C14-Crash
das
»wiggle-matchen« seiner umfangreich angesammelten schwimmenden
Baumringsequenzen gegen die kalifornische Bristlecone-Pine-Chronolo-
gie (vergleiche Bilder 4.7 und 4.8 für die Zusammenfassung der Proble-me der Dendrochronologie) [Becker/Suess 1977]. Damit wurde auch diese
Chronologie auf Dauer zum »holzgewordenen« Vorurteil über den aktua-
listischen Charakter der Natur.
! Die 1973 als unabhängige Bestätigung für Ferguson von V.C. LaMarche
und T.P. Harlan [1973] ins Feld geführte zweite Bristlecone-Pine-Chrono-
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C14-Crash
logie, die bis heute gebetsmühlenartig zur Verteidigung von Fergusons
Chronologie in den Zeugenstand gerufen wird, setzte sich aus Bäumen zu-
sammen, die unter völlig anderen Bedingungen aufgewachsen waren und
deren Charakteristika nicht auf signifikante Weise mit denen aus Fergu-
sons Chronologie verglichen werden konnte [Ferguson 1979, 209].
! Von 1975 bis 1980 hat es zahlreiche, am Ende ob der Mißachtung durch
die Dendrochronologen zu scharfen Tönen greifende Untersuchungen
über die Qualität der C14-Messungen gegeben, die das Verfahren des
»wiggle-matching« begründeten [Clark 1975; 1979; 1980; Damon et al. 1978;
Pardi/Marcus 1977; Stuckenrath 1977]. Es wurden schlechte Zensuren für die La-
bors vergeben und ein Vergleich »signifikanter Schwankungen« als aus-
sichtslos charakterisiert.
! Die Irischen Dendrochronologen präsentierten 1977 eine Kalibrierkurve,
die ein Schlag ins Gesicht der Amerikaner und der Deutschen darstellte
[Pearson et al. 1977]: Diese verlief genau dort stetig und ohne jede Schwan-
kung, wo die charakteristisch gewundenen C14-Verläufe in deutschen Ei-
chen und amerikanischen Borstenkiefern zum Zwecke der Datierung der
schwimmenden deutschen Sequenzen ineinander geschmiegt worden wa-
ren (Bild 9.16 ). Die Iren stellten das Simultanitätsprinzip allerdings nur
insoweit in Frage, wie es den Vergleich von Europa und Amerika anging.
Ihre eigenen schwimmenden Sequenzen hatten sie stets vorbehaltlos mit
C14 datiert und nach dem Simultanitätsprinzip zueinander angeordnet, um
mit zusätzlich gefundenem Holz die Überbrückungen zu vollziehen [Baillie
et al. 1983].
! Die amerikanische NSF stoppte 1978 auch aufgrund der Stellungnahme
von Damon et al. ihre finanzielle Unterstützung für das C14-Labor von
H.E. Suess sowie für die umfangreichen Auswertungsarbeiten zum Auf-
finden der radiometrischen Gleichläufigkeiten zwischen amerikanischen
und europäischen Baumringsequenzen [Suess/Linick 1990, 405; Linick et al.
1984, 22].
! Dennoch gaben die Iren spätestens 1980 ihren Protest auf, der sie unter
anderem von der aktiven Teilnahme an der 9. Internationalen Radiokar-
bon Konferenz 1976 abgehalten hatte. Drei Jahre später wurden die süd-
deutsche und die irische Eichenchronologie für reif zum gegenseitigen
Vergleich befunden. Nachdem B. Becker die Synchronisierung an einer
besonders dünn belegten Stelle revidiert hatte (der sog. »Kirnsulzbachfeh-
ler«), konnten die beiden Eichenchronologien 1984 als neuer Maßstab zur
Kalibrierung von C14-Daten ausgegeben werden [Pilcher et al. 1984].
2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals
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! In RADIOCARBON erschien 1986 das erste »calibration issue« für C14, wäh-
rend sich zunehmend Querelen um die Datierungsabweichungen zwischen
den Labors abzeichneten und infolgedessen die Notwendigkeit einer »ver-
besserten« Ausgabe erkannt wurde.
! Gegen 1990 war die »Mutter aller Kalibrierungen« nur noch unter »ferner
liefen« bei der Aufstellung der zur Verwendung empfohlenen »high-preci-
sion« Kalibrierungen zu finden [Becker 1992, 45].
! Nur wenige Jahre nach Abstimmung der irischen mit der süddeutschen Ei-
chenchronologie (durch Korrektur des »Kirnsulzbachfehlers« in letzterer)
wurden diese bereits als »unabhängige Replikation« ausgegeben [Baillie
1990/91, 22; Newgrosh 1991/92 64].
! 1991 , in der Phase allgemeiner Konsolidierung, müssen G. Lambert und
C. Lavier vom Laboratoire de Chrono-Ecologie dagegen kritisch feststel-
len, daß von vielen europäischen Dendrochronologie-Labors »magic
dates« auf der Grundlage von »secret procedures« erzeugt wurden, die
von Historikern und Archäologen gar nicht zuverlässig eingeschätzt wer-
den könnten [Lambert/Lavier 1991, 176; Niemitz 1995, 309f.].
! 1993 wurde das vorläufig letzte »calibration issue« der Zeitschrift RADIO-
CARBON veröffentlicht, während zur selben Zeit
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