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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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konnte ich mich nicht erinnern.
    »Ex-Frau«, verbesserte ich mich im Fahren und biss die Zähne zusammen. »Oder haben wir wieder geheiratet?« Nein, hatten wir nicht. Wir hatten uns auch nie offiziell scheiden lassen. Meine Ex war sie trotzdem. Selbst wenn ich meinen Schwiegervater damals nicht ins Grab gebracht hatte.
    Die Gärtnerei Spang jedenfalls lag quasi auf meinem Heimweg, etwas mehr als einen Steinwurf nördlich des Technologieparks, und das war der Grund, warum ich doch noch einen letzten Zwischenstopp einlegte. Rechts und links erstreckten sich Gewächshäuser bis zur nächsten Wegschneise, ihre Glasdächer funkelten in der Sonne. Ich lehnte meine schwer beladene Mühle gegen einen Zaun und betrat den Laden.
    Déjà-vu bei den Spangs: Wieder bediente die Chefin persönlich, kein Gatte in Sicht. Ich wartete. Der Verkaufsraum war im vorderen Teil eines der Gewächshäuser eingerichtet, offene Schiebetüren führten nach hinten ins Spangsche Pflanzenreich. Eine Gartenbank lud zum Verweilen ein, falls man sich vom Herweg ausruhen oder in den herumliegenden Kochbüchern stöbern wollte. »So isst man in Handschuhsheim«, lautete einer der Titel. Ich stöberte nicht und setzte mich auch nicht. Es gab Herbstgemüse in allen Varianten, Salate, Obst, Eingemachtes und Konserven. Dass auch hier ein Gebirge aus Kürbissen errichtet war   –   wen wunderte es. Frau Spang ließ das Geldfach ihrer Kasse aufspringen, um ihrer Kundin Rückgeld und Beleg zu reichen, weitere Kunden sah ich durch das Gewächshaus flanieren. Ein Knabe von vielleicht 16 Jahren kam hereingeschlurft, die Ohrgänge voll Musik, einen i-Pod in der Hand. Der Jüngere oder der Ältere der Spang-Zwillinge?
    »Ah, der Herr Koller«, strahlte mich seine Mutter an. »Was darf es denn sein? Ein paar Kürbisse vielleicht?«
    Einen Moment lang war ich irritiert; die zwei, drei Male, dass ich Christine in die Gärtnerei begleitet hatte, lagen immerhin Jahre zurück. Dann nickte ich: »Sie lesen Zeitung. Also wissen Sie sicher auch, was vorgestern Abend im Technologiepark los war?«
    Natürlich wusste sie. Bei entsprechendem Wind dürfte ihr der Brandgeruch das Abendessen vergällt haben. Und so kam auch Gärtnerin Spang in den Genuss meines Eierschalenmonologs von der eventuellen Beteiligung eventuell in Handschuhsheim Ansässiger an dem Brandanschlag auf Knödelchens Büro. Die dritte Zuhörerin, die dritte Reaktion: Frau Spang versteinerte medusenmäßig vor meinen Augen, nur ihre Lider flackerten, und die Pupillen zogen, wie von einem Magneten angezogen, nach links. Sträubten sich, kehrten in die Ausgangsposition zurück, zuckten wieder nach links. Dorthin, wo ihr Sprössling auf einem Stuhl lümmelte und mit der Elektronik spielte.
    »Es ist bloß eine Überlegung«, beendete ich meine Ansprache. »Wir wollen halt nichts ausschließen.«
    Jetzt war sie nicht mehr zu halten. Ihr Kopf schnellte zur Seite, ihr Mund presste ein wütendes »Sascha!« hervor.
    Es machte Plopp, als der Junge seine Ohrstöpsel entfernte. Fragend sah er seine Mutter an.
    »Der Mann da ist Privatdetektiv«, zischte sie. »Und er will wissen …«
    Weiter kam sie nicht. Den i-Pod in der Rechten, schnellte Sascha vom Stuhl hoch und stürzte aus dem Raum, Richtung Grünzone. Verdattert sah ich ihm hinterher. Aber mein Gesicht war nichts gegen das seiner Mutter, das regelrecht auseinander fiel.
    »Bleib stehen!«, rief ich und machte mich an die Verfolgung.
    Das Gewächshaus war tatsächlich riesig. Hunderte von Pflanzen standen auf endlosen Reihen von Tischen oder in Töpfen auf dem Boden. Die kleinen vorne, weiter hinten die großen. Nicht zu vergessen die Kunden der Gärtnerei, die sich zwischen dem Grün bewegten. Es waren mehr als gedacht; Sascha musste auf seinem Weg in die Freiheit einige von ihnen beiseite stoßen. Bevor sie sich ihrer Empörung bewusst werden konnte, war auch ich an ihnen vorbei. Zu den Schnellsten habe ich noch nie gezählt, aber man wächst ja an seinen Aufgaben.
    »Sascha!«, brüllte ich. »Das bringt doch nichts!«
    Da war der Knabe offenbar anderer Meinung. Stur rannte er den Mittelgang geradeaus. Seine Kapuzenjacke flatterte, über der tiefergelegten Jeans leuchtete weiße Haut. Als er die größeren Pflanzen erreicht hatte und mit dem Kopf die Blätter eines Bäumchens streifte, kam er zum ersten Mal zu Fall. Hatte ihn das Grünzeug ausgeknockt? Ich war fast bei ihm, er aber bereits wieder auf den Beinen. Und im nächsten Moment lag ich selbst

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