Butterbrot
seiner Ehre unbedingt erwähnen muß.
Das allerdings hatte auch wiederum seine Ursache: Wir haben uns nämlich überhaupt nicht gehenlassen, in dem Sinn, daß alleinlebende Männer endlich mal die Sau raushängen lassen können, ungemachte Betten mit Spaghetti con Sugo vollkleckern und rülpsend eine Bierflasche auf dem Kugelbauch balancieren, wenn sie ungestört vor der Sportschau sitzen - ganz im Gegenteil - wir haben nur mehr Dinge gegessen, die uns auf eine unbelastende Weise am Leben gehalten haben, um den Blick in die Ferne ohne Verstopfungen zu genießen, und unsere Betten haben wir jede Woche frisch bezogen, weil es für die Aura einfach kein Vergleich ist, ob man ihr die Neutralität von frischgewaschenem Leinen zur Nachtruhe anbietet oder eingekrusteten Energieabfall von zwei Monaten voller Alpträume -
Du siehst - wir haben alles getan, um unser Glück zu bedienen, und nicht, um ihm voll Mißverständnis eine Kiste Spiritus pro Tag auf den Kopf zu donnern. Überhaupt - wer hat gesagt: >Wenn der Mensch seine Freiheit bekommt, wird er sie erst kurze Zeit mißbrauchen, um sich letztlich ihrer würdig zu erweisen. < -Ich weiß es nicht - ich glaube, es war ein kluger französischer Kopf, der während der Revolution vom
Schafott gekollert ist, nachdem er diesen Satz formuliert hat - versteht sich.
Und - obwohl diese Art zu leben objektiv betrachtet für uns revolutionär war, so haben wir den alten König der Gewohnheiten vernünftigerweise nicht guillotiniert, sondern als Akt der Evolution von seinem Thron hinweggebeten.
Das war manchmal ein mühsames Unterfangen - aber eines Tages ist ihm das ewige unzufriedene Gemurmel seiner Untertanen derart auf die Nerven gegangen, daß er den Weg freigegeben hat für ein demokratisches Parlament der wirklichen Wünsche und Bedürfnisse.
Wir haben den Überdruck der sinnlosen Disziplin, den wir als Männer gelernt haben, langsam in das Weltall entweichen lassen, und das war eben nur möglich, weil wir nicht allein waren bei diesem gefährlichen Abenteuer. Es kann einen nämlich schneller aus der Kurve werfen, als man glaubt, wenn man den Ballast abwirft, den sie uns in der Kindheit umgeschnallt haben und der die Meinung in unsere Seele genietet hat, daß Männer nicht weinen dürfen.
In dem Stahlgerüst der Unmenschlichkeit, das aus Menschenwesen Pflichterfüller macht, die nur darauf hinarbeiten, es ihrer Erziehergeneration einmal mit noch mehr Druck heimzuzahlen, was man an ihnen kaputtgemacht hat - in diesem Stahlgerüst stecken nämlich Hunderte solcher Nieten, die den Kampfpanzer im Krieg gegen die eigene Sehnsucht nach Zärtlichkeit Zusammenhalten - und alle diese Nieten auf einmal herausziehen zu wollen heißt totaler Zusammenbruch.
Da der totale Zusammenbruch aber auch diejenigen zarten Pflanzen mit sich in die Schlucht reißt, die heimlich einige Triebe ans Licht gestreckt haben, muß man aus dem Abbruch einen Abbau machen, der die guten Körnchen ins Töpfchen und die schlechten in den Gully wirft.
Leichter gesagt als getan - denn eines ist ganz sicher, wenn man einmal damit begonnen hat, kann man nie mehr wieder aufhören, und dieses Studium bringt eine Veränderung mit sich, die einen von Vater, Mutter, Frau, Kind, Arbeitsplatz, Lieblingsauto, Whisky, Poker und Abenteuerurlaub mit gleichaltrigen leitenden Angestellten so weit entfernen kann wie den Andromedanebel von unserem guten, alten Merkur.
Die gewohnten Handgriffe passen nämlich nicht mehr, wenn die Bedienungsanleitung ausgetauscht wurde, und dann kann man mit dem Text, den die anderen gelernt haben, nichts mehr anfangen und beginnt auf ein Stichwort hin zu lachen, das uns doch zu würdigen Vertretern der gesellschaftserhaltenden Schicht machen sollte.
)a, verdammt: >Nichts geht mehr< - wie mein Onkel Conrad immer sagte, der so gerne Croupier geworden wäre und zeitlebens nicht den Mut dazu gefunden hat. So ist ihm nichts anderes übriggeblieben, als Hab und Gut zu verspielen, weil er wenigstens hie und da an dem Tisch sitzen wollte, an dem er so gerne die Aufsicht gehabt hätte, um immer wieder stoisch den Satz zu zelebrieren: >Rien ne va plus.<
Wie auch immer - das Verlassen der alten Stammtische ist unvermeidbar eine Stufe auf dem Weg ins Grüne, und das ist es auch, warum fast alles beim
alten bleibt, obwohl in so vielen die Sehnsucht nach dem Neuen brodelt.
Man weiß genau, daß man sich nicht mehr an den Tisch der hohlen Übereinstimmungen setzen kann, wenn man einmal den Hut
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