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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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auf dem Hosenboden. Von wegen ausgeknockt! Eine Wasserlache auf dem Fliesenboden war uns zum Verhängnis geworden. Fluchend, mit schmerzendem Steiß rappelte ich mich auf. Der Spang-Zwilling schwang sich eben über einen der Tische in den Parallelgang. Elegant   –   aber das konnte ich auch. Hier geht es nicht zurück, Kleiner! Er hetzte weiter, überquerte den nächsten Tisch, war im Außengang angelangt. Ich hinterher, mit triumphierendem Grinsen, auch wenn es in der Leiste zwickte. Ein Topf krachte auf die Fliesen. Sascha hielt inne und starrte mich an. In seinem Rücken endete das Gewächshaus.
    »Ganz ruhig«, keuchte ich. »Ich will nur mit dir reden.«
    »Ich aber nicht«, stieß er hervor, drehte sich um und war weg.
    Gut, dass ich mich in diesem Moment nicht selbst beobachten konnte. Es muss ein selten dämlicher Anblick gewesen sein. Wo kam nur plötzlich diese verdammte Tür in der Glaswand her? Also weiter mit dem Katz-und-Maus-Spielchen! Ich stürzte ebenfalls durch die Tür und schreckte zurück: Da rollten Kürbisse auf mich zu. Kürbisse! Sie waren links zu einem Hügel aufgeschichtet, rechts gab es einen riesigen Heuhaufen, dazwischen versperrte die Rückfront eines Traktors den Weg. Sascha musste über den Gemüseberg geklettert sein und ihn dabei ins Rutschen gebracht haben.
    Mir blieb keine Wahl: hinterher. Anlauf nehmend, hechtete ich auf das grün-orange-gelbe Hindernis zu, kam ins Stolpern, krabbelte weiter. Auch der junge Spang hatte seine liebe Müh, ich sah ihn nicht weit vor mir festen Boden wiedergewinnen. Am letzten Kürbis, einem Prachtexemplar von Hokkaido, blieb er hängen und fiel erneut, diesmal in die feuchte, von schwerem Gerät zerwühlte Erde. Kapital konnte ich daraus nicht schlagen; ich tanzte ja selbst strauchelnd über die Kürbishalde. Endlich hatten wir das Geröll hinter uns gebracht, Sascha schlug einen Haken nach links, um das Ende des Gewächshauses herum. Besonders einfallsreich war der Junge ja nicht. Kaum hatte er die gegenüberliegende Seite erreicht, als er wieder eine verborgene Glastür öffnete und nach drinnen verschwand. Nur wenige Sekunden nach ihm schlüpfte ich hinein, aber verdammt, er war nicht mehr zu sehen! Ich rannte den Gang hinunter   –   nichts.
    »Wo ist er?«, herrschte ich die glotzenden Kunden an. Achselzucken. Noch mehr Geglotze. Ich lief zurück, wieder nach vorne, bog Blätter zur Seite, lugte hinter Palmwedel. Verstecke gab es hier reichlich. Irgendwo musste er doch sein!
    »Da!«, hörte ich einen Mann rufen. Er zeigte mit ausgestrecktem Arm in Richtung Verkaufsraum, durch den der junge Spang seelenruhig geschlendert kam. Sofort schoss ich auf ihn zu   –   der Kerl reagierte überhaupt nicht. Sperrte bloß den Mund auf, als ich ihm entgegensprintete.
    »So, und jetzt unterhalten wir zwei uns mal in aller Ruhe«, sagte ich mühsam beherrscht und nach Luft schnappend.
    »Is was, Alter?«
    Im nächsten Moment knallte es. Sascha erhielt eine Ohrfeige, die ein beachtliches Echo an den Glaswänden hervorrief. Seine Mutter stand neben ihm und glühte ihn an: »Was habt ihr wieder angestellt, du und Sascha?«
    Sascha und Sascha? Erst jetzt dämmerte mir, dass ich den anderen Zwilling erwischt hatte: Justin, den jüngeren. Richtig, er trug eine viel hellere Jacke, und einen i-Pod hielt er auch nicht in der Hand. Bloß das Lausbubengesicht war ein und dasselbe.
    »Wer hat denn jetzt schon wieder gepetzt?«, stotterte er und hielt sich die Backe. »Ey, Mama, die Zicke hat angefangen, ehrlich! Frag den Sascha.«
    »Welche Zicke?« Sie schüttelte ihn.
    »Meinst du Frau Deininger?«, wollte ich wissen.
    »Kenn ich nicht. Mensch, Mama, lass doch mal! Die hat uns so lange angemacht wegen unserer Klamotten, die Katja, bis wir uns gewehrt haben. Das Handy von der war schon vorher Schrott.«
    Mutter Spang holte zum zweiten Mal aus, doch ich ging dazwischen. »Warten Sie, diese Katja ist mir völlig egal.«
    »Eine aus der Nachbarschaft«, knurrte sie. »Immer wieder kommen die beiden …«
    »Schon gut. Machen Sie das unter sich aus, es geht mich nichts an. Ich will nur eins wissen: Wo wart ihr am Montagabend, so zwischen sechs und acht Uhr?«
    »Diesen Montag?«, fragte der Knabe kleinlaut zurück.
    »Ja, diesen Montag.«
    »Keine Ahnung. Hier wahrscheinlich.«
    »Und euer Training?«, rief seine Mutter. »Mensch, Justin, du tust, als hättest du nur noch Grütze im Kopf!«
    »Klar, Fußball hatten wir, stimmt ja. Vorletzten Montag auch. Und den

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