Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
dem See sind.«
Ja, so ist sie. Freut sich an allem und lässt keine schlechte Laune gelten. Wir bestellen einen Salat mit Putenstreifen und eine Apfelsaftschorle. Ich lehne mich zurück und freue mich an dem bunten Treiben hier auf der Promenade.
»Weißt du, manchmal muss man einfach einen Gang runterschalten und das Leben genießen.« Und sie lacht schon wieder so laut, dass die Leute am Nachbartisch zu uns herübersehen.
»Ich muss dir was zeigen«, sagt sie weiter und öffnet einen der Briefumschläge. Heraus zaubert sie einige Fotos von ihrem Brieffreund Steve: Steve vor seinem Haus in Michigan, Steve mit seinem kleinen Hund und seinen Enkelkindern im Garten, Steve in der Küche usw. Sein Leben in Bildern.
»Na, wie findest du ihn?«, fragt sie mit vor Aufregung roten Wangen.
Also, ich finde, er sieht sehr sympathisch aus … aber auch … irgendwie sehr jung.
»Mama, wie alt, sagtest du, ist Steve?« Selbstverständlich hat sie mir alle Fakten über Steve bereits mitgeteilt bzw. ich ›durfte‹ sie ihr übersetzen. So weiß ich zum Beispiel, dass auch Steve seit vielen Jahren verwitwet ist, eine Tochter und vier reizende Enkeltöchter hat, noch berufstätig ist (ebenfalls im Außendienst), bereits einmal in München war und seitdem von Deutschland begeistert ist. Steve ist sehr religiös und übt in seiner Freizeit einige ehrenamtliche Tätigkeiten in seiner Kirchengemeinde aus. Auf den Fotos sieht er in der Tat sehr jugendlich aus, denn er trägt außer einem Schnurrbart auch einen Ohrring, Jeans und ein Sweatshirt, auf dem ›Michigan‹ steht.
»58«, sagt meine Mama und lächelt dabei.
»So, so, dann ist er also gute zehn Jahre jünger als du. Tja, der Trend geht eindeutig zum jüngeren Mann«, antworte ich scherzhaft.
»Neun Jahre, bitte schön. Außerdem weiß er das nicht …, denn ich sehe doch jünger aus, oder etwa nicht?«, antwortet sie.
»Mama! Soll das heißen, du hast ihm dein wahres Alter nicht verraten?«, frage ich sie empört.
Statt darauf zu antworten, sagt sie schwärmerisch: »Sieht er nicht schnuckelig aus?« Und ihr Gesicht nimmt endgültig einen träumerischen Ausdruck an. Ich habe fast den Eindruck, sie hat sich verliebt.
»In diesen Briefen sind ein paar Passagen, die ich nicht so genau verstehe. Dein Englisch ist doch so viel besser als meins. Könntest du mir die nicht schnell übersetzen? Ich habe sie extra markiert«, fragt sie bittend.
Aber meine Mittagspause ist zu Ende, und ich bin schon wieder spät dran. Also verspreche ich, die Briefe mitzunehmen und sie zu Hause nach Feierabend in Ruhe zu übersetzen, bezahle und hetze zurück ins Büro. Mist, ich wollte ihr doch so viel erzählen, aber ich kam ja vor lauter Gesäusel über Steve gar nicht zu Wort. Doch ich will nicht ungerecht sein, ich freue mich ja, wenn sie glücklich ist. Eigentlich hätte ich mich gar nicht so zu beeilen brauchen, denn Herr Aschenbrenner ist gar nicht da. Mit dem lapidaren Satz ›Bin auf Außenterminen‹ (sprich auf dem Golfplatz) hat er eine ellenlange Liste der Dinge, die heute noch erledigt werden müssen, unterschrieben. Ich sehe auf mein Handy, ob Leon eine SMS geschrieben hat, aber da ist nur eine von Eva, die mich fragt, wie die Modenschau war. Wenigstens eine, die sich dafür interessiert. Komisch, dass Leon sich nicht meldet. Ob er noch sauer ist, weil ich gestern Abend nicht mit zu ihm gegangen bin? Ich tippe ein kurzes ›Denk an Dich‹ in mein Handy und drücke auf ›senden‹. Wenn Irma nicht da ist, heißt das für mich, dass ich auch die ganzen anderen langweiligen Dinge erledigen muss wie die Ablage machen, Kopien, Post fertigmachen etc., doch damit geht der Arbeitstag wenigstens schnell vorüber. Auf dem Nachhauseweg halte ich noch kurz am Supermarkt und kaufe einige leckere Dinge ein.
Nini hat ja noch nichts gegessen, und so ein Salat hält auch nicht lange vor. Also besorge ich Spaghetti und ein paar Zutaten für eine frische Gemüse-Tomatensauce wie Zucchini und Auberginen und natürlich Tomaten, frischen Parmesan und zum Nachtisch leckeren Schokokuchen. Außerdem wandert noch eine Flasche italienischer Rotwein in meinen Korb. Natürlich trinke ich lieber die Römfeld-Tropfen, aber in letzter Zeit hat Leon immer nur Weißwein mitgebracht, weil er diesen lieber trinkt. Darum ist dies quasi ein Notkauf, jedenfalls kann ich ihm das so erklären, falls er zufällig vorbeischauen sollte. Ich freue mich richtig auf ein gemütliches Abendessen mit Nini, das wir bei
Weitere Kostenlose Bücher