C14-Crash
Synchronismen in ihren Wuchswert-
folgen – und stellten diese nötigenfalls unter Implementierung einer größeren
Zahl von »Fehlringen« her. Die europäischen Dendrochronologen taten ein
übriges, indem sie durch den Vergleich der C14-Muster ihrer schwimmenden
Baumringsequenzen mit denen in der Bristlecone-Pine-Chronologie zu tenta-
tiven Absolutdaten kamen, die nun nach und nach durch geeignete Neufunde
auf wenige Jahre genau »zugemauert« wurden.
Die C14-Gemeinde stellte diese Probleme nach außen gerne in einem eher
freundlichen Licht dar. Schließlich ging es um die Akzeptanz bei der Alter-
tumswissenschaft. So fand E. Neustupný in der Zeitschrift ANTIQUITY im
Rückblick auf das vom 11. bis zum 15. August 1969 in Uppsala abgehaltene
12. Nobel Symposium »Radiocarbon Variations and Absolute Chronology
310
C14-Crash
8.12 Meßwertstreuungen
Das Bild zeigt die Abweichungen der von drei Labors gemessenen C14-Alter un-
tereinander sowie – vom Trend her – auch die dendrochronologisch ausgewie-
senen Abweichungen gegenüber dem historischen Alter. Das Bild 8.11 gibt dar-
überhinaus Aufschluß über systematische Abweichungen einzelner Labors, die
sich an der »International Col aborative Study« [Scott et al. 1990] beteiligt hat-
ten. R. Stuckenrath warnte seinerzeit vor der Umrechnung von C14-Altern in
Kalenderjahre, da die Unsicherheit der Werte viel zu groß sei und ihre Verwen-
dung mithin nur mit der Alchemie des 13. Jahrhunderts verglichen werden könn-
te [1977, 188]. Die Warnung vor der Verwendung der Bristlecone-Pine-Chro-
nologie als Kalibriermaßstab fokussiert lediglich auf die Oberfläche des Problems.
Obwohl die Streuung
der Meßwerte unan-
nehmbar hoch ausfäl t,
kann der ausgewiesene
Trend (C14-Alter um ca.
10% zu jung) in der Zu-
sammenschau aller Wer-
te schließlich immer
noch überzeugen. Das
Kartenhaus der Kalibrie-
rung muß in dem Mo-
ment in sich zusammen-
fallen, wo deutlich wird,
daß dieser ausgewiesene
Trend aus einer Baum-
ringsequenz abgeleitet
wurde, die nicht nach
der reinen Lehre der
Dendrochronologie,
sondern im Sinne der aktualistischen Idee konstanter Randbedingungen – mäßige
Abweichungen des C14-Alters vom wahren Alter sind erlaubt – erstel t worden
ist. Die unannehmbar hohe Streuung der Werte kann sich auch eingestel t
haben, weil tatsächlich ungleichzeitige Sequenzen oder Teile dieser Sequenzen
zwangsläufig unterschiedliche Trends in den C14-Werten aufweisen müssen.
Für die Europäischen Eichenchronologien sieht die Situation nicht besser aus,
weil ein Großteil der tentativen Absolutdaten für ihre schwimmenden Teilchro-
nologien aus dem Vergleich mit ebendieser Bristlecone-Pine-Chronologie ge-
wonnen worden sind. Dadurch galten auch die Absolutlängen der Lücken als be-
kannt und damit war vorentschieden, wieviel Baumringe an dieser Stel e noch
anzubringen waren. Die schlechte Qualität der Messungen an Baumringen einer-
seits, aber auch die ungeklärte Situation über naturbedingte Streuungen in an
sich gleichaltrigen Baumringen andererseits hat zu Freiheitsgraden geführt, die
für die Erstellung der ersten Kalibrierkurve nach einem aktualistischen Vorurteil
ausgenutzt worden sind.
8. Verwässerung statt Verbesserung – noch mehr Fehler!
311
(Radiokarbonschwankungen und Absolutchronologie)« ausgesprochen mode-
rate Worte für die ausgewiesenen Diskrepanzen: »Während der allgemeine
Trend bei allen drei Laboratorien übereinstimmt, kommt es bei Details zu Ab-
weichungen. Es ist für den Archäologen sicherlich angenehm zu wissen, daß
die Differenzen 200 Jahre nicht übersteigen und daß die Daten der verschie-
denen Labors in vielen Fällen im Rahmen des statistischen Fehlers überein-
stimmen« [Neustupný 1970b, 41].
Wenigstens die Dendrochronologen hätte diese Nachricht bedrücken müs-
sen, da Differenzen von bis zu 200 Jahren automatisch an die Substanz der le-
bensnotwendigen »wiggle« gehen. Und Übereinstimmungen »im Rahmen des
statistischen Fehlers« sind fast immer beunruhigend gering, da der von den
C14-Wissenschaftlern angelegte Maßstab viel zu nachsichtig ist. Wir haben
im Kapitel 7 gezeigt, wie normalerweise erst eine Gewißheit nahe 100%
dafür, daß die Proben nicht kontemporär sind, endlich Zweifel an ihrer
Gleichzeitigkeit aufwirft. Wenn Archäologen und Historiker von der unglaub-
lichen Nachsichtigkeit wüßten, mit der diffuses und erratisches
Weitere Kostenlose Bücher