Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
ein Kompliment über mein Aussehen, und ich küsse ihn zur Begrüßung.
»Wusstest du, dass die hier Drogen an Schüler verkaufen sollen?«
Er ist ebenso erstaunt wie ich, lacht aber und sagt: »Ach, Schatz, geredet wird immer. Und an den meisten Gerüchten ist wirklich nichts dran. Oftmals steckt Neid dahinter, und man versucht, jemandem was anzuhängen. Glaub mir, auch über mich wurde schon so manches erzählt.« Leon lacht erneut und ist schon wieder in seinem Fahrwasser und redet über das Geschäft. Wir werfen einen Blick in die Speisekarte, und Leon bestellt für uns zuerst einmal Antipasti mit Pizzabrot und dann für sich die Lasagne. Ich entscheide mich für die Gnocchi mit Sahnesoße, auch wenn ich weiß, dass ich die vielen Kalorien bereuen werde. Moment, wer geht denn da gerade an mir vorbei? Den Duft kenne ich doch! ›Soir de Moscow‹, das ist unverkennbar … Irma. Und Herr Aschenbrenner. O nein … Sie haben mich bemerkt und kommen auf uns zu. Das glaube ich jetzt nicht, wo kann ich mich verstecken? Ich werfe ein Stück Brot unter den Tisch und verschwinde mit dem Kopf hinterher, aber es ist zu spät.
»Frau Winter. Wie schön, Sie zu sehen. Und das ist … Herr … ?«
Ich stelle Leon kurz vor und sage artig »Guten Abend« in der Hoffnung, sie mögen bitte gleich weitergehen.
Doch Herr Aschenbrenner fragt in seiner charmantesten Art, die er sonst nur für die besten Kunden reserviert hat: »Ist es gestattet, dass wir uns einige Minuten zu Ihnen setzen? Ich wollte kurz etwas mit Frau Winter besprechen.«
Mir wird siedend heiß. Warum nur habe ich Leon noch nichts von der Kündigung erzählt? Jetzt habe ich den Salat.
»Also, eigentlich wollten wir ja …«, fange ich an, doch Leon schneidet mir das Wort ab und sagt: »Aber bitte, setzen Sie sich doch!«, und während sein Blick in Irmas prallem Dekolleté versinkt, das heute in einem hautengen orangefarbenen Oberteil steckt, bestellt Herr Aschenbrenner Prosecco für uns alle.
»Also, Frau Winter, wie soll ich anfangen? Am besten von vorne, nicht wahr?« Er lacht sein dröhnendes Lachen. »Wie geht es Ihnen inzwischen?« Ich sehe in Leons Gesicht, der bei dem Wort ›inzwischen‹ doch etwas irritiert aus der Wäsche schaut. Immerhin denkt er, wir hätten uns heute Morgen zuletzt gesehen. »Ich wollte Sie ja schon längst anrufen, weil …, also …, die Sache ist die …, um es kurz zu machen: Ich glaube, ich habe da neulich etwas überreagiert.«
Leon schaut verständnislos von einem zum anderen. »Eigentlich bereue ich zutiefst, dass ich mich von Ihnen getrennt habe. Sie waren immer die Stütze meiner Firma und Sie fehlen mir, uns, ganz furchtbar.«
Leon versteht nur Bahnhof.
»Was meinen Sie, Herr Aschenbrenner?«, fragt er ihn.
»Nun …«, windet sich dieser, »… es gab da einige Missverständnisse und einige Vorgänge, die ich, wie ich inzwischen erkennen musste, leider völlig falsch eingeschätzt habe. Die aber zum Glück aufgeklärt werden konnten. Ich weiß, dass Sie jetzt bestimmt verärgert sind, aber … ich wäre wirklich hocherfreut, wenn Sie zu uns zurückkommen würden, nicht wahr, Irma?« Irma nickt beifällig.
Das glaube ich jetzt nicht. Was soll das sein? Ein Rückzieher? Und warum auf einmal? Schafft Irma die Arbeit nicht mehr allein oder findet er keine andere Dumme, die seine Launen erträgt? Deshalb lächle ich nur und sage: »Ist schon okay, Herr Aschenbrenner. Mir geht’s eigentlich sehr gut. Und Herr Römfeld und ich sind gerade dabei, andere Pläne zu schmieden. Aber trotzdem vielen Dank für Ihr Angebot. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen.«
Und das tue ich auch. Da muss ihm doch ein Zacken aus der Krone gefallen sein. Herr Aschenbrenner und Irma stehen auf und verabschieden sich, nicht ohne noch einmal zu betonen, wie sehr sie sich freuen würden, wenn ich es mir überlegen würde. Ich soll einfach ›die Tage‹ mal im Büro vorbeischauen, dann könnten wir ›alle Details besprechen‹. Also, ich bin baff. Und Leon offensichtlich auch. Nachdem die beiden gegangen sind, erzähle ich Leon von der Kündigung, verschweige aber zunächst den genauen Grund und auch die Tatsache, dass das Ganze schon einige Wochen zurückliegt.
»Also, ich bin der Meinung, du solltest noch mal darüber nachdenken«, sagt Leon.
Was? Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit diesem Satz. »Weißt du, als Chef sagt man schon manchmal etwas, wenn man wütend ist, was man später bereut. Das habe ich selbst auch
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