BY702 - Heroin in harten Händen
Club hatte keine Fenster. Professor Rimski saß auf einem klapprigen Stuhl, der unter seinem enormen Gewicht fast zusammenzubrechen schien. Er verzehrte gerade die letzten Reste einer Portion Spiegeleier mit Schinken, was die Eigelbreste verrieten, die in seinem struppigen schwarzen Bart klebten. Bill Carnegie lehnte an der Wand, die Arme vor der Brust verschränkt, und fixierte einen Punkt an der Decke. Er schien nachzudenken. Sein Gesicht war undurchdringlich wie immer.
Der Professor hatte gerade seinen Teller zurückgeschoben, als es klopfte.
Ächzend stemmte er seinen schweren Körper in die Höhe und stampfte zur Tür, um zu öffnen. Salvatore Maggio trat ein. Eine kaum verkrustete Wunde zierte seine Oberlippe. Aber die Augen in dem zerknitterten braunen Gesicht funkelten zufrieden. Hinter ihm schlüpfte Jenny Rigg durch die Tür.
»Hat alles geklappt?« fragte Bill Carnegie, ohne seine Stellung zu verändern.
»Ja, natürlich.« Maggio legte seinen Arm um Jennys Schultern, was einigermaßen komisch wirkte, da er kleiner war als sie. »Das Mädchen hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Wirklich! Der verdammte G-man liegt fest ver schnürt im Kofferraum. Was machen wir jetzt mit ihm?«
»Lade ihn in den Lieferwagen um. Der Professor kann dir dabei helfen.«
***
In meinem Schädel dröhnte ein ganzes Hammerwerk. Diesen Eindruck jedenfalls hatte ich, als ich langsam wieder zu Bewußtsein kam. Als nächstes stellte ich fest, daß ich — verschnürt wie ein Paket — auf irgendeinem Steinfußboden lag. Dann durchdrangen Stimmen den Nebel in meinem Gehirn.
»Gieß ihm Wasser über den Kopf«, sagte jemand in schneidendem Befehlston.
»Sofort!« Kam die leicht krächzende Antwort.
Einen Augenblick überlegte ich, ob ich dem Heiseren zuvorkommen und mich bemerkbar machen sollte. Dann entschied ich, daß ein klarer Kopf in meiner Situation nützlicher sei als ein trockener Anzug. Ein kalter Guß würde mich zweifellos wieder auf die Beine bringen.
Ich wartete ruhig, bis sich die Schritte näherten. Ein kräftiger Schuß Wasser klatschte mir ins Gesicht. Vernehmlich prustend warf ich mich herum, um auch meinem schmerzenden Hinterkopf eine kleine Abkühlung zu gönnen.
»Setz ihn in den Sessel!« kommandierte die schneidende Stimme.
Der Heisere — ein dunkelhaariger Südländer, wie ich jetzt erkannte — packte mich bei den Jackenaufschlagen, schleifte mich zu einem Sessel und ließ mich in die Polster fallen. Ich lehnte mich so bequem wie möglich zurück und musterte meine Umgebung.
Man hatte mich in einen kleinen, notdürftig möblierten Keller gebracht. Eine morsche Tür führte in einen Nebenraum. Den bärtigen Koloß, der im Türrahmen lehnte, erkannte ich sofort als Professor Rimski. Das faltige Rattengesicht des Italieners hatte ich bereits in unserer Kartei gesehen. Salvatore Maggio, der Messerstecher. Nur der dritte Mann, war mir fremd. Er saß mit verschränkten Armen auf einem ausgedienten Küchentisch und musterte mich.
»Wir haben nicht viel Zeit, Carnegie«, brummte der Professor. »Bis heute abend müssen wir herauskriegen, wieviel der FBI weiß. Ich habe nämlich keine Lust, in eine Falle zu laufen.«
Carnegie, dieser Name war mir nicht geläufig. Ich sah mir den Mann genauer an. Er war groß, sehr mager, aber seine Haltung verriet gestählte Muskeln. Der Anzug, den er trug, war maßgeschneidert und von der Sorte, die sich ein G-man nicht leisten kann. Ein blasses scharfgeschnittenes Gesicht, Raubvogelprofil, schmale, lange Hände, alles in allem das Gegenteil der unbeherrschten, gewöhnlich etwas geistig minderbemittelten Gangsterbosse, mit denen wir so oft zu tun hatten. Die kühlen grauen Augen verrieten Intelligenz. Dies war — das erkannte ich sofort — ein Gegner von Format. Zweifellos würde es nicht leicht sein, ihm eine Komödie vorzuspielen.
»Hören Sie zu, Cotton«, sagte er jetzt ruhig. »Sie haben heute Mike O’Neill im Zuchthaus besucht. Der Mann ist ein Freund von uns, und wir wollen deshalb wissen, warum sich der FBI für ihn interessiert.«
Ich grinste ihm ins Gesicht. »Nehmen wir an, er ist auch ein Freund von mir«, schlug ich vor.
Carnegie zog die Augenbrauen hoch. Er mußte mich für ziemlich dämlich halten, und genau das war es, was ich bezweckte. »Seien Sie vorsichtig mit Ihren Scherzen«, sagte er kalt. Die Warnung in seinen Worten war nicht zu überhören.
Ich lehnte mich noch weiter in meinen Sessel zurück, spannte sämtliche Muskeln an und gab meiner
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