Butterschmalz zum Fruehstueck
dieser Lebensmittelabteilung nichts, was es nicht gibt. Auch an der Käsetheke gehen mir die Augen über. Dann lande ich wieder bei den Kuchen vor einem Glaskasten. Dahinter steht ein Mann mit Mundschutz und Handschuhen und einem riesigen Schneidwerkzeug, das viel mehr mit einem Samuraischwert als mit einem Küchenmesser gemeinsam hat. Er peilt genau, dann haut er einen Kuchen in Stücke. Diese überirdisch glatten Schnittkanten sind also reine Handarbeit! Völlig fasziniert gucke ich eine Weile dabei zu, wie er die Kuchen zerkleinert.
Später erzählt mir der Reiseleiter, dass die japanischen Küchenmesser so legendär wären, weil sie tatsächlich genauso wie die Samuraischwerter aus gefaltetem Stahl geschmiedet werden. Nach dieser Lebensmittelabteilung bin ich platt und gehe wieder in das Badehaus. Heute bin ich alleine und genieße es sehr, dass ich ungehemmt kalt duschen kann.
Es geht dann zum Abschiedsessen ins Restaurant. Wie es sich bei einem anständigen japanischen Haus gehört, müssen wir die Schuhe ausziehen und in Schließfächer sperren , die mit großen, kammartigen Holzschlüsseln zugeschlossen werden. Und am besten ist, man merkt sich sein Fach, denn es gibt keine Nummern, hier hat jedes Fach seinen eigenen, japanischen Namen.
Der Tisch ist schon gedeckt. Auf jedem Platz steht eine Art überdimensionale Muffinform aus Papier, in der dekorativ rohes Gemüse angerichtet ist, so richtig ikebanamäßig . Die Muffinform steht auf einer Art Fonduestövchen. Als wir sitzen, wird die Brennpaste entzündet, was mich entsetzt: Papier brennt doch! Da sehe ich erst, dass auch Wasser in der Form ist, und die Serviererin sagt, dass Papier, in dem Wasser schwimmt, nicht brennt. Und sie hat recht !
Während wir darauf warten, dass das Wasser kocht, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass das Stövchen das Wasser in der Papierform kochen soll, wird Sushi serviert. Inzwischen bin ich geübt und lasse den Tintenfisch aus. Der Rest schmeckt mir gut. Auch ein paar frittierte Tempura -Stücke gibt es. Und dann kocht das Wasser tatsächlich! Darin werden dünne Rindfleischscheiben eingelegt, und es ist das erste Mal, dass ich hier Rindfleisch esse. Das Fleisch ist von sehr vielen, zarten Fettadern durchzogen und schmeckt vorzüglich. Dann gehen die Stövchen pünktlich aus, und übrig bleibt eine leckere Gemüsesuppe. Nachdem mir nicht mehr viel Zeit bleibt, beschließe ich, heute Sake zu trinken. Schon lange her, dass ich das letzte Mal welchen hatte, und er hat keinen bleibenden Eindruck auf mich gemacht. Ansonsten war das ein sehr leckeres Essen.
10. November 2007
Panik auf der Zielgeraden
Im Morgengrauen werden wir nach Osaka zum Flughafen gebracht. Die erwartete Routine wird echt spannend, weil unsere Namen nicht im Computer stehen. Kurz vor unserem Abflug bekommen wir endlich unsere Bordkarten, ohne zu wissen, woran es nun gehapert hat. Es geht nach Tokio, wo wir ein paar Stunden Aufenthalt haben.
Am dortigen Flughafen schlendern wir gerade durch ein Geschäft, als ich das Gefühl habe, dass meine Umwelt irgendwie schwankt. Ich werde wohl Kreislaufstörungen haben. Dann sehe ich, dass die Sachen an den Regalen zittern. Eine Verkäuferin läuft an die Kasse und legt irgendwelche Schalter um. Kommt etwa jetzt das große Erdbeben? Jetzt, wo wir fast auf dem Heimweg sind? Panik steigt in mir auf, aber außer mir scheint keiner beunruhigt zu sein. Plötzlich entwickle ich ein irrsinniges Heimweh, und als das Flugzeug abhebt, macht sich große Erleichterung in mir breit.
Japan – so fremd und widersprüchlich. Einerseits fühlte ich mich als Fremdkörper, und dieses Fremdkörpergefühl bleibt anscheinend auch nach Jahren in dem Land bei Ausländern bestehen. Andererseits tut man keinem Ausländer was zuleide. Es war die erste Reise, auf der niemand auch nur ansatzweise versucht hat, mich zu übervorteilen. Man wird schlicht und ergreifend nie übers Ohr gehauen, und dieses enorme Sicherheitsgefühl verleitet einen zu fast trügerischem Leichtsinn. Auch ohne ein Wort japanisch ist man nicht aufgeschmissen. Es sind überall Leute, die sofort versuchen zu helfen, wenn man sie fragend anblickt. Sie reagieren sehr hilfsbereit, wenn sie merken, dass jemand verloren ist. Das kollektive Bewusstsein ist stark ausgeprägt. Das zeigt sich in einer sozialen Kontrolle und Verhaltensschemata, die mich als Europäerin einengen würden, aber so im Urlaub ist das ganz praktisch. Dabei gibt es in Japan durchaus Individualismus,
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