BY703 - Der Boß schickt den Curare-Killer
Detective Sergeant Ed Schulz noch mit dem stellvertretenden Bankdirektor John O’Neilly.
Der kleine Japaner griff zum Telefon.
»Er wird sofort kommen, Sir. Jeremy Baker ist gleichzeitig Hausmeister. Er hat hier im Gebäude eine Dienstwohnung.«
»Baker hier«, quäkte eine durchdringende, hohe Stimme aus dem Hörer.
»Bitte kommen Sie sofort in mein Büro! Die Herren von der Polizei möchten Sie noch einmal sprechen!« rief Shi Maj Moto.
Ein Knacken in der Muschel ließ darauf schließen, daß sich der Bote auf den Weg machte.
»Ich bin gern bereit, Ihnen weiterzuhelfen, meine Herren«, sagte er unaufgefordert.
»Was taten Sie, als Sie von Ihrem Direktor den Auftrag erhielten, die Polizei zu verständigen?«
»Ich muß Sie verbessern, Sir!« ereiferte sich der Bote mit wichtigtuerischer Miene. »Mr. Shi Maj Moto sagte, ich solle einen Arzt und die Polizei verständigen.«
»Das ist richtig, Mr. Cotton«, pflichtete der Japaner bei.
»Schon gut. Weiter im Text.« Mir fiel die übertriebene Genauigkeit der Büroleute auf die Nerven.
»Ich rannte hinunter zu unserer Telefonzentrale. Sie ist zwei Stockwerke unter dem Konferenzzimmer. Ich benutzte die Treppen, weil der Fahrstuhl gerade besetzt war. So müßte es auch in dem ersten Protokoll stehen, das Ihre Beamten aufgesetzt haben«, betonte Baker energisch. Ich bekämpfte meine Ungeduld. Baker blickte verwirrt zur Decke und fuhr dann fort: »Also, so schnell wie heute nachmittag habe ich den Weg zur Vermittlung noch nie geschafft. Miß Collins war natürlich ganz erstaunt, als ich so außer Atem in ihren Raum stürmte.«
»Wer ist Miß Collins?« fragte ich dazwischen.
»Unsere Telefonistin, Sir«, sagte Shi Maj Moto. »Mandy Collins. Sie ist 23 Jahre alt. Seit zwei Jahren bei uns beschäftigt. Eine absolut zuverlässige Kraft, und sehr hübsch außerdem.«
»Daß Sie nur absolut zuverlässige Leute in Ihrer Bank haben, wissen wir inzwischen.« Ich gab Baker ein Zeichen fortzufahren.
»Viel gibt’s nicht mehr zu berichten, Sir. Ich sagte Miß Collins, daß sie den Arzt und die Polizei verständigen müsse. Mit Mr. Stevens sei etwas passiert. Sie wurde ganz blaß. Dann kramte sie ihr Telefonverzeichnis hervor und wählte die erste Nummer.«
»Wen sie zuerst angerufen hat, wissen Sie nicht?«
»Nein. Sir. Ich bin sofort wieder nach oben gelaufen. Aber unser Hausarzt, Dr. Reed, war ein paar Minuten vor der Polizei da.«
»In Ordnung, Baker. Sie können wieder gehen.« Der schmächtige Bote fabrizierte wieder seine komische Verbeugung und eilte hinaus.
Die bisherigen Vernehmungen der Angestellten hatten uns – bis auf die Einzelheiten über die Person des Ermordeten – kein Stück weitergebracht. Easton hatte bereits ein paar Leute losgeschickt, die sich in Stevens’ Wohnung umsehen sollten. Jetzt witterte ich einen ersten Anhaltspunkt. Von nebenan kamen Harry Easton, Ed Schulz und der zweite Direktor, John O’Neilly, herein.
»Sie kommen am besten gleich mit!« rief ich ihnen zu. »Mr. Shi Maj Moto, ich möchte mir gern Ihre Telefonzentrale ansehen.«
»Selbstverständlich, Sir«, sagte der Japaner verwundert. Wir gingen hinaus auf den Flur und warteten auf den Fahrstuhl. Die Telefonzentrale hatte die gleiche Stahltür wie der Aktenraum, in dem der Killer seine Blasrohrapparate installiert hatte. Shi Maj Moto schloß auf und ließ uns höflich den Vortritt in einen ganz normalen Telefon-Vermittlungsraum. Er unterschied sich in nichts von denen, die in New Yorker Firmen tagtäglich ihren Dienst am Telefonkunden leisten.
Ich blickte auf das Pult mit den vielen Lämpchen und Knöpfchen. »Wo ist das Telefonverzeichnis?« fragte ich.
Shi Maj Moto deutete auf ein kleines Heft, das an einer Schnur unter dem Vermittlungspult baumelte. Ich griff nach dem zerfransten Ding und schlug es auf. Unter ›Arzt‹ stand der Name von Dr. Reed. Weiter hinten fand ich das, was ich suchte. Unter der eingedruckten Rufnummer des zuständigen Polizeireviers war mit zierlicher, unverkennbar weiblicher Handschrift eingetragen; »Mordabteilung Manhattan East 579-3324.« Ich zeigte es Harry Easton.
»Donnerwetter!« Der Lieutenant schlug sich vor die Stirn. »Darauf hätte ich eher kommen können.«
Die anderen blickten uns verdutzt an.
»Wo wohnt Miß Collins?« fragte ich den Japaner.
»33. Straße Ost«, kam die prompte Antwort. »In einem Apartment. Ich glaube, es ist Nummer 159.« Das genügte mir.
Der Abendverkehr wurde zusehends dünner. Von der Bank bis zur
Weitere Kostenlose Bücher