Byrne & Balzano 4: Septagon
Kehle, »sitzt im Kopf.«
Great Cygne zieht seinen Umhang übers Gesicht und lässt ihn dann auf den Boden fallen.
Great Cygne ist verschwunden.
Joseph Swann reißt seinen falschen Bart und die Augenbrauen vom Gesicht, zieht den Frack aus und geht auf die Treppe zu, durch das flammende Inferno des Kellergeschosses.
104.
5.58 Uhr
Als das Feuer das Erdgeschoss des Hauses erfasste, war Jessica im ersten Stock gefangen. Alle geheimen Türen, die geöffnet gewesen waren, waren jetzt geschlossen, und sie fand keinen Spalt, um sie zu öffnen. Es gab keinen Weg hinaus. Als ihr Funkgerät knatterte, erschütterte eine Explosion die Wände, den Boden und die Decke. Putz rieselte auf ihren Kopf. Die Explosion nahm ihr für einen Moment die Luft zum Atmen. Die geschnitzte Uhr an der Wand hinter ihr fiel krachend auf den Boden, das Glas zersplitterte. Der Kronleuchter in der Mitte der Decke wurde aus dem Stuckmedaillon gerissen.
Jessica zog an den Samtvorhängen beider Fenster und sah, dass beide vergittert waren.
Sie durfte nicht in Panik geraten, musste sich konzentrieren.
Es gibt Dinge, die Sie über dieses Haus wissen müssen.
Jessica schaute auf die vergilbte Blaupause. Die Hälfte war abgerissen. Es dauerte eine Weile, bis sie die Orientierung fand. Das ganze Blatt war von Linien und Notizen übersät. Schließlich begriff Jessica, dass auf diesem Teil der Blaupause der Süd- und Ostflügel des Hauses abgebildet waren. Befand sie sich im Ostflügel? Sie wusste es nicht.
Dünner Rauch quoll unter der Tür hindurch in den Raum. Jessica hörte irgendwo im Haus Glas zersplittern.
Ihr Blick schweifte über die vergilbte Blaupause.
Wo war sie?
Schließlich entdeckte sie ihren Standort. Sie befand sich in einem Gästezimmer im ersten Stock an der Ostseite. Es waren drei Fenster eingezeichnet, aber sie sah nur zwei, die beide vergittert waren. Ein Pfeil zeigte auf irgendetwas auf der Wand, das in der Mitte zwischen beiden Fenstern lag. Jessica hob den Blick und sah einen schmiedeeisernen Wandleuchter. Sie zog daran. Nichts. Sie drückte dagegen. Wieder nichts. Sie spürte die Hitze auf den Wänden. Der Raum war bereits bis auf Kniehöhe mit beißendem Rauch gefüllt.
Jessica drehte den Leuchter nach links, rechts, links, rechts und riss ihn beinahe aus der Wand. Sie wollte schon aufgeben, als ein Teil der Wand genau vor ihr plötzlich nach unten glitt. Dahinter befand sich ein rundes Fenster, das nicht vergittert war.
Jessica schaute sich im dichten Rauch um, so gut es ging, und entdeckte einen schweren Schemel. Sie hob ihn hoch und warf ihn durch das runde Fenster. Kalte Nachtluft strömte herein. Der starke Luftzug warf sie beinahe zu Boden. Die Tür hinter ihr flog auf, und das Feuer griff auf diesen Raum über, erfasste den Brokatstoff, die alten, trockenen Möbel und die Stofftapete.
Jessica spähte aus dem Fenster. Sie konnte die Erde nicht sehen. Sie erinnerte sich an die Eisenspitzen auf der Brüstung. Die Flammen näherten sich ihr. Sie sah ein Stück des Korridors und die Treppe, die in den zweiten Stock und zum Dachboden führte. Die Hitze war so unerträglich, dass sie das Gefühl hatte, die Haut auf ihrem Gesicht würde sich abschälen.
In ihrem Blickfeld tauchte eine Gestalt auf, die sich mühsam die Treppe hinaufschleppte. Sie war kaum noch als Mensch zu erkennen.
Die Gestalt blieb kurz stehen und starrte in den Raum. Eine Sekunde lang sah Jessica durch die Flammen die Augen des Mannes. Und in diesem Moment erkannten sie einander. Der Jäger und der Gejagte.
Jessica drehte sich wieder zum Fenster um und blickte blinzelnd in den dichten Rauch, der die Nachtluft trübte. Ihre Lungen drohten zu platzen. Sie konnte nicht länger warten. Als sie auf die Fensterbank stieg, wurde ihr klar, was sie gesehen hatte, als diese halb verkohlte, von Brandblasen übersäte, schauerliche Erscheinung sie angestarrt hatte.
Die Augen des Mannes funkelten silbern.
Jessica sprang.
105.
6.00 Uhr
Er dreht sich um und steigt die letzten Stufen hinauf, als zwei Ölgemälde schmelzen und von der Wand rutschen. Auf dem Treppenabsatz fängt ein Vitrinenschrank aus Wurzelholz Feuer. Die Glasfront zersplittert, und der Inhalt – eine seltene Ausgabe des Buches Die heilige Magie des Abramelin aus dem 19. Jahrhundert – zerfällt nach einer lautlosen Explosion in glühende Asche, die sein Gesicht und seine Arme umhüllt.
Er blickt den langen Korridor hinunter, als die Türen aufspringen. Durch den dichten Rauch sieht er
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