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Bye Bye, Crazy Chick

Bye Bye, Crazy Chick

Titel: Bye Bye, Crazy Chick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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Gehweg in die kalte Nachtluft humpelten.
    New York war noch da, doch es hatte sich während unserer Abwesenheit verändert. Dichte Nebelschwaden zogen vom Fluss herauf über die Bürgersteige wie Geister der Mietshäuser, die vor langer Zeit abgerissen worden waren, um Parkhäusern und Bürogebäuden Platz zu machen. Es war ein gespenstisches Manhattan, eine zweifach belichtete Landschaft, in der Vergangenheit und Gegenwart einander überlagerten.
    »Wo sind wir?«
    Sie atmete mit einem leisen Pfeifen. »10th Avenue.«
    »Ich kann mich noch nicht mal daran erinnern, wie ich hergekommen bin.« Obwohl das stimmte, war es überhaupt nicht das, was ich sagen wollte. Mein eigentlicher Gedanke – nämlich dass dies nicht im Entferntesten dem New York ähnelte, das ich in Erinnerung hatte – ergab in diesem Moment so wenig Sinn, dass er auf dem Weg durch mein Sprachzentrum verlosch, bevor ich ihn aussprechen konnte.
    »Wir müssen quer durch die Stadt.«
    Gobi strauchelte, fiel auf die Knie und brach zusammen. Zuerst dachte ich, sie hätte wieder einen Anfall, doch dann sah ich das Blut auf ihrer Brust.
    Da wurde mir klar, dass sie angeschossen worden war.
    Ich drehte sie so vorsichtig ich konnte um und erblickte einen breiten, rot getränkten Streifen Stoff unterhalb ihrer rechten Brust. Das Kleid klebte an ihrer Haut, und ich konnte das Loch sehen, wo die Kugel das Fleisch durchschlagen hatte.
    »Du musst ins Krankenhaus.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mir geht’s gut.«
    »Nein, das tut es nicht. Du brauchst einen Arzt.«
    »Santamaria …«
    »Vergiss Santamaria. Wenn deine Lunge versagt, bist du tot.«
    »Die Kugel ist nicht in meiner Lunge.«
    »Woher willst du das wissen? Bist du Ärztin?«
    Gobi schwang die Maschinenpistole, die sie den Männern abgenommen hatte, in die Höhe und zielte damit auf mein Gesicht. Ihr Stimme war jetzt hart wie Stahl. »Nein.«
    »Ist ja gut. Aber das ist einfach nur dumm. Wenn du mich erschießt, kommst du nirgendwohin.«
    Gobi hob den Kopf und sah hinter uns, wobei sie weiter die Waffe auf mich gerichtet hielt. »Hilf mir … einfach auf. Brauche … ein Auto.«
    Ich legte den Arm um ihre Taille und zog sie auf die Beine. Selbst als sie sich mit ihrem ganzen Gewicht auf mich stützte, war sie leichter, als ich erwartet hatte. Ich sah aus einiger Entfernung eine Gruppe von Leuten auf uns zukommen, die sich auf dem Heimweg von einer Bar lautstark unterhielten und lachten. Als sie an uns vorbeikamen, legte ich Gobi meineSmokingjacke über die Schultern. Dann zog ich die Jacke über dem blutigen Kleid zusammen und drückte Gobi eng an mich. Ich spürte, wie unregelmäßig und schwerfällig sie atmete. Sie strahlte eine enorme Hitze ab.
    »Perry …«
    »Was?«
    »Fass in meine Strumpfhose …« Sie torkelte auf einen schmalen Durchgang zwischen den Häusern zu, streckte die Hand aus und lehnte sich an die Wand. Dann rutschte sie zu Boden. »Fass hinein und hol es raus.«
    Auf Knien schob ich meine Hand unter ihr Kleid und in die Strumpfhose. Ich fuhr mit den Fingern an ihrer Wade entlang, bis ich einen harten runden Gegenstand fühlte, der im Nylon steckte. Ich zog ihn heraus und sah, dass es sich um ein gelbes Röhrchen handelte, das wie ein Textmarker aussah.
    »Was ist das?«
    »EpiPen. Adrenalin. Das musst du mir spritzen.«
    Ich nahm die Kappe ab. »Egal wohin?«
    »In meinen Oberschenkel. Hier oben.«
    Ich jagte ihr die Spritzennadel ins Bein. Sie zuckte zusammen, wurde einen Moment ganz steif und entspannte sich dann langsam.
    Die Wirkung trat unglaublich schnell ein. Ihre Atmung normalisierte sich bis auf ein leises Fiepen bei jedem Atemzug.
    »Besser?«
    »Gleich.«
    »Du brauchst trotzdem einen Arzt.«
    »Und du einen besseren Haarschnitt.« Gobi stützte sich an der Hauswand ab und rappelte sich unsicher auf. Die Farbe war auf ihre Wangen zurückgekehrt. Das fürchterlich metallischeGlänzen ihrer zugeschwollenen Augen wirkte verrückt, aber immerhin wieder lebendig.
    »Jetzt ist nur noch Santamaria übrig.« Sie hielt die Hand hoch, auf die sie mit Kuli die Adresse geschrieben hatte. »Wenn die Sache erledigt ist, verschwinde ich und komme nie wieder. Das einzige Problem ist, dass es sich hierbei um ein Bürogebäude handelt und ich eine Zugangsberechtigung brauche, um am Sicherheitsdienst vorbeizukommen.«
    Ich schaute auf die Adresse:
855 Third Avenue.
    Und sagte: »Halt, was steht da?«
    »Du siehst doch, was da steht, Perry.«
    »Das muss ein Missverständnis sein.« Ich

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