Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
mein schickes graues Kostüm eingepackt sowie mehrere Business-Blusen in Weiß, Rot und Rosa. Für die Abende meine elegante schwarze Hose, einen weißen Rock mit mehreren raffinierten Tops und das neue grüne Kleid, sowie Schuhe, Unterwäsche und Accessoires für alle Tage. Uff, kein Wunder, dass man als Frau immer so einen großen Koffer braucht. Auch mein Beautycase ist natürlich vollgestopft bis oben hin, und der Fön und das Glätteisen müssen noch mit in den Koffer. Ob ich den Trenchcoat mitnehmen soll? Gut, wir haben Sommer, aber man weiß ja nie, wie das Wetter wird. Vielleicht sitzt man abends mal länger draußen, aber dann wäre eine Strickjacke besser. Und Jeans? Aber dann brauche ich auch ein paar bequeme Sneakers und Socken und ein Shirt. Hilfe. Mein Koffer sieht aus, als wollte ich wochenlang verreisen und nicht nur ein paar Tage.
Eigentlich fahre ich gar nicht gerne weg, auch wenn es nur für so kurze Zeit ist. Ich habe den Eindruck, dass es Nini nicht gut geht. Sie hat mir immer noch nicht erzählt, was los ist, aber sie sieht die letzte Zeit so traurig aus. Zwar hat sie sich häufig mit ihren Freunden getroffen, aber Marcus habe ich schon länger nicht mehr gesehen und auch nichts von ihm gehört. Während ich ein bisschen die Wohnung aufräume und den Inhalt des Kühlschranks überprüfe, damit mein armes Kind nicht verhungert, kommt sie aus ihrem Zimmer und verschwindet wortlos im Bad. Was ist nur los mit ihr? Auf einmal klingelt ihr Handy, und sie schießt an mir vorbei in ihr Zimmer, um Minuten später mit seligem Gesichtsausdruck wiederzukommen.
»Marcus holt mich gleich ab.« Sie sieht so glücklich aus wie schon lange nicht mehr. Aha, also doch Stress mit der Liebe. Dachte ich mir’s doch. Aber jetzt scheint ja alles gut zu sein. In Windeseile hat sie sich angezogen, umarmt mich noch einmal herzlich und wünscht mir ein paar wunderschöne Tage am Rhein.
»Pass auf dich auf, Mami. Und macht es euch richtig schön. Mach dir um mich keine Sorgen, hier geht alles klar. Melde dich mal. Ach, und übrigens, sorry, dass ich in der letzten Zeit so mies drauf war. Keine Ahnung, was mit mir los war …«
»Ach, Süße, das ist doch in Ordnung. Ist nur wichtig, dass es dir gut geht. Kann ich wirklich fahren? Oder soll ich lieber hier bei dir bleiben?«, frage ich sie.
»Ach, Quatsch. Du hast es dir verdient, mal was anderes zu sehen. Und Leon freut sich sicher schon über deine Unterstützung auf der Messe. Ich kann ja zum Essen und auch sonst zu Oma gehen. Also viel Spaß euch beiden«, und schon ist sie aus der Tür, bevor Marcus klingeln kann.
Zum Glück haben wir ganz in der Nähe ein kleines Lebensmittelgeschäft, so dass ich noch schnell ein paar Dinge einkaufen kann, damit Nini ein bisschen was im Kühlschrank hat. Ein paar Liter Milch, Müsli, eine Pizza, ein bisschen Käse, Brot, ein paar Joghurt und ein wenig Obst, dazu eine Riesentafel Schokolade und zwei Flaschen Diätcola, damit sollte sie klarkommen. Die Oma ist ja auch noch da und wird sie ganz bestimmt zum Essen einladen. Trotzdem ist mir irgendwie nicht wohl, sie so allein zu lassen.
»Blöde alte Glucke!«, schimpfe ich mit mir. Dein ›Kind‹ ist nicht sieben, sondern 17 und wird in ein paar Monaten 18. Früher waren die Mädels in diesem Alter verheiratet. Beim Einkaufen trödle ich ein wenig, da das Wetter heute so schön ist.
Irgendetwas ist anders, als ich nach Hause komme. Das höre ich schon auf der Treppe. Natürlich, ich höre Musik. Habe ich etwa das Radio angelassen, als ich gegangen bin? Ach nein, vielleicht sind Nini und Marcus zurückgekommen. Aus Ninis Zimmer dröhnt tatsächlich laut ›Nothing else matters‹ von Metallica, die Version mit dem San Francisco Symphony Orchestra. Ein wunderschöner Song …, aber in der Lautstärke? Ob Marcus noch da ist? Nein, seine Schuhe stehen nicht im Flur, da wäre ich sicher darüber gefallen. Vorsichtig klopfe ich an der Tür. Keine Reaktion. Ich klopfe noch mal, diesmal lauter. Wieder nichts. Was ist da bloß los? Stille, dann geht der Song von vorne los.
»Nini?«, doch Nini antwortet nicht. »Nini, mach doch mal die Tür auf!«, brülle ich gegen die Musik an. Mir ist egal, ob Marcus da sein könnte oder nicht, ich reiße die Tür auf. Das Zimmer ist total dunkel, kein Lichtschein dringt durch die geschlossenen Rollläden. Zuerst drehe ich die Musik leiser, dann fällt mein Blick auf Ninis Bett. Sie hat sich ganz unter der Decke vergraben, und ich sehe nur ein
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