C14-Crash
Unter-
schied in den Anreicherungskoeffizienten nur ein paar Prozent beträgt, bleibt
das radiologische Untersuchungsergebnis auch ohne genauere Kenntnis der
unterschiedlichen Aufnahme der Isotope durch den fraglichen Teil des Orga-
nismus ohne Einschränkungen interpretierbar.
Die Isotope unterscheiden sich in ihrer Masse um einige wenige Neutro-
nen (-3 bis +4). Je schwerer also das fragliche Element grundsätzlich ist, ins-
besondere wenn es in ein größeres Molekül eingebaut ist [vgl. Born/Starke 1985,
19], desto ununterscheidbarer werden die Isotope schlußendlich für den Orga-
nismus, der die Isotope nur aufgrund ihrer unterschiedlichen Masse auseinan-
derhalten kann. Beispielsweise beträgt der Unterschied der Massen bei Jod
J131 bzw. J127 ca. 3%, so daß der entsprechende Fehler bei der Umrechnung
der gemessenen Radioaktivität in die Stoffwechselrate deutlich unterhalb der
für eine normale Untersuchung ausreichenden Meßgenauigkeit bleibt.
Die C14-Methode muß sich hingegen mit einem relativ leichten chemi-
schen Element abgeben, denn der Kohlenstoff kommt bereits an sechster Stel-
le des nach wachsender Masse geordneten Periodensystems, das 83 stabile
chemische Elemente aufweist. C14 hat gegenüber C12 eine um rund 17% hö-
here Masse, was in den einzelnen Organismen, die Kohlenstoff verarbeiten,
zu Unterschieden in der C14-Konzentration von bis zu 10% führt (vergleiche
dazu Bild 8.3 ). Das würde einem Radiologen wohl immer noch kein größeres
Kopfzerbrechen bereiten, der C14-Wissenschaftler hingegen ist bereits zur
Anwendung von Korrekturmaßnahmen gezwungen. Diesen 10% an mögli-
chem Unterschied entspricht bei einer Halbwertszeit von 5730 Jahren eine
absolute Datierungsungenauigkeit von immerhin rund 800 Jahren. Betrüge
die Halbwertszeit hingegen nur 10% des tatsächlichen Wertes, dann
schrumpfte auch die absolute Datierungsungenauigkeit aus dem Effekt der
6.3
14
Der Formel in der Textbox 7.7 zufolge ist die zeitliche Unsicherheit bzw. der absolute Datierungsfehler proportional zum relativen Meßfehler sowie proportional zur
Halbwertszeit.
212
C14-Crash
Isotopenfraktionierung auf 90 Jahre herunter, was unter Umständen akzepta-
bel sein könnte.
Die lange Halbwertszeit des C14 ist an sich zu begrüßen, weil damit nicht
nur der für Datierungen in Frage kommende Zeitraum wächst, sondern auch
Mischungseffekte in den großen Kohlenstoffreservoiren unterstützt werden.
Aus jedem Prozent Meßungenauigkeit oder sonstigem Fehler, der auf die
C14-Konzentration zu beziehen ist, resultiert eine Datierungsunsicherheit von
knapp hundert Jahren (siehe Textbox 7.7 ). Als grundsätzlich tragbarer Fehler
gilt normalerweise eine Abweichung, die eine Zehnerpotenz unter dem tat-
sächlichen Effekt bleibt. Die Marge liegt also bei 10%. Diese 10% wirken im
Hinblick auf die C14-Methode aber nicht auf die eigentlich interessierende
Altersdifferenz, sondern grundsätzlich auf die erheblich längere Halbwerts-
zeit bzw. die »mittlere Lebenszeit« von ca. 8.300 Jahren des Radiokarbons
C14 (nach der sog. mittleren Lebenszeit ist die Aktivität einer Probe auf 1/e =
0.368 abgesunken).
Das ist für den sogenannten geschichtlichen bzw. frühgeschichtlichen Be-
reich der Historie, der nur einen Bruchteil der 8.300 Jahre ausmacht, ein gro-
ßes Handicap. Deswegen muß in diesem Fall auch grundsätzlich promillege-
nau gemessen werden. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß son-
stige Korrekturen und Unsicherheiten ihrerseits im Prozentbereich liegen (da-
zu allgemein Kapitel 8) und dadurch das Ergebnis ohnehin entwerten.
6.2.2 »Doppel-Fehler« für die C14-Methode
Um einen lebenden Körper möglichst wenig mit zusätzlicher Radioaktivität
zu belasten, werden in der Radiologie vornehmlich kurzlebige Radioisotope
verwendet, d.h. Isotope mit entsprechend kurzer Halbwertszeit (vergleiche
Bild 6.1 ). Die Isotope sollen schließlich nach Abschluß der Untersuchung so
bald als möglich zerfallen sein, zumal wenn diese nicht gleich wieder ausge-
schieden werden. Je schneller zudem die inkorporierten Isotope zerfallen, de-
sto größer kann die verabreichte Dosis sein [Schaub 1990, 32], und desto leichter
und sicherer ist dann auch der quantitative Nachweis ihres kurzfristigen Ver-
bleibes. Ein weiterer Effekt besteht darin, daß Patienten, die sich zuvor be-
reits einmal einer gleichen Untersuchung unterzogen haben, in der Regel un-
kontaminiert zu einer
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