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Bye Bye, Crazy Chick

Bye Bye, Crazy Chick

Titel: Bye Bye, Crazy Chick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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lief – irgendwas aus den Siebzigern, schlecht synchronisiert und in völlig übersättigten Farben.
    Im Lichtschein des Fernsehers erkannte ich Tränentattoo und seinen Kumpel, die Actionfigur mit den gegelten Haaren. Der Typ hätte locker ein Körperdouble für scharenweise Schauspieler aus billigen Hollywoodfilmen abgeben können. Sie saßen Zigaretten rauchend an einem schlichten Holztisch und schwiegen sich müde und griesgrämig an.
    Die Wanduhr zeigte Viertel nach zwei am Morgen.
    Tränentattoo blätterte teilnahmslos in einer Autozeitschrift, während sein Kumpel sich den Film ansah. Die dritte Person im Raum war eine magere junge Frau in Minirock und zerrissenen Strümpfen. Ihr fettiges, straßenköterblondes Haar löste sich aus dem Knoten, zu dem sie es aufgesteckt hatte, undstand in verschiedene Richtungen ab. Als sie am Fernseher vorbeiging, beleuchtete das bläuliche Licht ihre scharfen Gesichtszüge. Ich sah, dass ihre Augen den glasigen, schläfrigen Blick von jemandem hatten, der schon lange auf Drogen ist oder so oft missbraucht wurde, dass er aufgehört hat, irgendetwas zu fühlen. Als sie sich umdrehte, um etwas aus dem Schrank zu nehmen, bemerkte ich ein langgezogenes, schlecht gemachtes Schlangentattoo, das sich ihren Arm hinauf bis zur Schulter wand, wo es sich in ein anderes Tier mit einem Wolfskopf verwandelte. Ich musste daran denken, was Gobi mir über ihre Schwester erzählt hatte, und fühlte mich plötzlich schrecklich erschöpft und hoffnungslos. Die Frau humpelte um den Tisch herum und schenkte den Männern etwas zu trinken ein.
    Ich beugte mich vor – und die oberste Treppenstufe knarrte. Ohne sich umzudrehen, legte Gobi mir die flache Hand auf die Brust und brachte mich zum Halt. Doch es war bereits zu spät.
    Die Frau drehte sich um und blickte plötzlich alarmiert zu uns hinüber. Dann schrie sie etwas, das sich wie »Chai!« anhörte.
    Die Männer am Tisch rappelten sich auf, wirbelten herum und schnappten ihre Waffen.
    Gobi setzte sich in Bewegung.
    Alles ging unglaublich schnell. Erst war sie noch direkt vor mir, im nächsten Augenblick war sie eine Rauchwolke sechs Meter weit weg, schnappte sich das Handgelenk von Tränentattoo, drehte ihm den Arm ins Kreuz und knallte sein Gesicht auf die Tischplatte. Gläser klirrten. Die Flasche fiel zu Boden und zersprang. Die Frau schrie weiter. Inzwischen riss der zweite Mann auf der anderen Seite des Tisches seine Waffe in die Höhe und zielte. Gobi wirbelte Tränentattoo herum und hielt ihn wieein Schutzschild vor sich. Gleichzeitig fuhr ihre Hand in seinen Parka und zückte ein kurzläufiges Maschinengewehr, mit dem sie auf den Mann gegenüber zielte.
    Es gab einen ohrenbetäubenden Knall und der Raum füllte sich mit dem weißen Rauch des Mündungsfeuers.
    Gobi ließ Tränentattoos Leiche fallen, schob mit einem Tritt den Tisch weg und kippte ihn auf das Bein der Frau, um sie am Boden zu halten. Ohne ihr weitere Beachtung zu schenken, beugte sie sich vor, hob die abgesägte Schrotflinte auf und zielte damit auf den anderen Mann.
    Wenn es noch irgendwelche Geräusche gab, dann hörte ich sie nicht: Der Knall des Gewehrfeuers hatte meine Ohren taub werden lassen. Während der nächsten Minuten befand ich mich in einer Art Beethoven’scher Landschaft völlig tonloser Leere.
    Gobis Lippen bewegten sich. Dann die Lippen des Mannes. Wieder ihre Lippen. Der Mann schüttelte den Kopf, sagte etwas. Gobi sah zu Boden, schnappte sich ein Handy und drückte es dem Mann in die Hand. Dabei hatte sie das Maschinengewehr auf seinen Kopf gerichtet.
    Der Mann nahm das Telefon und wählte.
    Er sagte etwas.
    Er gab Gobi das Telefon zurück. Sie nickte und schrieb etwas auf ihren Handrücken – Zahlen und ein Wort, eine Adresse.
    Dann zielte sie mit dem Gewehr auf seinen Kopf und drückte ab.
    ***
    Mit dem Maschinengewehr in der rechten und der abgesägten Flinte in der linken Hand winkte sie mich von der Türschwelleherüber. Sie sagte etwas, doch meine Ohren fühlten sich immer noch an, als wären sie mit Watte zugestopft.
    Erst einige Augenblicke später erreichten die ersten ihrer Worte wieder mein Trommelfell.
    Ich folgte ihr und stieg über die Leichen hinweg.
    »Pass auf das Blut auf«, sagte sie.

Sechsundzwanzig
    Beschreiben Sie Ihre Persönlichkeit anhand eines ganz bestimmten Ortes.
    Harvard University
     
    »Santamaria kommt ganz zum Schluss«, sagte Gobi.
    Für mich war sie immer noch Gobi, nicht Zusane, als wir hinaus auf den leeren

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