Byrne & Balzano 1: Crucifix
Sport; daher schieden Betreuer und Trainer aus. Die Ermordeten bevorzugten unterschiedliche Kleidung und Musik und unterschieden sich auch in fast allen anderen Belangen.
Auf sämtliche Fragen schien es nur eine Antwort zu geben: Brian Parkhurst.
Wann hatte Parkhurst in Ohio gelebt? Jessica nahm sich vor, die dortigen Kollegen zu kontaktieren, um zu überprüfen, ob in der fraglichen Zeit ungelöste Mordfälle mit einer ähnlichen Mordmethode in Ohio vorlagen. Sollte das der Fall sein …
Jessica führte den Gedanken nicht zu Ende, denn als sie auf dem Joggingpfad um eine Kurve bog, stolperte sie über einen Zweig, der offenbar beim Unwetter in der vergangenen Nacht abgebrochen war.
Jessica strauchelte, konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und stürzte, rollte übers nasse Gras und blieb auf dem Rücken liegen.
Sie hörte Schritte. Leute liefen auf sie zu.
Es war schon eine Weile her, dass sie das letzte Mal gestürzt war und vor aller Augen auf der nassen Erde gelegen hatte, doch es war ihr so peinlich wie damals. Sie bewegte sich vorsichtig, um festzustellen, ob sie sich etwas gebrochen oder ausgerenkt hatte.
»Alles in Ordnung?«
Jessica schaute aus ihrer unbequemen Lage hoch. Der Mann, der die Frage gestellt hatte, kam zusammen mit zwei Frauen mittleren Alters auf sie zu, die beide iPod-MP3-Player bei sich hatten. Alle drei trugen teure Jogginganzüge, die für diesen Sport passende Kleidung mit Reflektoren und Reißverschlüssen an den Hosenbünden. Jessica kam sich in ihrem gammeligen Sweatshirt und den verschlissenen Puma-Schuhen ziemlich underdressed vor.
»Ja, danke, nichts passiert«, sagte Jessica wahrheitsgemäß. Sie hatte sich nichts gebrochen und nichts verstaucht. Das weiche Gras hatte den Sturz gedämpft. Außer ein paar Grasflecken und einem angekratzten Ego war sie unversehrt. »Ich bin die städtische Eichelbeauftragte. Mache nur meine Arbeit.«
Der Mann lächelte, trat einen Schritt vor und reichte ihr die Hand. Er war Anfang dreißig und blond. Er sah recht gut aus und hätte als Student durchgehen können. Jessica ergriff die Hand, stand auf und strich das Gras von ihrer Kleidung. Die beiden Frauen lächelten verständnisvoll. Jessica war ihnen beim Laufen mehrmals begegnet. Als sie die Schultern zuckte nach dem Motto: Wir haben uns doch alle schon mal langgelegt , liefen sie weiter.
»Ich bin neulich auch ziemlich böse gestürzt«, sagte der Mann. »Drüben am Pavillon. Bin über den Plastikeimer eines spielenden Kindes gestolpert. Ich war sicher, dass ich mir den rechten Arm gebrochen hatte.«
»Aber Sie hatten sich geirrt.«
»Gott sei Dank. Hab bloß die Erde geküsst.«
Jessica lächelte.
»Sie haben gelächelt!«, rief der Mann. »Normalerweise bin ich total unbeholfen, wenn ich hübschen Frauen gegenüberstehe. Meistens dauert es Monate, bis sie mir ein Lächeln schenken.«
Interessante Masche , dachte Jessica. Aber er sah harmlos aus.
»Was dagegen, wenn wir zusammen joggen?«, fragte er.
»Eigentlich war ich gerade mit meiner Runde fertig«, schwindelte Jessica. Sie hatte das Gefühl, dass der Typ ziemlich geschwätzig war, und sie unterhielt sich ungern beim Laufen. Außerdem hatte sie andere Dinge im Kopf.
»Kein Problem«, behauptete er mit einer Miene, als wäre er geohrfeigt worden.
Jetzt hatte Jessica ein schlechtes Gewissen. Der Mann war stehen geblieben, um ihr zu helfen, und sie wies ihn zurück. »Ich glaube, eine Meile schaffe ich noch«, sagte sie. »In welchem Tempo laufen Sie?«
»Ich versuche immer, so zu laufen, dass ich keinen Herzinfarkt bekomme.«
Jessica lächelte wieder. »Mit Wiederbelebungsversuchen kenne ich mich nicht aus. Wenn Sie eine Hand auf Ihre Brust pressen, sind Sie auf sich allein gestellt, fürchte ich.«
»Keine Bange. Ich bin gut versichert.«
Mit diesen Worten liefen sie in langsamem Tempo den Pfad hinunter. Das warme Sonnenlicht blinzelte durch die Bäume. Es hatte zu regnen aufgehört, und die Sonne trocknete die Erde.
»Feiern Sie Ostern?«, fragte der Mann.
Diese Frage hätte er ihr nicht gestellt, wenn er ihre Küche gesehen hätte. Dort stapelten sich ein Dutzend verschiedener Eierfarben, mehrere Beutel Ostergras, Geleebonbons, mit Nougatcreme gefüllte Ostereier, jede Menge Süßigkeiten, Schokoladenhasen und kleine gelbe Marshmallow-Küken. »Klar.«
»Für mich sind es die schönsten Feiertage des Jahres.«
»Warum?«
»Ich finde, dass Ostern eine Zeit der Wiedergeburt ist, die Zeit, da die Natur
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