Butterschmalz zum Fruehstueck
Finanzminister.
8. November 2007
Steine, Moos und Gold
Auf dem Programm steht heute der Ryoanji -Tempel mit seinem berühmten Steingarten. Es gibt da extra Bänke zum Meditieren, wo man auch die Sonne herrlich genießen kann, doch diesen akkurat in Wellenmuster gerechten, kahlen Steinchen kann ich nichts abgewinnen, und ich vermute, dass dieses Setting mich nicht dazu anregen würde, meinen Geist zu leeren. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass man an derartigen Plätzen deutlich länger verweilen müsste, als wir es können. Der Moosgarten hingegen mit friedlich plätscherndem Wasser und baumhohen, blühenden Kamelien wirkt ganz anders auf mich! Das ist schön. Da kann der Geist ausruhen.
Im Tempel herrscht wie üblich Schuhverbot und ich bin barfuß unterwegs. Jetzt muss ich auf die Toilette, was ich nicht so toll finde. Aber Japaner denken an alles, und so stehen vor dem Klo Pantoffeln, mindestens drei Nummern zu klein. Das Klo ist wunderschön. Es besteht aus Holz und bespannten Papierwänden, dazu gibt es den mittlerweile bekannt infernalisch beheizten Klositz .
In der Mitte der Gartenanlage befindet sich ein Teich. Darauf ist eine Insel mit einer Statue der Glücksgöttin. Aber wir müssen weiterhuschen, das Programm ist noch lang!
Der nächste Punkt ist der Knaller überhaupt: Der Goldene Tempel. Da wir heute Glück mit dem Wetter haben, überstrahlt dieses Gebäude alles andere, er blendet, spiegelt sich im Wasser, haut einen um. Ich stehe wie hypnotisiert da. Der helle Wahnsinn! Ich könnte den restlichen Tag hier bleiben und einfach nur gucken, aber ich werde von den Menschenmassen unerbittlich weiter gezogen und in Richtung Teehaus geschoben. Dort gibt es eine Verkostung. Eine Frau im Kimono reicht mir eine kleine Schale und schaut mich erwartungsvoll an. Das Wasser darin ist rosa, es schwimmen Krümel drin. Ich trinke einen Schluck und will sterben. Das Zeug schmeckt total salzig! Die Dame schaut mich noch erwartungsvoller an. Ich erinnere mich an meine Kinderstube und trinke meine Schale leer, die die Frau mit einem huldvollen Lächeln entgegennimmt. Ehe sie nachschenken kann, begebe ich mich auf die Flucht. Eine Mitreisende aus unserer Gruppe kauft jedoch eine Packung von diesem Tee. Sie findet ihn gut. Doch was es für ein Tee ist, bleibt uns verschlossen.
Wir fahren weiter. Als Nächstes steht das Nijo -Schloss auf dem Programm, welches gegen Eindringlinge extrem gut geschützt war. Und jetzt weiß ich, woher „Nachtigall, ick hör dir trapsen“ kommt. Das Schloss hat nämlich einen Nachtigallenboden, der quietscht, wenn man darüberläuft . Unter den elastischen Holzbohlen sind Nägel angebracht, die bei Berührung dieses Geräusch von sich geben. Eine geniale, energiesparende und absolut zuverlässige Alarmanlage. Möbliert ist das Schloss nicht, denn das übliche japanische Haus ist nicht möbliert. Die Zimmer sind mit Tatami-Strohmatten ausgelegt. Das Bettzeug wird tagsüber eingerollt und weggeräumt, ebenso alle anderen Gegenstände. Mangels Sofa und Ähnlichem verbringt man sein Leben damit, auf den Fersen zu sitzen. Das Leben kann manchmal verdammt schwierig sein. Zumindest für den europäischen Anfänger. Dafür kommen die Malereien auf den goldenen Wänden besser zur Geltung. Ich finde sie zunächst nicht so beeindruckend, doch sie müssen sehr schwer herzustellen sein. Auf dem goldenen Untergrund haften die Farben nicht so einfach. Auch sind Darstellungen davon zu sehen, wie sich die Künstler Tiger und Leoparden vorstellten – seinerzeit hatten sie nur Felle als Vorlage und haben dazugemalt , wozu ihre Fantasie sie inspirierte.
Zur Mittagszeit sind wir in der Kyotoer Innenstadt. Die Gruppe trennt sich. Mit einem kleinen Grüppchen gehen wir in ein Restaurant, welches europäische Küche anbietet. Der Salat ist eine Mischung aus italienischer und französischer Küche und meine Pizza ungewöhnlich belegt: mit Meeresfrüchten und Avocado. Schmeckt aber gut.
Wir treffen die Gruppe wieder zum Gang über den Lebensmittelmarkt. Fische und Kraken in winzigen Wasserbecken, Langusten, die mit ihren zusammengebundenen Zangen versuchen, ihrer Zwangslage zu entkommen. Einzelne Kalamaresarme , Glibber in allen Farben, Fischaugen, sauer eingelegtes Gemüse noch und nöcher , aber kaum frisches Gemüse und vor allen Dingen kaum Obst, dafür mindestens zehn Sorten Reis. Offensichtlich ersetzt roher Fisch mit Sojapaste hierzulande Obst und Gemüse, denn es gibt laut Statistik keine
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