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BZRK Reloaded (German Edition)

BZRK Reloaded (German Edition)

Titel: BZRK Reloaded (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Grant
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sie besorgt hatten, taten ihre Wirkung, und Nijinsky ertrug es nicht, Vincent festzubinden.
    Nijinsky blickte auf Vincent herab, der wiederum ein eingewickeltes Sandwich auf dem Pappteller neben der Tüte Tortilla-Chips anstarrte.
    »Du musst etwas essen«, sagte Nijinsky.
    Vincent saß auf einem Plastikstuhl. Es war einer dieser geschwungenen Stühle mit dünnen Chrombeinen. Der Stuhl stand neben einem Bett in einem engen Zimmer, in dem sich sonst nicht viel befand, wenn man die Schaben nicht mitzählte.
    Nicht gerade der Ort, um seine geistige Gesundheit wiederzuerlangen, dachte Nijinsky.
    »Komm schon, Vincent, iss ein paar Bissen. Die Alternative wäre eine Ernährungssonde, und das wünscht sich keiner.«
    Vincent streckte einen Finger aus. Er steckte ihn in den Spalt zwischen den zwei Sandwichscheiben. Er schob den Finger in diesen Spalt und schien die Schnittkanten des Schinkens, des Käses, der Salatblätter und der Tomaten abzutasten. Es war schon fast obszön.
    »Hier. Ich packe es dir aus …« Nijinsky beugte sich vor, um das Papier abzumachen.
    Vincent stieß ein Knurren aus, das von einem Leoparden hätte kommen können, der seine Jagdbeute verteidigt.
    Nijinsky wich zurück.
    Kurz zeigte sich Bedauern in Vincents Blick. Vincent hatte ernste Augen, die von seinen Brauen überschattet wurden. Er war kein großer Kerl – Nijinsky war größer –, aber Vincent wirkte stets älter als Anfang Zwanzig, ernster, eindrucksvoller. Vincent war ein Mensch, der sich unheimlich anstrengte, mit seiner Umgebung zu verschmelzen, aber es würde ihm niemals gelingen.
    Nijinsky – sein wahrer Name war Shane Hwang – war von ganz anderer Natur. Er war ein Amerikaner chinesischer Abstammung, elegant, gepflegt und gut aussehend wie ein Model – wie ein erfolgreiches Model, um genau zu sein.
    Vincents Blick verlor seinen Fokus, er blinzelte und starrte wieder auf das Sandwich.
    »Geh nicht zu weit weg«, sagte Nijinsky leise. »Wir brauchen dich. Wir sitzen in der Klemme, Vincent. Wir brauchen dich. Ich brauche dich, verdammt noch mal. Lear weiß das. Sie wissen es alle. Du bist du. Ich nicht. Also, komm schon, versuch, etwas zu essen.«
    Und er dachte, sagte es aber nicht: Und ich will nicht wie du sein, Vincent.
    Er ging hinaus und zuckte zusammen, als er abschloss und der Schlüssel im Schloss klickte.
    Die anderen warteten im schmuddeligen, bedrückenden Gemeinschaftsraum, den Nijinsky hasste. Sie alle sahen zu ihm auf. Plath. Keats. Wilkes. Alle, die von der New Yorker BZRK-Zelle übrig waren.
    Achtundvierzig Stunden waren seit dem Desaster bei den Vereinten Nationen vergangen. Gerade einmal zwei Tage, seit Vincent den Verstand, Ophelia ihre Beine und BZRK im Allgemeinen verloren hatte.
    Wilkes war mit einer Gehirnerschütterung davongekommen, in ihrem einen Ohr klingelte es noch immer, und sie hatte ein paar oberflächliche Verbrennungen. Sie war ein eigenartiges Mädchen und stellte ihre Eigenartigkeit trotzig zur Schau. Ihr linkes Auge zeigte eine dunkel tätowierte Flamme, deren scharfe Spitze ihre Wange berührte. Die böse Verbrennung auf ihrem Arm war mit einer Mullbinde verbunden. Mit rotem Edding hatte sie MEINE FRESSE, TUT DAS WEH auf den Verband geschrieben.
    Auf den anderen Arm hatte sie sich einen QR-Code tätowieren lassen. Wenn man ihn einscannte, gelangte man auf eine Webseite, auf der einen ähnlich trotzige Äußerungen erwarteten.
    An weitaus intimerer Stelle trug sie einen weiteren QR-Code. Wäre man bis dahin gekommen, hätte man mehr über Wilkes erfahren. Über eine Highschool-Football-Mannschaft, der eine Vergewaltigung vorgeworfen worden war. Und über das mutmaßliche Opfer, das eines Nachts durch die Korridore der Schule gelaufen war und mit Molotowcocktails um sich geworfen hatte.
    Wilkes. Der Name entstammte einem Roman von Stephen King.
    Was Plath und Keats anging, so sagte Nijinsky ihnen ständig, dass sie sich bestens verhalten hatten, vor allem, wenn man ihre Unerfahrenheit in Betracht zog. Doch die Frage hing in der Luft, unausgesprochen, unaussprechlich: Warum hatte Plath die Armstrong-Zwillinge nicht getötet, als sie Gelegenheit dazu gehabt hatte?
    Um Himmels willen, Plath, die du in Wirklichkeit Sadie McLure heißt, warum hast du es nicht getan?
    Bist du etwa zu vornehm, um jemanden zu töten, du kleines reiches Gör?
    Was zum Teufel hast du dann bei BZRK verloren?
    Weißt du nicht, dass das ein Krieg ist, Plath? Weißt du nicht, dass hier die Schlacht um die menschliche Seele

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