Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
Omi.«
»Danke, mein Schatz. Ja, ich mache das. Und ich freue mich darauf«, sagt meine Mutter lächelnd.
»Und was ist, wenn er ein blöder Kerl ist und du ihn unmöglich findest? Wenn er abends mit der Bierdose vor der Glotze sitzt und überall seine stinkenden Socken verteilt?«
»Wenn er wirklich kein bisschen so ist, wie ich ihn mir vorgestellt habe …, na, dann fliege ich eben wieder zurück nach Deutschland. Wo ist das Problem?«
»Und wenn er so ist, wie du ihn dir vorgestellt hast?«
Fast habe ich Angst vor der Antwort, denn ich weiß, was sie sagen wird.
»Maja, nun mach doch nicht so ein Gesicht. Es ist wahrscheinlich meine letzte Chance, mit einem Mann noch ein paar Jahre glücklich zu leben. Ich muss sie ergreifen, das verstehst du doch?«
Da ich wegen dem Kloß in meinem Hals nicht antworten kann, nicke ich nur. Ich hoffe bloß, dass dieser Kerl sie glücklich machen wird. Ansonsten bekommt er es mit mir zu tun.
Ich weiß nicht, warum ich so traurig bin. Eigentlich sollte ich froh sein, dass meine Mutter in ihrem Alter noch einmal den Mut hat, ein neues Leben zu beginnen. Schließlich habe ich selbst gerade etwas ganz Ähnliches vor. Aber Michigan. Das ist so weit weg von uns … Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sie in Zukunft nicht mehr hier sein wird.
Zum Glück ist Nini begeistert von der ›Butterblume‹ und scheint für eine Weile ihre eigenen Sorgen vergessen zu haben. In Gedanken richtet sie bereits ihr neues Zimmer ein und beschreibt ausführlich, was wir alles brauchen werden. Himmel, diesen Kredit werde ich nie im Leben bekommen.
Auf dem Weg zum Auto kommen wir bei Frieda vorbei, die sich gerade mit Jojo im Garten aufhält. Ich hatte gehofft, dass sie da sein würde, denn ich habe noch immer ein schlechtes Gewissen, weil sie sich am Wochenende so um mich gesorgt hat. Außerdem kann ich ihr endlich sowohl meine Tochter als auch meine Mutter vorstellen.
Frieda freut sich riesig und hat auch schon in der leisen Hoffnung, dass ich vielleicht vorbeikommen würde, einen leckeren Kuchen gebacken. Während es sich Nini und meine Mutter auf der Terrasse gemütlich machen, gehe ich mit Frieda ins Haus, um ihr zu helfen. Im Nu hat sie Teewasser aufgesetzt und holt ihre dünnen Teetassen aus dem Schrank.
»Tee muss aus einer dünnen Tasse getrunken werden, sonst schmeckt er nicht.« Heute nimmt sie wieder die weißen Tassen mit dem Rosenmotiv, aber sie besitzt auch Tassen, die so hauchdünn sind, dass man durch den Tassenboden den Geisha-Kopf erkennen kann.
»So, so, dann hast du Christian also ein wenig näher kennengelernt«, sagt sie, während sie einen original friesischen Schneckenkuchen auf eine Tortenplatte stellt. Ich liebe diesen Kuchen, der aus Hefeteig, Rosinen, Mandeln, Rum und Marzipan besteht.
»Hm, ja … Das kann man so sagen«, antworte ich und muss bei dem Gedanken an die Segeltour mit Christian lächeln. »Aber das ist nicht das einzig Aufregende, das ich dir erzählen muss. Liebe Frieda, vor dir steht deine neue Nachbarin«, sage ich feierlich.
»Ach, Maja. Das ist ja wunderbar«, freut sie sich, und ich sehe in ihren Augen ein Tränchen glitzern. Sie umarmt mich, und ich spüre, wie dünn und zerbrechlich sie ist. »Dann wirst du deinen Traum vom ›Café Butterblume‹ wahr machen? Also Kindchen, wer hätte das gedacht? Ich muss mich hinsetzen.«
»Ja, das werde ich«, antworte ich lachend. »Vorausgesetzt, ich bekomme das Geld von der Bank dafür.«
»Ach, ist das schön.« Frieda ist immer noch von den Socken.
Das Teewasser kocht und ich gieße den Tee in die angewärmte Kanne. Auch etwas, das Frieda mir beigebracht hat.
»Frieda, du musst mir unbedingt ein paar Rezepte für deine wundervollen Kuchen geben«, bitte ich sie.
»Natürlich. Ich kann dir auch gerne welche machen, wenn du möchtest … Ich freue mich ja so. Weißt du, ich bin die letzten Jahre, seit mein Hermann tot ist, immer so allein gewesen. Und seitdem ich dich kennengelernt habe, war immer was los.«
»Und das wird noch viel besser. Was denkst du, wenn wir im nächsten Frühjahr bei mir auf der Terrasse sitzen und deinen selbst gemachten Butterkuchen essen …«
»Neee, meine Liebe, du wirst nicht sitzen. Du wirst Cappuccino machen und den Butterkuchen nicht essen , sondern verkaufen «, sagt sie lachend, und gemeinsam tragen wir den Tee und den Kuchen nach draußen.
Wie ich mir schon dachte, versteht sich Frieda prächtig mit Nini und meiner Mutter, die ihr natürlich die ganze
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