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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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verwirrt und enttäuscht sie in all den Jahren gewesen war. Doch am Ende des Gesprächs spürte sie, dass der Hass, der so lange Zeit wie ein heißes Feuer in ihrer Seele gewütet hatte, verraucht war. Ihre Mutter war nicht viel älter gewesen als sie, als sie ihr Baby bekommen hatte, und sie hatte es aus verständlichen Gründen zur Adoption freigegeben. Als Graciella nach dem Gespräch mit Eve auflegte, weinte sie, bis der neue Tag anbrach. Dann schaute sie in ihren Schrank und öffnete all die Pakete, die sie im Laufe der Jahre zum Geburtstag und zu Weihnachten bekommen hatte. Sie hatte die ganze Zeit gewusst, wer sie ihr geschickt hatte.
    Eve Galvez hatte sie geliebt. Darum war sie fortgegangen.
    In jener Nacht hatte Eve ihr zahlreiche Fotos auf ihr Handy geschickt. Fotos von Graciella als Zwei-, Drei- und Vierjährige, die sie alle aus der Ferne aufgenommen hatte. Graciella, wie sie Lacrosse spielte. Graciella, wie sie vor dem Mickey D’s in der Greene Road herumlungerte. Auf dem letzten Foto war dieses grässliche Haus abgebildet. Am Ende des Gesprächs sagte ihre Mutter, ein Mädchen namens Caitlin O’Riordan sei hier gewesen und dass ein Mann, der sich Mr Ludo nannte – der Mann, der hier wohnte und Joseph Swann hieß –, Caitlin ermordet habe.
    Als die Zeitungen über den Mord an ihrer Mutter berichteten und alle Träume zerstört wurden, die gerade erst in Graciellas Herz erwacht waren, wusste sie, was sie tun musste. Sie gab ihrer Mutter das Versprechen, ihren Job zu Ende zu führen.
    Doch jetzt, da das Ende in Sicht war, wusste sie nicht, ob sie es schaffen würde.
    Die Bühne war auf der anderen Seite des Raumes. Sie war etwa fünf Meter breit. Der Boden glänzte, und der Samtvorhang war aufgezogen. In der Mitte der Bühne hing ein Scheinwerfer, dessen greller Strahl die Dunkelheit durchbrach.
    Joseph Swann reichte Graciella die Hand und führte sie in die Kulissen.
    Die Vorführung des Feuerinfernos konnte beginnen.

99.
    5.51 Uhr
    Jessica stemmte sich gegen die Wände, doch sie bewegten sich nicht. Sie versuchte, eine Holzleiste aus der Wandvertäfelung herauszureißen, doch ohne Erfolg.
    Es gibt Dinge, die Sie über dieses Haus wissen müssen. Jeder Raum hat einen geheimen Eingang und einen geheimen Ausgang, die alle woandershin führen.
    Jessica schaltete ihre Taschenlampe ein und betrachtete die Blaupause, die Graciella ihr gegeben hatte. Das Blatt war von Linien und Anmerkungen übersät. Als Jessica ihren Standort gefunden hatte, sah sie, dass in diesem Teil des Korridors, genau über dem Luftschacht, zwei Zacken der unterhalb der Decke verlaufenden Holzverzierung rot markiert waren. Jessica richtete das Licht ihrer Taschenlampe auf die Decke und betrachtete sie. Zwei Zacken waren ein wenig heller als die anderen. Sie zog einen Stuhl heran, stellte sich darauf und drückte auf eine Zacke. Nichts geschah. Sie drückte auf die andere, wieder ohne Ergebnis. Sie schob beide Zacken nach links, nach rechts. Keine Geräusche, keine Bewegung. Sie drückte die beiden Zacken in der Mitte gegeneinander – und plötzlich hörte sie, dass die Wand sich bewegte. Sekunden später glitt sie nach oben.
    Jessica sprang vom Stuhl und atmete tief ein. Sie wich bis zur Wand zurück und zog ihre Waffe aus dem Holster. Vor ihr lag ein kurzer Korridor mit schmalen Stufen, die ins obere Stockwerk führten. Jessica stieg sie hinauf und gelangte an eine Tür, die mit einem Riegel verschlossen war. Sie schob den Riegel zur Seite, öffnete langsam die Tür und trat hindurch. In dem Raum dahinter war es stockdunkel. Sie tastete über die Wand, bis sie einen Lichtschalter fand. Als sie den Schalter betätigte, erhellte das Licht eines bronzenen Kronleuchters einen Raum, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein schien.
    Sie hatte das Gefängnis von Great Cygne gefunden.

100.
    5.54 Uhr
    Graciella stand im heißen, gleißenden Scheinwerferlicht auf der Bühne. Links von ihr stand der Feuerkäfig aus Stahl und Rauchglas, der ungefähr einen Meter im Quadrat maß und eins zwanzig hoch war. Die vordere Seite ließ sich nach außen öffnen – dorthin, wo das Publikum saß, falls es eins gegeben hätte. Die gesamte Konstruktion stand auf einem niedrigen Stahltisch auf Laufrollen. An der Rückseite hing der Aluminiumreifen, der einen Durchmesser von etwa einem Meter hatte und ringsum mit langem Seidenstoff bespannt war, sodass eine Art großer Schlauch entstand.
    Es sah alles genauso aus wie auf den Zeichnungen, die Karl Swann

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