Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
befindet sich momentan im Ausland und …«, stammle ich.
»Gut.« Herr Roth legt meine Mappe auf die Seite. »Ich denke, dann sollten wir abwarten, bis Herr Keller aus dem Ausland zurück ist. Die Höhe der Pacht ist natürlich eine wichtige Berechnungsgrundlage. Haben Sie irgendwelche Sicherheiten? Wenn ja, welcher Art?«
Das ist die Frage, vor der ich mich die ganze Zeit schon gefürchtet habe.
»Nein. Ich brauche den Kredit für die Einrichtung des Cafés und eine Kaffeemaschine sowie Kühlmöglichkeiten. Diese Sachwerte wären meine einzige Sicherheit …«
Herr Roth runzelt die Stirn. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das hier nicht gut ausgehen wird.
Er steht auf, gibt mir die Hand und sagt: »Frau Winter, vielen Dank für Ihren Besuch. Bitte teilen Sie uns so bald wie möglich die Höhe der zu zahlenden Pacht mit. Wir werden dann intern über Ihren Antrag entscheiden. Einen schönen Tag und auf Wiedersehen.«
Dieser fiese Arrogantling. Am liebsten würde ich ihm sagen, wie hässlich sein komischer Anzug an ihm aussieht und dass man schon lange keine so breiten Krawattenknoten mehr trägt. Schon gar nicht in lila. Also, ich weiß, warum ich nie mit einem Banker zusammen sein könnte.
Ich bin immer noch wütend, als wir über die Autobahn Richtung Stuttgart fahren. Eva lacht sich dagegen halb kaputt, als ich ihr eine kurze Beschreibung von Herrn Roth gebe. Gar so lustig finde ich das nun doch nicht. Schließlich brauche ich das Geld, sonst kann ich kein Café aufmachen. Sobald wir aus London zurück sind, muss ich unbedingt Christian erreichen. Und zwar nicht nur, um nach der Höhe der Pacht zu fragen. Sobald das finanzielle Problem gelöst ist, muss ich mich dann um die anderen Dinge kümmern:
Meine Wohnung in Überlingen kündigen, ein Gewerbe anmelden, diesen komischen Gastro-Kurs machen, Farbe kaufen, renovieren, den Umzug planen und so weiter. Es gibt viel zu tun.
Aber erst einmal machen wir uns ein paar schöne Tage in London. Von meinem noch bei Herrn Aschenbrenner verdienten Geld aus dem Wohnungsverkauf, das ich für ›Notfälle‹ gespart hatte, habe ich ein bisschen was abgezwackt. Also wenn das hier kein ›Notfall‹ ist, dann weiß ich auch nicht. Als wir gerade auf dem Parkplatz am Flughafen eintreffen, klingelt mein Handy. Verflixt, natürlich ist es wieder mal ganz unten in der Handtasche.
Es ist Leon, der mir mitteilt, dass er wieder zurück aus Düsseldorf sei und sich mit mir treffen wolle. Seine Stimme ist immer noch distanziert, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.
»Oh, hallo, Leon. Schön, dass du wieder zurück bist. Wie war es denn auf der Messe? Gut? Nein, leider kann ich mich nicht mit dir treffen. Nini und ich sind nämlich am Flughafen. Wir fliegen in etwa einer Stunde zu Carol nach London.«
»Ihr fliegt nach London? Ach ja, so schlecht geht es deiner Tochter wohl nicht, dass sie nicht schon wieder shoppen gehen könnte.«
Also, das ist eine Frechheit. Hätte er die leiseste Ahnung, wie mies Nini in der letzten Zeit drauf war, würde er nicht so kalt und gefühllos daherreden.
»Wir wollen nicht shoppen, sondern Carol besuchen. Sie hat uns eingeladen, nachdem sie erfahren hat, dass es Nini nicht gut geht. Immerhin ist sie ihre Patentante.« Und ich kann mir nicht verkneifen zu sagen: »Es gibt eben noch Menschen, die Mitgefühl haben mit anderen und nicht nur ans Geschäft denken.«
»Entschuldige bitte, dass ich mich um meinen Lebensunterhalt kümmere. Es ist schade, dass du für meine Arbeit so gar kein Verständnis hast«, giftet Leon zurück.
»Leon, ich möchte mich nicht mit dir streiten«, sage ich einlenkend. »Aber ich glaube, unsere Leben sind einfach zu verschieden. Das passt einfach nicht mit uns.«
»Was meinst du damit?« Seine Stimme wird schneidend. »Willst du dich von mir trennen, oder was? Du willst drei Jahre wegwerfen, weil ich in den letzten paar Tagen nicht Händchen haltend am Bett deiner Tochter gesessen bin?«
»Darum geht es nicht. Leon, lass uns am besten darüber reden, wenn ich zurück bin, ja? Ich melde mich nächste Woche.«
»Dann wünsche ich einen guten Flug.«
Ich kann förmlich hören, dass Leon sauer ist.
Eigentlich ganz gut, dass ich jetzt ein paar Tage nicht da bin und diese Aussprache noch ein wenig vor mir herschieben kann. Es fällt mir ja selbst schwer, diese Beziehung zu beenden. Wir hatten eine echt gute Zeit zusammen, aber in den letzten Monaten habe ich mich immer öfter gefragt, ob ich wirklich
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