Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
die Tränen zurückhalten, das sehe ich ihr an.
»Ach, du liebe Zeit«, sagt meine Mutter. »Na, da habt ihr ja was Schönes hinter euch. Warum habt ihr mich denn nicht angerufen?«
»Ach, Mama«, antworte ich ihr. »Was hättest du schon tun können?«
»Na, zum Beispiel das Gleiche, was ich damals bei dir getan habe. Dich in den Arm nehmen und trösten. Und gemeinsam mit dir überlegen, was wir tun können.« Bei diesen Worten geht sie um den Tisch herum zu Nini und drückt sie fest an sich, was zur Folge hat, dass Nini erst recht in Tränen ausbricht.
»Ach, du armes Hascherl. Du kannst froh sein, dass nichts passiert ist«, sagt sie tröstend zu ihr.
»Ja, das bin ich, Oma«, schnieft Nini. »Aber Marcus …, ich hätte nie gedacht, dass er mich so im Stich lässt.«
»Tja, meine Süße. Dein Marcus ist eben auch nur ein Mann. Wenn es ernst wird, kriegen sie kalte Füße und hauen ab. Die Schwächlinge und Feiglinge jedenfalls, doch die wollen wir sowieso nicht, oder?« Meine Mutter steht auf und holt uns erst einmal einen Likör. »Erdbeerlikör, selbst gemacht. ›Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör‹, zitiert sie Wilhelm Busch, während sie die hellrote Flüssigkeit in drei kleine, filigrane Gläschen füllt. »Jetzt lass mal den Kopf nicht hängen, Nini. Du bist so jung und hübsch, da brauchst du keinen Gedanken an einen Kerl zu verschwenden, der es nicht wert ist. Ich weiß, es hört sich im Moment doof an. Aber bald wirst du darüber lachen und einen anderen netten, jungen Mann kennenlernen. Darauf trinken wir jetzt.«
So unglaublich es klingt, aber diese Worte zaubern doch tatsächlich ein Lächeln auf Ninis Gesicht. Meine Mutter hat recht: Sie wird darüber hinwegkommen.
Nach dieser Kaffeestunde setzen wir uns wieder in mein Auto und nehmen die Omi mit. Die beiden haben keine Ahnung, dass wir jetzt nicht zu uns nach Hause, sondern zur ›Butterblume‹ fahren. In der Seestraße stellen wir den Mini ab und gehen die restlichen Schritte zu Fuß. Frieda und Jojo sind nicht zu sehen, aber ich nehme mir vor, die beiden anschließend zu besuchen.
»Wow, das ist ja wirklich wunderschön hier«, sagt Nini und scheint ehrlich beeindruckt. Auch meine Mutter findet den Garten mit den blühenden Hortensien vor dem Haus und der schönen Terrasse dahinter einfach toll.
Aus meiner Tasche zaubere ich den Schlüssel, und wir betreten das Haus. Sofort fällt mir wieder Christian ein und wie wir an dem Gewitter-Nachmittag hier hineingeflüchtet waren. Schon damals gab es diese magische Anziehungskraft zwischen uns beiden. Ich wünschte, er wäre jetzt hier und könnte wieder so schön über seine Oma und seine Jugend hier am See erzählen. Er könnte dem Haus so viel Leben einhauchen. Aber da er nicht da ist, muss ich das jetzt wohl tun. Ich erzähle den beiden, was ich von Frau Lange und ihrer Familie weiß und dass Christian, ihr Enkel, sich leider nicht um das Haus kümmern kann, weil er mit dem Gedanken spielt, nach Kanada zu seinem Onkel in die Kanzlei zu wechseln. Bei dem Gedanken daran bekomme ich regelrecht einen Stich ins Herz, obwohl es ja für mich bedeutet, dieses schöne alte Haus mieten zu können.
Ich führe die beiden durch alle Räume und erkläre ihnen, wie ich mir jeden einzelnen Raum vorstelle. Natürlich gibt es noch einiges zu tun, aber es sind alles nur Kleinigkeiten und nichts, was man nicht mit ein wenig Farbe und Dekoration richtig hübsch gestalten könnte. Was mir jedoch Sorgen macht, ist die Einrichtung des Cafés. Ich werde einige Tische und Stühle, Lampen, Vorhänge usw. brauchen. Von der Kaffeemaschine, Kühlmöglichkeiten, Geschirr und Gläsern ganz zu schweigen. Woher soll ich nur das Geld nehmen?
»Na, von der Bank natürlich«, rät meine Mutter. »Du weißt doch, das ist der Ort, wo man nicht nur Geld hinbringen kann, wenn man welches hat, sondern auch welches leihen, wenn man keines hat.«
Die Idee hatte ich auch schon. Allerdings ist mir bewusst, dass man dort Sicherheiten vorweisen muss, wenn man einen Kredit aufnehmen will. Sicherheiten, die ich nicht habe. Oder zählen etwa ein alter, klappriger Mini und eine anständige Sammlung von Schuhen und Handtaschen dazu? Während Nini begeistert das alte Badezimmer mit dem herrlichen Blick in den Garten bewundert, gehen meine Mutter und ich schon einmal nach oben in den Raum, den ich für sie als ›Atelier‹ vorgesehen habe.
»Na, Mama, wie findest du es hier?«, frage ich sie. Und sie
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