Butterschmalz zum Fruehstueck
die späte Nacht spielt Musik. Diese fremdartigen Klänge stoßen nicht unbedingt auf das Wohlgefallen westlicher Ohren. Doch in meinem abgelegenen Zimmer höre ich nicht allzu viel davon. Gestern war der Höhepunkt. Da kamen Priester auf einem geschmückten Elefanten und segneten alle Häuser im Ort. Ich wette, der Elefant stand unter Drogen, denn direkt neben ihm wurden Böller abgeschossen, und er hat nicht mal mit den Ohren gewackelt. Die Atmosphäre war gespenstisch und geheimnisvoll und die Trommelklänge verursachten mir Gänsehaut. Das wird noch ein wenig so weitergehen, denn das Krishna-Festival dauert insgesamt zwei Wochen. Ich versuche, herauszubekommen, was da nun gefeiert wird, aber ein Inder meint, ich würde das sowieso nicht verstehen. Das wäre auch nicht nötig. Es reiche, wenn ich mitmache.
18. März 2005
Oh, dieses Butterschmalz!
Ich sitze neben dem Arzt auf der Terrasse, ein Diener bringt auf dem Silbertablett das Ghee und ein Glas Wasser. Ich sage dem Arzt, dass ich es nicht hier trinken möchte, sondern irgendwo, wo ich mich gut übergeben kann. Der Arzt sagt, das kommt nicht infrage. Das Ghee muss drinnen bleiben. Ich finde es aber jeden Tag ekliger und komme an meine Grenzen – und staune. Ich übergebe mich normalerweise nur, wenn ich was wirklich Schlechtes gegessen habe. Überfressen oder Nervenkrieg hält mein starker Magen gelassen aus. Deshalb habe ich mich schon gefragt, wie die bei mir das Erbrechen einleiten wollen. Aber nun weiß ich, das wird ganz einfach sein. Jetzt wird aber nicht erbrochen, und wenn ich nicht mehr kann, muss ich nicht mehr weitertrinken. Ich bin heldenhaft. Nase zu und rein mit dem Zeug. Ich schaffe ziemlich viel, aber dann bin ich drauf und dran, die so mühsam aufgenommene Flüssigkeit wieder nach draußen zu befördern.
Bei der Massage beruhige ich mich langsam wieder. Deepa erzählt mir, dass die Massage verjüngend wirkt. Sie ist nicht nur handfest, sondern zwischendrin sehr sanft, auch werden bestimmte Akupressurpunkte gedrückt. Bevor sie beginnt, macht Deepa erst mal eine rituelle Geste wie eine Bekreuzigung , dann bekomme ich einen Tupfer Öl auf die Stirn, auf die Hände und auf die Fußsohlen. Es ist ein dunkelrotes, mit Kräutern versetztes Kokosöl. Damit massiert sie auch meinen Kopf, Haare und Kopfhaut werden mit einer Inbrunst massiert, dass ich befürchten muss, am Ende meines Aufenthaltes kahl zu sein. Aber Deepa behauptet, meine Haare würden davon besser wachsen. Anschließend geht es mit dem restlichen Körper weiter. Bei der Nasenreinigung bekomme ich Öl in die Nase eingeträufelt, dann massieren zwei Frauen gleichzeitig meine Hand- und Fußflächen, bis sie vor Hitze glühen. Anschließend geht es mit der Pudermassage weiter, die von meinen Synchronmasseurinnen Jyoti und Usha gemacht wird. Auch sie werden mir für die Dauer der Therapie erhalten bleiben. Die beiden sind unglaublich: Der Druck, der Rhythmus, alles stimmt, und ich habe den Eindruck, von einem vierhändigen Wesen massiert zu werden.
Mir geht die heutige Yogastunde noch nach. Sie wird immer mit Meditation abgeschlossen und der Lehrer hält dann noch eine kleine Vorlesung über das wahrhafte spirituelle Leben. Richtig atmen kann ein um Jahre längeres Leben bringen, und gute Meditation hat unbestreitbare Vorteile. Heute ging es um den Tod. Wenn ein echter Yogi merkt, dass seine Zeit gekommen ist, entlässt er seinen Geist ins Universum, zurück bleibt die leblose Hülle. Kein Yogi quält sich mit Schläuchen und Maschinen in einem Krankenhaus. Ein echter Grund, Yoga intensiver zu praktizieren.
Nach der Behandlung gehe ich an den Strand und sehe Thomas, einen Einheimischen, der zum Ärger des Hoteldirektors immer da ist. Er ist sehr aufdringlich, hat andererseits aber ein sehr feines Gespür dafür, was die Touristen wollen. Ich habe den Eindruck, dass er sich in der Rolle des Maklers versucht. Mich nimmt er zu einer Tempelfeier mit ins Dorf. Riesige Lautsprecher sorgen für eine weiträumige Beschallung. Dazu versuchen sich mehrere Musikgruppen gegenseitig zu übertönen. Die Böller, die auch noch abgeschossen werden, gehen fast unter. In dieser Geräuschkulisse schreitet ein geschmückter Elefant mit Devotionalien um den Altar. Es werden Blumen gestreut und Kerzen angezündet.
Dann zeigt Thomas mir den neuen Arbeitselefanten, den das Dorf wegen des Krishna-Festivals bekommen hat. Sehr beeindruckend. Dennoch finde ich den Umgang mit den Einheimischen schwierig. Sie
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