Byrne & Balzano 1: Crucifix

Bartram Gardens«, begann Byrne. »Bisher haben wir auch sonst keinerlei Hinweise. Bei keinem der beiden Opfer hat der Täter Sperma, Blut oder Speichel hinterlassen, sodass keine DNA-Analyse vorgenommen werden kann.«
    Während Byrne sprach, heftete er Bilder an die Dokumentationstafel. »Unser Killer scheint es auf katholische Schülerinnen abgesehen zu haben, die auf offener Straße entführt werden. Er durchbohrt ihre Hände und verschraubt sie mit einer Edelstahlschraube und einer Mutter. Er näht ihre Vaginen mit einem dicken Nylonfaden zu, wie er vermutlich beim Herstellen von Segeln benutzt wird. Er hinterlässt ein Zeichen in Form eines Kreuzes aus blauer Kreide auf der Stirn seiner Opfer. Beide Mädchen starben an Genickbruch.
    Das erste Opfer, das gefunden wurde, war Tessa Wells. Ihre Leiche wurde im Keller eines verlassenen Hauses an der Ecke der Achten und Jefferson entdeckt. Das zweite Opfer wurde in einem Blumenfeld in den Bartram Gardens aufgefunden und war zu dem Zeitpunkt mindestens vier Tage tot. In beiden Fällen trug der Mörder undurchlässige Handschuhe.
    Beide Opfer wurden mit einem schnell wirkenden Benzodiazepin namens Midazolam betäubt, was eine ähnliche Wirkung hat wie Rohypnol. Außerdem wurde eine hohe Dosis einer Droge namens Pavulon nachgewiesen.«
    »Wie wirkt dieses Zeug?«, fragte Park.
    Byrne überflog den Bericht des Gerichtsmediziners. »Pavulon ist ein Mittel, das Muskellähmungen verursacht. Unglücklicherweise wirkt es sich laut Bericht nicht auf das Schmerzempfinden aus.«
    »Unser Täter hat den Opfern also das Midazolam gespritzt und dann das Pavulon injiziert, nachdem die Opfer ruhig gestellt waren«, sagte John Shepherd.
    »Vermutlich war es so.«
    »Ist es schwer, sich diese Droge zu beschaffen?«, fragte Jessica.
    »Pavulon wird angeblich schon eine Zeit lang auf Intensivstationen eingesetzt«, sagte Byrne. »Aus unseren Hintergrundinformationen geht hervor, dass es in einer ganzen Reihe von Tierversuchen eingesetzt wurde. Die Wissenschaftler, die diese Versuche durchführten, waren der Ansicht, die Tiere würden keine Schmerzen empfinden, weil sie sich nicht bewegen konnten. Sie gaben ihnen keinerlei Schmerzmittel. Es stellte sich heraus, dass die Tiere Höllenqualen litten. Offenbar weiß man bei der NSA und der CIA, welche Rolle Drogen wie Pavulon bei der Folter spielen. Das Ausmaß des psychischen Terrors, das den Opfern dadurch zugefügt werden kann, ist unvorstellbar.«
    Als die Detectives begriffen, was Byrnes Erläuterungen bedeuteten, erschauderten sie. Tessa Wells hatte alles bewusst erlebt und gespürt, was der Mörder ihr angetan hatte, ohne sich bewegen zu können.
    »Man kann sich Pavulon zwar auf den Straßen beschaffen, aber ich glaube, wir sollten uns auf den medizinischen Bereich konzentrieren«, sagte Byrne. »Krankenhausmitarbeiter, Ärzte, Pflegepersonal, Apotheker.«
    Byrne heftete zwei Fotos an die Dokumentationswand.
    »Unser Täter hinterlässt bei jedem Opfer einen Gegenstand. Beim ersten Opfer, dem Mädchen im Park, haben wir ein kleines Stück eines Knochens gefunden. Bei Tessa Wells war eine kleine Kopie eines Gemäldes von William Blake.«
    Byrne zeigte auf die Rosenkränze auf den beiden Fotos.
    »Bei dem Rosenkranz, der bei dem ersten Opfer gefunden wurde, fehlen zehn Perlen – ein Gebetsabschnitt. Der typische Rosenkranz besteht aus fünf Abschnitten. Bei Tessa Wells’ Rosenkranz fehlten zwei Gebetsabschnitte. Wir brauchen nicht lange zu rechnen. Es ist klar, was hier passiert. Wir müssen diesen Scheißkerl schnappen, Leute.«
    Byrne lehnte sich gegen die Wand und wandte sich an Eric Chavez, der als Erster am Tatort in den Bartram Gardens gewesen war.
    Chavez erhob sich, schlug seinen Notizblock auf und begann: »Der Name des in den Bartram Gardens gefundenen Opfers ist Nicole Taylor, siebzehn Jahre alt, Schülerin an der Regina Highschool, ehemals wohnhaft in der Callowhill Street in Fairmount.
    Dem vorläufigen Bericht der Gerichtsmedizin ist zu entnehmen, dass die Todesursache mit der von Tessa Wells übereinstimmt. Beide Opfer starben durch Genickbruch. Die anderen charakteristischen Kennzeichen unseres Täters werden zurzeit mithilfe von VICAP, der FBI-Datenbank, überprüft. Wir werden heute erfahren, um was es sich bei dem blauen, kreideartigen Material auf Tessa Wells’ Stirn genau handelt. Auf Nicoles Stirn wurden nur winzige Spuren gefunden, weil der Leichnam längere Zeit dem Regen ausgesetzt war.«
    Chavez zeigte auf