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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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mein Herz sagt: >Zwei plus zwei ist vier<, dann kommt eine kleine, graue Maus und beißt kichernd Löcher in diese Rechnung.«
    »Verstehe -«
    »Du verstehst?!«
    »Ja, ich verstehe - weil es mir ganz genauso geht.«
    »Ja?!«
    »Ja —«
    »Das freut mich -«
    »Mhm.«
    »Ich meine, dann ist das ja ein Moment, in dem wir beschließen könnten, uns gegenseitig zu helfen, wenn so ein Schatten der Vergangenheit auftaucht.«
    »Ich bitte dich darum.«
    »Ja, wirklich - willst du?!«
    »Ja, ich will wirklich - egal, was daraus wird - jetzt sind wir hier, und keiner kennt uns, und keiner erwartet etwas von uns - wenn die Schatten auftauchen, machen wir gemeinsam das Deckenlicht an - abgemacht?!«
    »Abgemacht -«
    Wir gaben uns die Hand und waren froh.
    Wir hatten der siebzehnköpfigen Schlange, die das Paradies bewacht, einen ihrer Köpfe abgeschlagen und lachten über ihre verdrehten Augen und ihre gespaltene Zunge, die ihr aus dem Munde hing wie einem Schnürsenkelverkäufer die Restware vom vorigen Winter.
    »Ich möchte dir so viel erzählen«, sagte ich und rutschte auf meinem Sessel nach vorne und strich mit meiner Hand sanft über ihre Haare -»Mach nur weiter - erst du - dann ich - dann wieder du - und dann wieder ich ...«
    »Gut«, sagte ich und sah sie an.
    »Ja gut, wir können doch zwei bis drei Tage bleiben, wenn es so sein soll - oder?«
    »Ich glaube nicht, daß uns der Gesprächsstoff ausgehen wird«, sagte ich und strich über ihre Wange -»Die Geschichte von deinem Freund Peter ist noch nicht zu Ende, oder?!«
    »Nein, ist sie nicht.«
    »Du warst beim freien Mann angekommen.«
    »Wo?!«
    »Er hat zu dir gesagt: >Ich bin ein freier Mann - ich bin ein freier Mann, o Gott.<«
    »Ah so - ja.«
    »Warum bist du da steckengeblieben?!«
    »Ich bin da steckengeblieben, weil es mir wichtiger war, dein Gesicht anzuschauen und den Mund zu halten. «
    »Ach so -«
    Sie blickte vor sich auf den Tisch und stützte ihr Kinn in die linke Hand. Sie kann auf so eine unwiderstehliche Weise über etwas nachdenken, daß ich total zu schmelzen anfange, am liebsten würde ich ihr unlösbare Differentialgleichungen vorlegen, nur um sie bei ihrem Nachdenken zu beobachten - stundenlang und ohne Pause -
    »Was hat eigentlich seine Frau gesagt?«
    »Sie hat nichts gesagt - sie hat etwas getan.«
    »Und zwar -?!«
    »Sie hat ihn betrogen -«
    »Nein!«
    »Doch!«
    »Und -?«
    »Was und?!«
    »Wann - wie - wo?!«
    Sie wollte es natürlich genau wissen, und ich mußte ihr recht geben, es genau wissen zu wollen, schließlich war ich es gewesen, der ihr angeboten hatte, alles aus meinem Leben zu erzählen - alles - von der Gegenwart in die Vergangenheit zurück, und ich hatte bei meinem jetzigen Leben begonnen - bei Peter Steiner, bei Stefan Kowalsky - obwohl - Stefan hatte ich mir eigentlich für übermorgen aufgehoben, weil er einfach eine größere Bedeutung für mich hat als Peter -aber wie auch immer.
    Ich hatte angefangen, und jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich wollte einmal in meinem Leben sehen, was geschieht, wenn man die Gegenwart als die Stufe zur Zukunft betrachtet, die aus der Vergangenheit hervorgewachsen ist. Also wollte ich so viele wie möglich von den verschiedenen Waben im Bienenstock meiner Erinnerungen aufmachen und sie kosten lassen.
    »Also komm« - sagte sie - »mach weiter. Peter ist also bei dir gesessen, und ihr habt Rotwein getrunken und über die Frauen geschimpft.«
    »Er hat geschimpft -«
    »Gut - er hat geschimpft, und du hast genickt.«
    »Von mir aus.«
    »Also - er hat gesagt - ich bin ein freier Mann, ich bin ein freier Mann - o Gott.«
    »Ja —«
    »Und?! -«
    »Und« - sagte sie - »und?!« Hm - und ...
     
    »Gut - du bist ein freier Mann ... und -? - was weiter?« sagte ich zu Peter und schenkte ihm sein Glas wieder voll.
    »Ja - ich bin ein freier Mann und werde sie nie mehr wiedersehen - nie mehr, nie mehr wiedersehen.«
    Er trank seinen Rotwein in einem Zug aus und stellte das Glas so hart auf den Tisch, daß der Stiel in siebzehn Teile zerbrach - dann zog er ein Kuvert aus der Tasche und schob es vor mich hin. Ich nahm es und zog einen in zwei Teile zerfetzten Brief heraus, in dem folgendes zu lesen stand:
    »Mein liebstes Wildkätzchen - ich sehne mich danach, Dir Deinen Rücken zu zerkratzen, so wie der Panther im dicken Urwald seine Pantherin überfällt und blutig kratzt und beißt vor brennender Lust. Laß uns in das kochende Meer der hemmungslosen Gier hineinfallen wie am letzten

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