Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
wo ist. Was mach ich jetzt nur?«, frage ich verzweifelt.
»Hm, was ist mit dem Internet? Oder hast du sonst eine Adresse von ihm, privat oder geschäftlich?«
»Hätte ich dann in den Mülleimern gewühlt? Nein, ich hab nur die von seiner Kanzlei in Stuttgart.«
»Na, das ist doch schon mal was. Morgen früh rufst du dort an und fragst nach seiner Mobilnummer. Oder der Nummer der Kanzlei in Kanada. Kopf hoch. Und wenn das nicht klappt: Er kommt doch wieder … Dann musst du eben die paar Wochen abwarten, bis er wieder am See ist. Du weißt schließlich, wo du ihn dann finden kannst. In der Seestraße …«
Eva ist ein echter Schatz. Sie freut sich riesig, dass ich ihre Idee beherzigt habe und mit Nini nach London zu Carol fliege.
Ich wünschte nur, ich könnte Christian irgendwie erreichen.
*
Gleich am nächsten Morgen versuche ich es in seiner Kanzlei in Stuttgart. Dort läuft allerdings ein Band: »Hier ist die Kanzlei von Christian Keller in Stuttgart, guten Tag. Wir haben vom 24. August bis 15. September Betriebsferien. Sie erreichen uns wieder ab dem 15. September zu den gewohnten Geschäftszeiten, Montag bis Freitag von 9 bis 12 und Dienstag und Donnerstag von 15 bis 17.30 Uhr. Vielen Dank, auf Wiederhören.«
Na, super. Also muss ich wohl warten. Entweder, bis Christian zurück am See oder wieder in der Kanzlei ist. Vielleicht meldet er sich ja vorher bei mir? Doch die Frage ist, wo? Er kennt ja weder meine Adresse noch meine Telefonnummer. Ich bin immer noch wütend auf mich selbst. Wie konnte ich nur so dumm sein?
Die nächsten Tage habe ich allerdings keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, denn ich muss den Businessplan für die Bank fertigstellen, einen Termin mit derselben vereinbaren und mich auch noch von meiner Mutter und Frieda verabschieden, bevor wir nach London fliegen.
Die Woche vergeht wie im Flug, und ich bin pünktlich am Freitagvormittag zum Termin bei dem Kredit-Sachbearbeiter Herrn Roth in der Bank. Gegen Mittag will Eva uns abholen, um uns zum Flughafen zu fahren.
»So, Frau Winter, dann wollen wir mal sehen.«
Herr Roth, ein blässlicher Mittvierziger mit schlecht sitzendem grauen Anzug und randloser Brille, blättert gelangweilt in den Unterlagen.
»Sie wollen also einen Kredit aufnehmen …, um … ein Café zu eröffnen?«, fragt er ernst. Ich muss seine Krawatte anstarren, die leuchtend lila direkt ins Auge sticht. Welch mutige Farbe. Bestimmt ein Weihnachtsgeschenk seiner Frau oder Schwiegermutter.
»Ja, genau. Ein Café direkt am Seeufer. In einem wunderschönen alten Haus in Nußdorf. Aber das können Sie alles aus meinen Unterlagen ersehen.« Ich habe vorsichtshalber ein Foto der ›Butterblume‹ beigefügt. Die Mappe ist richtig schön und aussagekräftig geworden, finde ich.
»So, so, und was gibt Ihnen Anlass zur berechtigten Hoffnung, dass diese Geschäftsidee von Erfolg gekrönt sein könnte?«, fragt er hochnäsig.
»Nun, an diesem Standort kommen insbesondere in den Sommermonaten sehr viele Menschen vorbei. Spaziergänger, Radfahrer, Urlauber. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele über die Möglichkeit, sich mit einem kühlen Getränk zu erfrischen, begeistert wären. Es gibt dort nämlich weit und breit weder ein Café noch einen Kiosk oder etwas Ähnliches.«
»Sie sagen, in den Sommermonaten? Und was haben Sie in den Wintermonaten vor? Urlaub machen?«
Was denkt sich dieser arrogante Kerl. So langsam geht mir seine blöde Art auf den Wecker.
»Natürlich werde ich im Winter ein paar Tage Urlaub machen. Je nachdem, wie anstrengend die Saison wird. Und dass sie anstrengend werden wird, davon gehe ich aus. Aber selbstverständlich soll mein Café auch im Winter geöffnet sein. Gerade im Winter trinken die Leute gerne einen warmen Kaffee oder Tee. Des Weiteren plane ich einige Aktivitäten wie Dichterlesungen, Kunstausstellungen und weitere Events, wie Sie in meinen Unterlagen lesen können.« Mein Gott, ist das anstrengend. So langsam bricht mir der Schweiß aus. Ich will das Geld doch nicht von ihm persönlich und geschenkt, sondern nur geliehen, und das gegen Zinsen. Und ich werde es auf Heller und Pfennig (oder sagt man jetzt Cent?) zurückbezahlen.
»Ah ja …«, Herr Roth nickt betulich. »Ich sehe bei der Pachtsumme noch eine leere Stelle. Ist das mit der Pacht noch nicht geklärt?«, fragt er weiter.
»Doch, doch. Das mit der Pacht ist schon sicher. Nur der Betrag muss noch eingesetzt werden. Mein Vermieter, Herr Keller,
Weitere Kostenlose Bücher