C14-Crash
»Probe von Interesse« spezifizieren kann, muß er für diesen Trennungs-
prozeß sorgen. Es ist üblich, die Probe zuerst visuell genauestens zu untersu-
chen und Anhaftungen wie Wurzelreste oder Mikroorganismen zu entfernen.
Danach wird die Probe konserviert oder in einem weitergehenden Schritt um-
fassend »gewaschen«, d.h. die Probe durch Säuren, Basen oder sonstige Lö-
sungsmittel von aufgenommenen Verunreinigungen befreit.
Zum Beispiel werden Hölzer bzw. Holzderivate wie Holzkohle durch
Säure (HCL) und Lauge (NaOH) von Huminsäure, Chitin, Pilzen, Bitumen
und sonstigen zu alten bzw. zu jungen organischen wie anorganischen Koh-
lenstoffen gereinigt. Getrennte Messungen von extrahierter Huminsäure und
dem fraglichen Holz aus dem Pleistozän erbrachten Datierungsdifferenzen
von weit mehr als 10.000 Jahren [Olson/Broecker 1961].
Es ist eine Anmerkung wert, daß die für die Kalibrierung der C14-Daten
unverzichtbaren Hölzer – insbesondere, wenn sie nicht gefällt sondern ausge-
graben werden – von »hartem« (also karbonathaltigem) Wasser geradezu ge-
tränkt sind. Die »Entmischung« von Holz und Karbonat ist eine Wissenschaft
für sich. Dies muß sich grundsätzlich durch einen entsprechend hoch ange-
setzten Korrekturfehler bemerkbar machen. In dem Zusammenhang sollte er-
wähnt werden, daß natürlich alle organischen Lösungsmittel die Gefahr einer
zusätzlichen indirekten Kontaminierung in sich bergen, die zu Fehldatierun-
gen von mehreren 10.000 Jahren führen können [Venkatesan et al. 1982].
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C14-Crash
8.10 C14-Daten im Zusammenhang mit einem gut erschlossenen
Fundort (II)
Die große Bandbreite von C14-Daten, die einem einzelnen Stratum zugeordnet
werden, ist immer wieder erklärungsbedürftig. So spricht H. Willkomm von »an-
thropogenen Bioturbulenzen« innerhalb der Schichten eines mittelalterlichen
Dorfes bei Starigard. Es wären also Menschen gewesen, die jeweils »ältere« und
»jüngere« Holzkohle und Getreide zusammengewürfelt hätten [Willkomm 1983,
646]. Dieser Ansatz ist insofern irreführend, als damit suggeriert wird, daß jedes
C14-Datum für sich ein »gutes« Datum sei. Der al gemein akzeptierte Leitsatz
»one date is no date« ist ausschließlich aufgrund der hier demonstrierten Um-
stände aufgestellt worden. Die Verhältnisse sind grundsätzlich so zu akzeptieren,
wie sie hier dargelegt sind: Die einem archäologischen Datum zugehörigen C14-
Daten streuen um Jahrhunderte.
8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler!
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8.4.4 Zusammenfassung
In Anbetracht zwangsläufiger Akkumulation unkorrigierbarer Fehler gilt für
die Probenauswahl die Devise, sich auf die Proben zu konzentrieren, die bei
der C14-Aufnahme zu Lebzeiten und der Isolierung während der Lagerzeit
die geringsten systematischen Abweichungen erwarten lassen. So nimmt es
nicht wunder, daß vorzugsweise Holz und Holzkohle untersucht werden, für
die es über Jahrzehnte hinweg verfeinerte Standardverfahren der Aufberei-
tung gibt. Das mag für Vergleiche von Daten für Hölzer untereinander akzep-
tabel sein, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Vergleich über
die Typengrenze hinaus umso unsicherer wird, je ausgefeilter die jeweiligen
Aufbereitungsprozeduren sind. Die »Feinheit der Methode« spiegelt sich ge-
rade wegen der aufgewendeten Akribie in einer unbeherrschten Drift der
letztlich resultierenden C14-Alter an sich gleichaltriger Proben unterschiedli-
chen Typs. Das ist bei der schlußendlichen Fehlerbetrachtung in jedem Fall
zu berücksichtigen.
8.5 Die Probe kommt ins Labor
Unter »Laborfehler« werden auch solche Unsicherheiten summiert, die gar
keine Fehler im eigentlichen Sinne sind. Dazu gehören unvermeidliche zufäl-
lige Streuungen (Streuung der Aktivität der Probe und entsprechende Streu-
ung des Einflusses der Hintergrundstrahlung) sowie Korrekturansätze, die am
besten von dem Labor vorgenommen werden, weil nur hier das dafür benötig-
te Equipment vorhanden ist (so etwa die Korrektur der Isotopenfraktionierung
durch Messung anderer Isotopenverhältnisse als C14/C12). Nur die vom La-
bor durchgeführte Probenaufbereitung und -behandlung einschließlich des
Meßvorganges kann unter Subsumtion alles menschlichen und technischen
Ungemaches bei der Gesamtprozedur als »echte Fehlerquelle« bezeichnet
werden.
Die Berücksichtigung der »Laborfehler« umfaßt also in der Regel diejeni-
gen Fehler, die
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