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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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erinnern sich bestimmt an ihn. Er hat Ihnen den Blumengarten, das Mädchen ohne Unterleib und die Ertrinkende präsentiert. Er hat Ihnen die Schwertkiste, die Zaubertruhe und die Brautkammer vorgeführt. Ganz bestimmt erinnern Sie sich an ihn.« Graciella nahm eine Kerze in die Hand. »Ich erinnere mich aus anderen Gründen an ihn.«
    Mit diesen Worten schloss Graciella den Vorhang und trat dahinter. Ein paar Sekunden vergingen. Die Seide blähte sich wieder auf.
    Und dann fing die Welt Feuer.

102.
    5.55 Uhr
    Gefolgt von Josh Bontrager und Dre Curtis sowie sieben oder acht Streifenwagen fuhr Byrne in die lange Einfahrt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jeder Officer eintraf, der in diesem Bezirk zur Verfügung stand. Jessicas Taurus stand ungefähr in der Mitte der Einfahrt. Sie saß nicht in ihrem Wagen. Byrne konnte sie nirgends sehen.
    Die drei Detectives stiegen aus. Byrne erteilte Anweisungen. Dann näherte er sich mit Josh Bontrager dem Haus. Auf dem Weg hierher hatte er Hell Rohmer über Funk gebeten, ihm schnell ein paar Informationen über das Grundstück zu geben. Im neunzehnten Jahrhundert hieß der Ort Prescott Square. Byrne begriff, dass dies das letzte Teil des Tangram-Puzzles war. Er hatte das Gefühl, als kämen sie zu spät.
    Byrne zog seine Waffe und lud sie durch. Bontrager deckte ihn, als er durch das Bleiglas spähte. Außer den verschwommenen Flammen Hunderter von Kerzen sah Byrne nichts. Im Haus erklang Musik. Byrne versuchte, die Klinke herunterzudrücken. Verschlossen.
    Die beiden Detectives traten von der Veranda zurück und ließen ihre Waffen sinken.
    In diesem Augenblick roch Byrne den Rauch.
    »Riechst du auch ...«, begann er, als die ersten Flammen an den Fenstern leckten.
    Eine Sekunde später erschütterte eine Explosion die Welt.

103.
    5.55 Uhr
    In der Dunkelheit, in den schwarzblauen Tiefen der Nacht, hört er ein Raunen: leise, klagende Töne, die von seinen zahlreichen Verbrechen und seinen zahllosen Sünden zu ihm sprechen. Als die Stimmen sich überschneiden und lauter werden, steigt auch die Temperatur in dem gläsernen Sarg, in dem er gefangen ist. Schnell erkennt er, dass dies nicht die Stimmen seiner Vergangenheit sind.
    Es ist die Stimme des Feuers.
    Er spürt die Wirkung des Chloroforms. Sein Schädel dröhnt. Woher hatte Odette das Chloroform? Warum hat sie ihm das angetan? Er versucht, sich zu beruhigen. Panik ist ein Feind. Er tastet mit den Fingern nach dem geheimen Riegel unten in der Ecke der Kiste, seines Feuerkäfigs. Der Riegel ist vertikal angebracht. Doch der bewegt sich nicht. Er versucht es noch einmal. Jetzt ist das Metall zu heiß, um es anzufassen. Rauch dringt in den Käfig. Er bekommt kaum noch Luft. Er ist wieder der singende Junge. Und wieder einmal ist er in einer Zauberkiste eingesperrt, die sein Vater konstruiert hat.
    Er steckt eine Hand in die Tasche und zieht die kleine Fernbedienung heraus. Er schiebt die Rückseite herunter und bricht sie entzwei. Die spitze Plastikscherbe steckt er in den Schlitz unten in der Kiste und drehte die Schraube. Die Hitze ist mittlerweile unerträglich. Unten auf dem Boden des Käfigs bildet sich eine Schweißlache. Die Stahlscharniere verbrennen seinen Rücken. Unermüdlich dreht er die Schraube, bis sie sich endlich lockert. Schließlich fällt der Riegel auf den Boden des Käfigs. Er drückt gegen die Tür. Nichts geschieht. Er versucht es noch einmal. Diesmal bewegt sie sich. Er atmet tief ein und hält den Atem an. In der ganzen Kiste breitet sich Rauch aus. Seine Augen und Lungen brennen, als er hin und her schaukelt und sich mit der Schulter gegen die Tür wirft. Die Glaswände des Feuerkäfigs zersplittern in der Hitze. Er dehnt die Brust, spannt die Muskeln seiner Arme an. Die Tür springt auf. Er kriecht aus der Kiste auf die Bühne, die nun von dickem schwarzen Rauch eingehüllt ist. Er steht auf. Die Rückseiten seiner Arme und Hände sind verbrannt und voller Blasen.
    Als die Flammen die Vorhänge auf beiden Seiten der Bühne verschlingen, wirft er einen Blick in die Kulissen. Inmitten der dicken Rauchschwaden sieht er Great Cygne. Das ist nicht der gebrochene Mann, den er kennt und der seit fast zwanzig Jahren in seinem eigenen Dreck lebt. Es ist der junge Zauberkünstler, der in seinem wunderschönen Umhang, der hinter ihm durch die Luft schwebt, auf die Bühne tritt und dessen Blick die Zuschauer bannt.
    »Wo sitzt der Effekt, Joseph?«
    »Der Effekt«, sagt er, und jedes Wort brennt in seiner

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