Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
kommt auf mich zu und sagt: »Sensationell. Ich kann verstehen, warum du dich hier von Anfang an wohl gefühlt hast. Das Haus ist einfach ein Traum. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das Café richtig gut laufen wird. Auf jeden Fall im Sommer. Da musst du eben so viel verdienen, dass du die Wintermonate überbrücken kannst, obwohl da sicher hin und wieder auch Spaziergänger vorbeikommen.«
»Ja, das denke ich auch. Und ich habe mir einiges überlegt. Man könnte doch im Winter kleinere Veranstaltungen, zum Beispiel Dichterlesungen, machen und Kunstausstellungen, das würde gut zu der Atmosphäre hier passen. Oder irgendein anderes Event. Dann würden die Leute extra hierher fahren. Nini könnte neben der Schule helfen und du natürlich auch … Was hältst du von diesem Zimmer, wäre das nicht ideal für dich zum Malen?«
Vor lauter Begeisterung habe ich gar nicht gemerkt, dass meine Mutter zum Fenster gegangen ist und nachdenklich auf den See schaut.
»Maja, das hört sich wirklich toll an. Und ich glaube, wie gesagt, dass du mit deinen Plänen ganz bestimmt Erfolg haben wirst. Nini wird dir sicher viel helfen können, und ihr beide werdet hier glücklich sein.« Sie macht eine kleine Pause und sieht mich dann an.
»Aber auf mich kannst du diesmal nicht zählen. So gern ich dir helfen würde, aber ich habe andere Pläne mit meinem Leben.«
Ich bin geschockt, denn ich hatte erwartet, sie würde von diesem herrlichen Raum begeistert sein und es nicht abwarten können, hier zu malen und uns im Café zu helfen. Das würde ihrem Leben doch wieder Sinn geben.
»Aber Mama, das wäre doch eine tolle Sache hier mit uns. So ein Drei-Mädel-Haus …, drei verschiedene Generationen ohne Männer, die sich gut verstehen …« Ich bin ehrlich fassungslos, dass mein Angebot bei ihr auf taube Ohren zu stoßen scheint.
»Natürlich, Maja. Das ist es nicht. Wir verstehen uns wirklich gut, und ich bin überzeugt, wir hätten viel Spaß zusammen. Der Raum hier ist absolut wundervoll. Ich weiß dein Angebot wirklich zu schätzen, glaube mir, aber ich kann nicht. Ich muss einmal in meinem Leben an mich denken.«
»Was meinst du damit?«, frage ich sie enttäuscht.
»Mein ganzes Leben war ich immer für euch alle da. Erst für deinen Vater, als er so krank war, dann für dich und Nini. Glaub mir, das habe ich wirklich gerne getan. Aber jetzt habe ich auf einmal die Chance, selbst etwas aus meinem Leben zu machen …«
»Was willst du denn aus deinem Leben machen? Fahrräder bepflanzen und Sonnenblumen malen? Das kannst du auch hier bei uns. Wenn du Angst hast, du müsstest zu viel bei mir arbeiten, da kann ich dich beruhigen, das meiste mach ich selbst …«, antworte ich ihr.
»Nein, Maja. Das ist es nicht. Ich würde dir wirklich gerne mit dem Café helfen. Du weißt, dass mir das richtig Spaß machen würde.« Wieder macht sie eine kurze Pause. »Aber ich werde hier weggehen«, sagt sie dann leise und geheimnisvoll.
»Du willst hier weggehen?«, frage ich überrascht. »Wohin denn?«
»Na, wohin wohl? Nach Michigan natürlich.«
Aha, zu Steve also, zu ihrem Brieffreund. Das muss ich erst mal verdauen.
»Steve hat seit Wochen und Monaten nichts anderes getan, als mich in seinen Briefen und am Telefon zu fragen, wann ich endlich komme. Und vorgestern hat er am Telefon ganz traurig gesagt: ›Du kommst ja sowieso nicht‹, und da habe ich spontan einen Flug gebucht.«
»Du hast einen Flug gebucht? Für wann?« Ich bin baff. Meine Mutter. Hat einen Flug nach Amerika gebucht.
»Im Oktober. Das war die billigste Möglichkeit, denn ich wollte unbedingt mit Lufthansa fliegen. Diesen Billigfliegern trau ich nämlich nicht, und bei einem Langstreckenflug …«
Ich traue meinen Ohren nicht. Meine Mutter, die ihr Leben lang immer nur mit meinem Vater an die Ostsee gefahren ist und höchstens mit ihrer Walking-Gruppe mal auf Mallorca war, unterhält sich mit mir über Langstreckenflüge und Fluggesellschaften, als würde sie jede Woche nach Amerika fliegen.
»Aber Mama, du kennst diesen Mann überhaupt nicht«, gebe ich zu bedenken.
»Hast du eine Ahnung. Nach zwei Jahren und ungefähr 734 Briefen kennt man jemanden schon ein bisschen. Und in der letzten Zeit haben wir täglich telefoniert. Jetzt wollen wir uns endlich einmal persönlich treffen.«
»Das wird auch höchste Zeit«, sagt Nini, die gerade von ihrer Entdeckungstour im unteren Stockwerk nach oben kommt. »Ich meine, das hört sich doch toll an. Mach das,
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