studenten, die ein Interview zu den aktuellen Protesten gegeben hatten.
    Stirnrunzelnd senkte ich die Zeitung. Eine der drei Studenten   –   was war denn das für eine unmögliche Formulierung? Eine der drei Studentinnen   –   das ging ebenso wenig, denn bei den anderen zweien handelte es sich um Männer. Also eine der drei StudentInnen. Mit ganz großem I, in dessen Schatten sich Männlein und Weiblein gleichberechtigt tummeln konnten. Jetzt war alles korrekt und der Gleichberechtigung standrechtlich Genüge getan. Jedenfalls forderten Susanne und ihre beiden Kommilitonen die Abschaffung der Studiengebühren, die Reform des Bolognaprozesses und die Zulassung verfasster Studierendenschaften. Ich stimmte all dem vorbehaltlos zu, obwohl ich keinen blassen Schimmer hatte, worum es ging, und stellte fest, dass ich wieder etwas gelernt hatte: Studierende, natürlich. Das war das Wort, das den Gordischen Knoten politisch korrekt durchschlug! Susanne Rabe, eine der drei befragten Studierenden und im Nebenerwerb Putzende bei einem Nobelpreistragenden.
    Wie auch immer, der Vorteil meiner neuen Bekanntschaft bestand darin, dass ich sie persönlich fragen konnte, ob sie den Brand im Technologiepark gelegt hatte. Und falls ja, ob sie wusste, dass in besagtem Büro gerade die Lebensleistung ihres Brötchengebers erforscht wurde.
    Ich steckte die Zeitung in den Ständer zurück. Wäre doch ein verdammt großer Zufall, wenn Butenschöns

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