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C14-Crash

C14-Crash

Titel: C14-Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blöss / Niemitz
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Ensembles aus divergenten C14-Daten
    M.J. Aitken schreibt zu diesen zwei Beispielen für den Umgang mit divergenten
    C14-Datierungen aus einem definierten archäologischen Kontext: »Das Schwan-
    ken der individuellen C14-Daten in (a) ist mit der Annahme ‘coeval’ konsistent,
    wobei das gewichtete Mittel bei 4.290 ± 30 Jahren liegt. Die Proben aus Beispiel
    (b) können nicht als zusammengehörige Gruppe akzeptiert werden und eine
    Verwendung des gewichteten Mittels aus allen 8 ist nicht gerechtfertigt. Nach
    Ausschluß der beiden Ausreißer bilden die verbliebenen 6 Werte hingegen eine
    akzeptable Gruppe mit einem gewichteten Mittelwert 4.370 ± 20 Jahren.«
    Die Frage der Konsistenz wird im Text ausführlich diskutiert. Es sei an dieser
    Stelle zusätzlich angemerkt, daß im Fall (a) das »älteste« Datum in einer Einzelbe-
    trachtung auch nach den herkömmlichen, sehr großzügig mit Abweichungen um-
    gehenden Regeln mit 4 der 6 anderen Werte nicht als gleichzeitig angesehen
    werden dürfte. Bei so wenigen verwendeten Werten kann das nicht negiert
    werden.
    7. Statistik muß sein – Lüge oder Unwahrheit?
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    daß in der Mehrzahl vergleichbarer anderer Fälle aber doch eine deutlich hö-
    here Wahrscheinlichkeit für Gleichzeitigkeit resultiert und er es in diesem
    Fall folglich mit einem statistischen Ausreißer zu tun hat. Tatsächlich ist aber
    die Situation sehr häufig genauso fragwürdig und sogar noch fragwürdiger
    wie in den hier diskutierten beiden Fällen. Die prekäre Situation lag tatsäch-
    lich von Beginn an vor, als Libby 1949 vergeblich versuchte, das Simultani-
    tätsprinzip anhand eines extrem »ungleichzeitigen« Ensembles [Libby et al.
    1949] zu verifizieren (Bild 7.6 ).
    Wenn nun in Aitken’s Beispiel (a) die Einzelmessungen nur etwas besser
    gewesen wären, dann hätte auch nach Aitkens toleranter Auslegung besagter
    Regel eine Gleichzeitigkeit für alle 7 Meßwerte nicht mehr beansprucht wer-
    den können. Oder umgekehrt: Ein Heraufsetzen des Fehlers für die Einzel-
    messungen in Beispiel (b) würde doch alle 8 Meßwerte zur Heranziehung der
    Mittelwertbildung zulassen.
    Mit den Fehlerdiskussionen ist das offenbar so eine Sache, denn in gewis-
    sen Grenzen kann jeder Fehler herbei- oder auch wegdiskutiert werden. Meß-
    wertensembles ermöglichen eine opportune C14-Datierung, da sie mit einer
    »Doppelfinte« ihr Ziel erreicht:
    a) Die Zulassung auch noch kleinster Wahrscheinlichkeiten für die Koinzi-
    denz (entsprechend dem Ergebnis eines F-Tests zum Beispiel), und/oder
    b) die Herbeiführung größerer Fehler für die Einzelmessung
    gaukelt ein Ensemble vorgeblich gleichaltriger Proben vor, die nunmehr ge-
    meinsam einen erkünstelt sicheren Mittelwert repräsentieren. Aitken mahnt
    denn auch seine Leser: »Die Herausnahme der beiden Ausreißer [in Beispiel
    (b)] ist gleichbedeutend mit der Unterstellung, daß entweder keine Gleichzei-
    tigkeit vorliegt, oder daß gerade bei diesen beiden bestimmte Meßfehler (et-
    wa durch Kontamination) unterlaufen sind. Das Herausnehmen von Ausrei-
    ßern ist natürlich eine heikle Angelegenheit, die geeignet ist, Anschuldigun-
    gen zu provozieren, daß Daten manipuliert wurden, um vorgefasste Meinun-
    gen zu stützen. Deswegen ist es auch so wichtig, sich auf ordentliche Statistik
    zu stützen« [1990, 97]. Diese Mahnung entbehrt nicht einer gewissen Ironie,
    denn die vorher ausgebreiteten »Goldenen Regeln« der C14-Statistik sind sel-
    ber nicht das, was die Bezeichnung »soundly based statistics« verdienen wür-
    de.
    Doch der statistische Parcour ist noch nicht am Ende, denn die Hürde »Si-
    cherung des Mittelwertes« ist noch zu nehmen. Habe man sich auf dieser Ba-
    sis für einen Satz »gleichzeitiger« Meßwerte entschieden, dürfe für deren Mit-
    7.5
    telwert denn auch eine bessere Repräsentanz des »wahren« Wertes angenom-

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    C14-Crash
    7.6 Libbys »Verifizierung« des Simultanitätsprinzips
    Das Bild zeigt das gemessene (oben) und das angegebene (unten) Histogramm
    mit den von Libby bis 1949 durchgeführten Aktivitätsmessungen an 18 zeitge-
    nössischen Hölzern. Diese Meßreihe sol te für lange Zeit die einzige Bestätigung
    sein, daß gleichaltrige Proben zugleich dieselbe C14-Konzentration aufweisen
    würden. Dieses sogenannte Simultanitätsprinzip trat gegenüber dem Fundamen-
    talprinzip, nach dem die C14-Konzentration
    nicht nur örtlich, sondern auch zeitlich kon-
    stant gewesen sei, anfänglich völlig in den

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