BZRK Reloaded (German Edition)
die Stirn und rieb sich die Falten mit den Fingern wieder weg. Sie ging die wenigen Schritte zum Kaffeezimmer, ließ sich eine Tasse Nespresso ein und kehrte zu ihren Daten zurück.
Zwei Frauen wurden in Freeport, Texas, vermisst. Ein Mädchen aus der Nähe von Cameron Parish, Louisiana. Panama City, Florida. In Punta Guayanilla in Puerto Rico ein weiblicher Teenager. Pampa Melchorita in Peru. Alaska. Wladiwostok. Nordjapan, erst kürzlich.
Okinawa, etwas mehr als eine Woche, ein Mädchen mit japanischen und amerikanischen Eltern.
Sie unterdrückte die Aufregung, die sie erfasste, und markierte die Orte auf Google Earth. Ja, die Zeitpunkte passten, wenn man von einer Geschwindigkeit von fünfzehn Knoten ausging.
Sie hielt inne und sah sich die Satellitenbilder von Point Lookout an. Ein Stück nördlich davon war etwas: ein paar weiße Punkte.
Sie zoomte näher heran. Irgendwelche Tanks.
Sie prüfte die Position der Tanks: Dominion Cove, hieß der Ort. Ein Hafen mit Flüssigerdgasterminal.
Sofort googelte sie die Berichte der jüngeren Entführungen, die zu dem Profil passten. Insgesamt hatte sie elf. Von denen waren sechs in der Nähe eines Flüssigerdgasterminals vorgefallen.
Ihr lief es kalt über den Rücken.
Das war kein Zufall.
Es gab ein zweites Puppenschiff.
Sie ging ihre Daten noch einmal durch, holte tief Luft und stürmte in das Büro ihres Vorgesetzten, Georg Gronholm.
»Ich brauche den Nachrichtendienst der Marine.«
Georg zuckte mit den Schultern. »Ich kann Sie mit …«
»Nicht unsere. Ich brauche die NATO. Ich habe einen Freund bei der Royal Navy.«
»So? Dann rufen Sie diesen Freund an.«
Valquist schüttelte den Kopf. »Das ist keine Sache für einen Telefonanruf. Er befindet sich zufällig in Hongkong. Ich muss dorthin fliegen. Auf der Stelle. Mit dem nächsten Flug. Jetzt.«
Das Heim des BZRK in New York war verlassen. Keiner von ihnen glaubte, dass sie jemals zurückkehren würden.
Keiner von ihnen hatte auch nur das Geringste übrig für den Ort mit seiner abblätternden Farbe, dem Fettgestank aus dem Imbiss im Erdgeschoss. Doch er war das, was sie gehabt hatten. Ein Heim. Einen Treffpunkt.
Ohne ihn waren sie einfach nur drei Teenager – zu denen ein diagnostizierter Psychopath gehörte –, ein schwules, männliches Model, ein Verrückter und ein russischer Wissenschaftler. In ihrem Unterschlupf hatten sie irgendwie daran glauben können, dass sie wichtig waren. Aber allein da draußen? Mit Plath und Keats in einem Taxi auf dem Weg zum Flughafen? Mit den anderen in einem Mietwagen?
Lachhaft waren sie, einfach nur lachhaft.
Das Taxi fuhr an der Tulpe vorbei. Keats sah hinauf, und der winzige Hoffnungsfunke, den er noch besaß, flackerte wie die Flamme einer müden Kerze im Wind.
Die Detektoren auf dem Flughafen konnten zwar Pistolen entdecken, nicht aber Bioten.
Plath und Keats trugen diese in ihrem Kopf. Um genau zu sein hatte Plath zwei Bioten – P1 und P2. Keats hatte einen Biot in seinem eigenen Kopf – K1 – und einen anderen – K2 – in Plaths Gehirn, der daran arbeitete – wann immer er einen Moment dafür erübrigen konnte – die Schutzwand der Aneurysma-Blase zu verstärken.
Der Flug von New Yorks La Guardia Flughafen zum Ronald Reagan National Airport in Washington dauerte nur eine Stunde. Das Problem war, dass Sadie McLure bekannt war. Wenn man sie erkannte, würde das die Medien auf den Plan rufen, Leute würden Videos von ihr machen und sie im Internet hochladen.
Doch sie war, trotz des unglaublichen Medienrummels rund um den furchtbaren Flugzeugabsturz ihres Vaters, bei dem sie selbst nur knapp überlebt hatte, wo aber Hunderte gestorben waren, nicht so bekannt wie ein Filmstar. Ein bisschen Tarnung, eine etwas anderen Haarfarbe und vielleicht eine Baseballmütze sollten eigentlich genügen.
So war es auch. Bei den meisten Leuten.
Plath und Keats saßen in Reihe 14, direkt hinter der Tragfläche. Das Flugzeug hatte Reihen von jeweils drei Sitzen rechts und drei Sitzen links vom Mittelgang.
Keats setzte sich an den Gang, während Plath den Fensterplatz nahm (zwischen ihnen blieb ein Platz leer), denn dort konnte sie sich schlafend stellen und den Schild ihrer Baseballmütze über ihre Augen ziehen, um nicht erkannt zu werden.
Es funktionierte.
Bis sie auf die Toilette gehen musste.
Und sogar da hätten die Mütze und die dunkle Sonnenbrille ausgereicht, wenn nicht ein ganz bestimmter Passagier ebenfalls nach Washington unterwegs gewesen wäre,
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