BY702 - Heroin in harten Händen
Blue Rose und wird Professor Rimski genannt. Offenbar hat er sich in den letzten Wochen an Sheila herangemacht, Sie hat sich bei ihrem Artistenfreund darüber beklagt, daß Rimski sie dauernd auszuhorchen versuchte.«
»Na, dann schauen wir doch mal in der Kartei nach. Vielleicht steht er drin.«
»Er steht drin!« Triumphierend hielt mir Phil die Karte unter die Nase. Ich nahm sie ihm aus der Hand und betrachtete die Bilder: Ein etwa sechzigjähriger korpulenter Mann mit einem enormen schwarzen Vollbart, der wie eine schlechte Kopie von Rasputin aussah. Schnell überflog ich die Eintragungen über seinen Lebenslauf. Früher hatte er tatsächlich einmal einen Lehrstuhl innegehabt. Aber seit mindestens fünfzehn Jahren schien er die Arbeit für das New Yorker Gangstersyndikat einträglicher zu finden als die edlen Wissenschaften. Er galt als Ausbruchsspezialist. Kein Zuchthaus hatte ihn länger als drei oder vier Monate halten können, und die Polizei hegte den Verdacht, daß er, sobald er selbst in Freiheit war, gegen hohe Bezahlung perfekte Ausbrüche für andere organisierte. »Geht dir ein Licht auf?« fragte Phil. Mir ging nicht nur ein Licht, sondern eine ganze Straßenbeleuchtung. »Natürlich! Irgend jemand ist scharf auf das Heroin, das Mike O’Neill vor fünf Jahren auf die Seite gebracht hat. Sie wollen ihn aus dem Zuchthaus befreien. Das war es vermutlich, was Sheila Keats mir mitteilen wollte.«
»Genau«, bestätigte Phil. »Ich verstehe nur eines nicht: Welchen Grund hatte das Girl, ihren Freund zu verraten? Wenn sie tatsächlich so an ihm hing, wie uns die kleine Bardame erzählt hat, dann hätte sie sich doch freuen müssen, ihn endlich wiederzusehen.«
»Vermutlich ahnte sie, daß das Abenteuer tödlich enden würde. Sie mußte sterben, weil sie das Spiel durchschaut hatte. Für die Leute, die das Heroin haben wollen, ist O’Neill nur ein Werkzeug. Glaubst du etwa, sie wollen die Beute mit ihm teilen, wenn sie sie erst einmal in Händen haben? Nein: Sie werden ihn aus dem Zuchthaus holen und dann abservieren, sobald er das Versteck der heißen Ware bekanntgegeben hat. Sheila Keats wußte vermutlich genau, daß er in seiner Zelle sicherer aufgehoben ist als in Gesellschaft der Leute, die ihn befreien wollen.«
»Na, er wird ja nun in seiner Zelle bleiben.« Phil grinste. »Sollen sie versuchen, ihn ’rauszuholen. Sie werden eine schöne Überraschung erleben.«
»Das werden sie nicht«, sagte ich. »Jedenfalls nicht sofort. Wir werden sie nämlich nicht daran hindern, den Iren zu befreien.«
»Nicht?« Mein Freund sah mich an, als sei ich übergeschnappt.
»Nein«, sagte ich ruhig. »Ich habe nämlich eine Idee.«
***
Mr. High wiegte bedenklich den Kopf. »Was Sie da vorschlagen, ist gewagt/Jerry«, sagte er.
Ich hatte ihm gerade meinen Plan auseinandergesetzt, den Plan, in dem Phil eine gefährliche Rolle übernehmen mußte. Denn ihn kannten die Gangster nicht. Ruhig, die feingliedrigen Hände auf dem Schreibtisch verschränkt, hatte Mr. High mir zugehört. Begeistert war er nicht gerade, er war nie begeistert, wenn er seine Leute in einen riskanten Einsatz schicken mußte. Auf seiner Stirn stand eine steile Falte, die zeigte, daß er sich sorgte.
»Sieben Kilo Heroin sind gefährlicher als eine Ladung Dynamit«, versuchte ich ihn zu überzeugen. »Die Zündschnur brennt schon. Sie wird weiterbrennen, auch wenn wir verhindern, daß Mike O’Neill aus dem Zuchthaus befreit wird. Dieses Heroin wird so lange Mord und Totschlag auslösen, bis wir es gefunden und sichergestellt haben. Und wer weiß, wann wir wieder so eine Chance haben wie jetzt.«
Mr. High dachte angestrengt nach. »Die unbekannte Größe in diesem Spiel«, sagte er langsam, »ist Mike O’Neill. Sind Sie sicher, daß er so reagieren wird, wie Sie glauben? Ich fürchte, Sie lassen sich da auf ein Glücksspiel ein.«
»Nein!« Ich schüttelte den Kopf. »Ich kenne O’Neill. Er ist mehr Abenteurer als eiskalter Gangster. Früher war er klug genug, kein Verbrechen zu begehen, das ihn hätte auf den Elektrischen Stuhl bringen können. Er wird heute klug genug sein, zu wissen, wo seine Chancen liegen. Es gibt nur eine unbekannte Größe in diesem Spiel: den Mann, der dahintersteckt und die Fäden zieht. Ihn müssen wir finden. Und wir werden ihn auch finden, wenn Sie ihr Einverständnis geben.«
Mr. High überlegte noch einen Augenblick. Dann nickte er.
»Gut, Jerry. Tun Sie, was Sie für richtig halten.«
***
Das
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