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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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wäre sicher hochinteressant für die Leute.«
    »Jaja.«
    Eva kicherte. Ich war erleichtert, als die Bedienung endlich kam. Sie erhielt ein hübsches Trinkgeld. Mein Lesehonorar schrumpfte beträchtlich zusammen, aber der nächste Fall stand ja schon ins Haus. Deininger hatte ich aus reiner Routine auf morgen vertröstet. Sein kleiner, handlicher Auftrag kam mir gerade recht. Man wurde eben nicht jünger, auch wenn man so tat, sondern lernte übersichtliche Geschäfte ebenso schätzen wie größere Wohnungen. Oder ein aufgeräumtes Bad. Geputzte Fensterscheiben. Einen funktionierenden Fernseher. Auf dem würde ich Christine demnächst eine ganze Batterie leerer Bierflaschen hinterlassen.
    Wir waren die letzten Gäste der Kneipe. Beim Gehen warf Fatty der aktuellen Ausgabe der Neckar-Nachrichten auf dem Tresen einen melancholischen Blick zu und murmelte: »Romana, die wildeste Hure von Heidelberg!«

     

     

    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

3

    Als der liebe Gott einmal ganz mies drauf war, erschuf er das Neubaugebiet. Nicht unbedingt das Dossenheimer, Gott kam ja nicht aus der Kurpfalz, aber eines in der Art. Sozusagen das Ur-Neubaugebiet. Und seither sahen sie alle gleich aus. Zumindest am Anfang. Später nicht mehr, aber dann nannte man sie auch nicht mehr Neubaugebiet, sondern Sanierungsfall.
    Dem Ding in Dossenheim, das ich am Morgen nach meiner Lesung ansteuerte, blieben noch ein paar Jährchen bis zur Sanierung. Nackt und verloren standen Häuserblocks in der Gegend herum, ihre farbenfrohen Anstriche lachten ins Nichts, gestampfte Erde ersetzte die Vorgärten. Ein großer Spielplatz war fertig, aber gähnend leer und ohne Gebrauchsspuren. Mit der heiteren Computervision auf dem Riesenplakat am Eingang hatte der aktuelle Zustand nichts gemein. Der Mann, der damals die Neutronenbombe erfand, muss in einem Neubaugebiet aufgewachsen sein.
    Die Deiningers bewohnten ein putziges Reihenhaus. Es gab ja auch nichts anderes. Jeweils vier dieser schmalen, dreistöckigen Schubfächer waren zu einem Block zusammengefasst, sechs Blöcke ergaben eine Straße: den Mandelblütenweg. Immerhin, in den Vorgärten hatten bereits die Hobbygärtner gewütet, hinter dem Haus strotzte der Rollrasen, aber schön war das nicht. Da lobte ich mir unseren knarrenden Altbau, durch dessen Fenster es zog. Hier zog nichts, und die Fenster waren klein, noch kleiner als der Vorgarten und der Kleinwagen vor dem Vorgarten. Wenn die Deiningers einen Hund hielten, dann garantiert etwas Handliches.
    Auf den Hund kam ich, weil vor dem Nachbarhaus ein Hüttchen auf Insassen wartete. Auch das obligatorische »Hier wache ich«-Schild fehlte nicht. Aus einem anderen Haus drang Kindergeschrei, bei den Deiningers dagegen blieb alles ruhig. Noch bevor ich die Klingel drücken konnte, wurde geöffnet. Es war, Überraschung, Knödelchen   –   und sie ließ mich, nächste Überraschung, anstandslos ins Haus. Nur ihre Begrüßung fiel erwartungsgemäß knapp aus.
    Ihr Mann kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. »Toll!«, rief er, genau wie gestern, schüttelte mich durch und bat mich ins Wohnzimmer. »Und so pünktlich.« Ja, die gute Laune hatte ihn wieder, auf dass er seinen Lachfalten alle Ehre machte. In der Linken hielt er einen Kaffeebecher, auf seiner Oberlippe glänzte ein wenig Milchschaum. »Nicht zu kalt zum Fahrradfahren? Na, solange es nicht regnet   …   Auch einen Cappuccino?«
    Ich sagte ja, setzte mich, schaute mich um, bekam eine Gänsehaut. Die Einrichtung: ein runder Teppich mit abstraktem Muster, eine verschnörkelte Kommode, ein Kunstledersofa, dazu verwischte Hochglanzposter von Alltagsgegenständen und bunte Spielzeugautos in einer Vitrine. Gut, was wollte man erwarten, wenn sich ein Banker und eine Doktorandin zusammentaten? Vorne ging der Raum in eine offene Wohnküche über, nach hinten sah man durch eine Glastür auf eine winzige Terrasse. Der feine Geruch von Laminatkleber hing in der Luft.
    »Sie wohnen noch nicht lange hier«, mutmaßte ich.
    »Vier Monate und zwei Wochen«, strahlte der Hausherr. »Toll, nicht? Vorher haben wir in der Stadt gewohnt, aber unbezahlbar, und hier ist alles öko und neu, das ist ein Aufstieg, absolut. Man will ja doch gescheit wohnen, nicht wahr? Fünf Zimmer! Und wie gesagt, alles öko, auch die Heizung, die sowieso.«
    »Mit dem Kredit gab es wahrscheinlich kein Problem.«
    »Na, wenn man schon mal bei der Sparkasse ist«, lachte er. Dann

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