C14-Crash
hat.
Die medizinische Radiologie ist bemüht, optimale Randbedingungen für
die Genauigkeit ihrer Untersuchungsergebnisse unter Berücksichtigung der
Gesundheit des Patienten einzustellen. Dazu stehen diverse Tracer-Isotope
zur Verfügung, die aufgrund bestimmter Eigenschaften (Ungiftigkeit, kurze
Halbwertszeit, Strahlungsart) jeweils mehr oder weniger günstig erscheinen
können (Bild 6.1 ). Im Gegensatz dazu hat die Natur alles, aber auch wirklich
alles getan, um den Archäometern das Leben im Umgang mit dem Isotop C14
schwer zu machen. Die im Folgenden eingehender diskutierten Punkte a) bis
e) fassen zusammen, wie unterschiedlich die Voraussetzungen sind (verglei-
che auch die Tabelle 6.3 ):
a) Die Radiologie erstellt eine oder auch mehrere Momentaufnahmen einer
örtlich deutlich unterscheidbaren Verteilung radioaktiver Isotope in einem
Organismus. Die C14-Methode setzt dagegen die örtliche Gleichvertei-
lung des C14-Isotops in allen für die Archäologie relevanten Kohlenstoff-
depots voraus. Allfällige zeitliche Schwankungen der C14-Konzentration
sollen in allen Kohlenstoffdepots stets gleichförmig auftreten.
b) Die Kontamination eines zu untersuchenden Organismus soll zum Zeit-
punkt der Untersuchung hinsichtlich der Strahlungsart des zu verwenden-
den Tracers Null sein. Dies wird grundsätzlich dadurch unterstützt, daß
die Halbwertszeit der zum Einsatz kommenden Tracers möglichst klein ist
oder daß diese nach der Verabreichung möglichst schnell wieder ausge-
schwemmt werden. Die Kontamination der irdischen Kohlenstoffreservoi-
re mit C14 soll in der Vergangenheit von Null verschieden und auf dem
ganzen Globus jederzeit gleich gewesen sein. Dies wird darauf zurückge-
führt, daß angesichts der langen Halbwertszeit des C14 von knapp 6.000
Jahren grundsätzlich Zeit genug ist, gewisse Gradienten in der C14-Kon-
zentration am Ende doch ausgleichen zu können. (Anmerkung: Die nach-
folgend unter c) diskutierte Reaktion (»Sprungantwort«) auf eine punktu-
elle Verunreinigung bezieht sich auf einen Zeitraum von wenigen Jahren.
Die lange Halbwertszeit des C14 kann mithin nur mittel- und langfristig
sich aneinander angleichende Werte erklären, nicht aber den vom Simul-
6.1
tanitätsprinzip verlangten augenblicklichen, aufs Promille genauen atmo-
sphärischen Ausgleich über den ganzen Globus hinweg.)
208
C14-Crash
6.2 Kohlenstoff – einige Zahlenverhältnisse
1. Irdischer Kohlenstoff
Nr.
Reservoir
Menge
Verhältnis*)
Einheit
1.1
6.0 ∙ 1024
Erde
1
1.2
0.9 ∙ 10-6
5.3 ∙ 1018
Erdatmosphäre gesamt
1.3
7 ∙ 10-9
42 ∙ 1015
Gesamtkohlenstoff der Erde
kg
1.4
0.5 ∙ 10-9
2.7 ∙ 1015
Kohlendioxid in Erdatmosphäre
1.5
0.1 ∙ 10-9
0.7 ∙ 1015
Kohlenstoff in Erdatmosphäre
1.6
10 ∙ 10-21
62 ∙ 103
globales C14-Vorkommen
2. Produktion und Zerfall von C14
Nr.
Veränderung
Menge
Verhältnis*)
Einheit
2.1
jährlicher Zerfall an C14
7.5
1.3 ∙10-24/y
kg/y
2.2
jährliche Produktion an C14
?
?
3. Natürliche und künstliche C14-Aktivität (β-Strahlung)
Nr.
Reservoir
Menge
Verhältnis**)
Einheit
3.1
organische Proben aus hist. Zeit
1-20
0.7 - 1.4
3.2
NBS-Standard
13.6
1
counts per
3.3
min ∙ gCarbon
22 ∙ 103
0.3 ∙ 106
Grenzwert für menschliches Fett
3.4
15 ∙ 106
0.2 ∙ 109
Grenzwert für kommunales Abwasser
*)
bezogen auf die Erdmasse
**) bezogen auf den NBS-Standard
c) Die Reaktion (»Sprungantwort«) eines isotopenfreien Organismus auf eine
schlagartige punktuelle Kontamination besteht in einer vom Zustand des
Organismus abhängigen räumlich differenzierten Ausbreitung des Isotops
im Organismus. Dabei spielt insbesondere der Stoffwechsel zwischen ein-
zelnen Organen eine große Rolle. Die Sprungantwort des irdischen Koh-
lenstoffvorkommens auf eine schlagartige punktuelle Kontamination soll
6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode
209
in einer kurzfristigen Gleichverteilung der kontaminierten Menge in alle
betreffenden Reservoire, zumindestens aber der Atmosphäre bestehen.
d) Die Kontamination »Null« des radiologisch zu untersuchenden Organis-
mus beinhaltet automatisch eine Aussage über eine räumlich homogen
vorliegende Verteilung, in diesem Fall mit dem Wert Null. Die für das
Funktionieren der Methode notwendige Kontamination der Atmosphäre
mit C14 impliziert dagegen grundsätzlich die Möglichkeit einer räumlich
inhomogenen Verteilung des C14. Für die
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