Byrne & Balzano 1: Crucifix
nassgeregnet wurde.
»Keine Lust auf deinen Scheiß«, sagte Simon und wies mit der Hand auf die Tür. Andy verstand den Wink, erhob sich und steuerte auf die Tür zu. Das Gehäuse des Apfels hatte er auf der Couch liegen lassen.
»Ich habe heute eine unglaubliche Ausstrahlung. Da kannst du sagen, was du willst«, fügte Simon hinzu. »Ich sehe großartig aus, rieche großartig und habe eine Titelstory im Ofen. La dolce vita .«
Andy verzog das Gesicht. Dolce vita?
»Du lieber Gott«, sagte Simon. Er griff in sein Jackett, zog den Hundert-Dollar-Schein heraus und reichte ihn Andy.
»Danke für den Tipp«, sagte er. »Weiter so.«
»Jederzeit, Bruder«, sagte Andy. Er stopfte den Geldschein in die Tasche, ging durch die Tür und stieg die Treppe hinunter.
Bruder , dachte Simon. Wenn dies das Fegefeuer ist, hab ich eine Scheißangst vor der Hölle.
Er warf einen letzten Blick in den großen Spiegel im Garderobenschrank, in dem er sich in voller Lebensgröße bewundern konnte.
Perfekt.
Die Stadt gehörte ihm.
28.
Dienstag, 19.00 Uhr
B rian Parkhurst war nicht zu Hause. Sein Ford Windstar ebenfalls nicht.
Die sechs Detectives schwärmten in dem zweistöckigen Reihenhaus in Garden Court aus. Im Erdgeschoss befanden sich ein kleines Wohn- und Esszimmer sowie im hinteren Teil des Hauses eine Küche. Zwischen dem Esszimmer und der Küche führte eine steile Treppe in den ersten Stock, in dem das Bad und das ehemalige Schlafzimmer lagen, das heute als Arbeitszimmer diente. Die beiden kleinen Räume im zweiten Stock waren in ein großes Schlafzimmer umgewandelt worden. In keinem der Zimmer lag ein dunkelblauer Nylon-Teppichboden.
Die Möbel waren größtenteils modern: Ledersofa und Sessel, Kommode und Esstisch aus Teakholz. Der Schreibtisch im Arbeitszimmer war älteren Datums, vermutlich gebeizte Eiche. Die Bücherregale bewiesen Parkhursts Interesse an religiösen Themen. Philipp Roth, Jackie Collins, Dave Barry, Dan Simmons. Die Detectives entdeckten ein Buch von William Blake: The Complete Illuminated Books.
Ich kann nicht behaupten, dass ich Blake gut kenne , hatte Parkhurst bei seiner Befragung behauptet.
Sie blätterten den Blake-Band durch und stellten fest, dass nichts herausgeschnitten worden war.
Bei der Durchsuchung des Kühlschranks, des Gefrierschranks und des Mülleimers wurden keine Spuren eines Lammbeins gefunden. In dem Buch Freude am Kochen , das in der Küche lag, steckte bei Karamellflan ein Lesezeichen.
Die Schränke bargen nichts Ungewöhnliches. Drei Anzüge, zwei Tweedjacketts, ein halbes Dutzend Anzugschuhe, ein Dutzend Anzughemden. Alle Sachen waren konservativ und von guter Qualität.
An den Wänden seines Arbeitszimmers hingen die drei Zertifikate seiner Hochschulabschlüsse: einer von der John Carroll University und zwei von der University of Pennsylvania. Außerdem hing ein hübsch gerahmtes Poster der Broadway-Produktion »Die Hexenjagd« an der Wand.
Jessica übernahm das erste Stockwerk. Sie stöberte in den Schränken im Arbeitszimmer, die für Parkhursts sportliche Aktivitäten reserviert zu sein schienen. Allem Anschein nach spielte er Tennis und Racketball und surfte ein wenig. Ein teurer Neoprenanzug hing im Schrank.
Anschließend nahm sie sich die Schreibtischschubladen vor und fand alles, was man dort erwartete: Gummibänder, Stifte, Büroklammern, Tacker. In einer anderen Schublade lagen Kartuschen für den Laserdrucker und eine Ersatztastatur. Sämtliche Schubladen ließen sich problemlos öffnen, nur das Aktenschubfach nicht.
Es war verschlossen.
Seltsam für einen Mann, der allein lebt, dachte Jessica. Sie durchsuchte schnell und gründlich die oberste Schublade, ohne einen Schlüssel zu finden.
Dann streckte sie den Kopf durch die Tür und lauschte dem hektischen Treiben im Erdgeschoss. Alle ihre Kollegen waren beschäftigt. Sie kehrte an den Schreibtisch zurück und zog ihre Passepartouts aus der Tasche. Man arbeitet nicht drei Jahre bei der Verkehrspolizei, ohne ein gewisses Geschick zu entwickeln, Schlösser zu knacken. Innerhalb von Sekunden hatte Jessica die Schublade geöffnet.
In den meisten Akten waren Steuerbescheide, Rechnungen, Versicherungspolicen sowie ein Stapel bezahlter VISA-Rechnungen abgeheftet. Jessica schrieb sich die Kartennummer auf. Eine schnelle Durchsicht der getätigten Käufe förderte nichts Verdächtiges zutage. Eine Rechnung eines Geschäfts, in dem religiöse Artikel verkauft wurden, fand Jessica
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