Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
Vom Netzwerk:
ab, als es das Erlegen und Darbringen von Kriegsbeute sein kann, die die Liebste beeindrucken soll. Dieses Feld meine ich, wenn ich sage, daß ich mir nie erlauben konnte, einmal ganz bei mir zu sein, um meine rosa Spiralen laufen zu lassen.
    Susanna empfand dieses »Zu-mir-Gehen« meiner Impulse immer als ein »Nicht-mehr-umhegt-Sein« und war wie ein losgelassenes Boot, das vom Kai wegtrieb. Das hängt jetzt nicht mit der Autonomie eines Menschen zusammen, der zufällig als Frau geboren worden ist - in der nächsten Reinkarnation wird sie eben wieder ein Mann, um zu lernen, was man alles anrich-ten kann - nein - es liegt in den Teilen des Wesens, die dem Willen unzugänglich sind, und dort fühlte ich stets, daß ich es mir nicht leisten konnte, ganz bei mir zu sein - weil ich nie sicher war, daß das Boot nicht weggetrieben sein würde, wenn ich an das Ufer zurückkam.
    Um ehrlich zu sein - letzten Endes konnte sie überhaupt nichts dafür, so zu sein, wie sie war, weil sie als Frau von Mädchen auf programmiert war, für diese Tatsache allein schon Zuwendung zu erhalten.
    Ich verfluche nicht die Opfer dieser Fehlprogrammierung, ich verfluche die Programmierer. Ich verfluche die Väter und Mütter, die aus den kleinen Menschenseelen Männer und Frauen machen, die einander nicht begreifen können, weil die Haltegriffe so blöd angebracht worden sind, daß man jeweils daran abrutscht, wenn man beim anderen dorthin greift, wo sich beim eigenen Geschlecht die Sessellehne befindet.
    Das nennt man dann den »Kampf der Geschlechter«, von dem die Boulevardblätter leben, weil er regelmäßig Äxte oder Kreissägen im Rücken des Ehepartners hervorbringt, wenn der Druck unerträglich wird.
    Ganz tiefliegender Haß ist es, der sich in solchen Taten entlädt, die aus der Verzweiflung kommen, in die einen das Rollenspiel der Geschlechter hineingetrieben hat.
    Aber auch dieser Haß ist mehr als nur ein Haß auf den Partner, der einen ankeift, wenn man zwei Stunden zu spät nach Hause kommt und sich gar noch erlaubt, gute Laune zu haben, obwohl das Essen schon kalt geworden ist -
    Dieser offene Haß ist, wie alles auf Erden, nur ein Sichtbarwerden eines viel tieferen Zeichens, eines viel tieferen Hasses, der die bittere Frucht der verzweifelten Seelen ist, nicht ihre Bestimmung erleben zu können. Und diese Bestimmung heißt, als Pole eines Ganzen zur Einheit zu werden und durch den entstehenden Fluß der Spannung zwischen Yin und Yang die Dynamik des Lebens erst zu ermöglichen.
    Die Spannung des Lebens - sage ich - und nicht die pervertierten äußeren Verschiedenheiten der Geschlechter, die an dieser Urbestimmung vorbeivegetieren.
    Diese Spannung - die in sich ja erst Leben ermöglicht, ist als solche wertfrei und von kosmischer Unabhängigkeit den Kategorien gegenüber, die Bus-Touristen über ihre Entfaltungsmöglichkeiten stülpen wie Netze über freifliegende Schmetterlinge.
    Keinem Menschen würde einfallen zu sagen: »Einatmen ist böse - Ausatmen ist gut« oder »Gnade Gott dem Südpol - es lebe der Nordpol«. Jedermann würde sofort losschreien, was für ein Blödsinn das sei, auf diese Weise Noten zu verteilen, und würde das Klassenzimmer verlassen.
    Bei Süden und Norden zwischen den Männern und Frauen allerdings bleiben alle hocken und machen Fleißaufgaben im Mißverständnis ihrer Bestimmung, um dann als Abgangszeugnis Waffenscheine ausgehändigt zu erhalten, die ihnen ein freies Schußrecht auf den anderen erlauben.
    Kein Wunder, daß Leute wie Peter und Lilly gleich eine US-M-l-Halbautomatik kaufen, um dem anderen zu zeigen, wer der Stärkere ist.
    Man frage doch einmal den Nordwind und den Südwind, wer »der Stärkere« von ihnen beiden sei.
    Ich garantiere, sie würden sich in die Windhose machen vor Lachen über so viel Mißverständnis der ewigen Gesetze Gottes.
    »Und mit mir ist das alles anders«, sagte sie und zündete sich eine Zigarette an.
    Was geschieht, wenn ich jetzt »ja« sage, dachte ich -glaubt sie dann, das Ganze sei eine besonders raffinierte Nummer, die ich abziehe, um ihr ihre Außergewöhnlichkeit vorzugaukeln - fragt sie mich das, um zu testen, ob ich besoffen bin, und dann zu gehen, weil sie meine Fahne nicht erträgt?
    Ich glaube nicht, daß das so ist - ich glaube, ich führe hier zum ersten Mal in meinem Leben ein Gespräch, wie ich es mir immer gewünscht hatte - ich sagte, was ich dachte, ohne Rücksicht auf Verluste - denn das, was ich sagte, waren die Wahrheiten meines

Weitere Kostenlose Bücher