C14-Crash
Littleton in Eng-
land [Berger 1970b, 101].
Eingangs dieses Kapitels stellten wir eine Frage von zentraler Bedeutung
für die Legitimität der heute gebräuchlichen Kalibrierkurven: Macht Holz ei-
ne Ausnahme gegenüber dem global gültigen Befund der Historiker, daß
C14-Daten erratischen Charakters sind? Insbesondere den Historiker wird die
Antwort darauf brennend interessieren. Schließlich hat er schon Schwierig-
keiten genug mit der Unsystematik seiner eigenen Probendaten. Wenn sich
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C14-Crash
2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals
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2.7 Die Bristleco-
2.5 Absolutdatierung durch »wiggle-matching«
ne-Pine-Chronolo-
gie konnte insbe-
sondere für die
1966 demonstrierten C.W. Ferguson, B. Huber und H.E. Suess, wie zukünftig
zwei nachchristli-
Absolutdaten für schwimmende Baumringsequenzen erhalten werden können:
chen Jahrtausende
längs der Winkel-
Indem die in ihnen gemessenen C14-Muster (»wiggle«) mit der Kalibrierkurve
halbierenden kon-
struiert werden,
synchronisiert (»gematcht«) werden, die in Gestalt der kalifornischen Bristleco-
weil in Amerika –
im Gegensatz zu
ne-Pine-Chronologie – ausschließlich Fachkreisen – vorlag. Obwohl es noch
Europa – so gut
mehrere Jahre dauern sol te, bevor diese unter dendrochronologischem Ge-
wie keine Vorga-
ben durch histori-
sichtspunkt veröffentlicht wurde, kannte man ihre C14-Struktur zu diesem Zeit-
sche Daten exi-
stieren.
punkt offenbar gut genug, um bereits jahrgenaue Vergleiche mit C14-Mustern
aus Europa anzustellen.
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Bild links : Das obere Bild zeigt C14-Daten aus der Bristlecone-Pine-Chrono-
logie [Ferguson 1969], das untere solche aus Baumproben eines archäologi-
schen Fundortes (Thayngen etc.) in der Schweiz [Ferguson et al. 1966]. Un-
ter der Annahme, daß sich die C14-Konzentration von gleichaltrigen Proben
weltweit stets identisch ausgebildet hat, erhält die »schwimmende« (also oh-
ne Absolutdatum vorliegende) europäische Baumringchronologie ein absolu-
tes »transatlantisches« Kalenderdatum, indem die beiden Ausgleichskurven
durch den Vergleich ihrer Lagen synchronisiert werden.
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Bild unten : Die fünf ältesten C14-Daten sol en eine Tendenz sinkender C14-
Konzentration anzeigen. Separiert man al erdings die C14-Daten für die ein-
zelnen Bäume, dann kann keineswegs einheitlich von dieser Tendenz gespro-
chen werden. Die Zusammenfassung von C14-Daten unterschiedlicher Pro-
ben ist hier ohne weiteres genausowenig zulässig wie das Plazieren einer
Ausgleichskurve.
2.5
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C14-Crash
jetzt auch noch sein zweites Standbein, das der Kalibrierung, als tönern er-
weisen sollte, dann bricht das ganze Datierungssystem endgültig unter ihm
weg.
Es lohnt sich, die einzig berechtigte Antwort zu rekapitulieren, die es hier-
auf insbesondere vor dem Einsetzen der »Zweiten Radiokarbonrevolution«
geben konnte: Es gibt schwerwiegende Indizien, daß auch Holz keine Aus-
nahme macht hinsichtlich des Befundes starker Streuungen der C14-Daten.
Zumindest ist größte Vorsicht beim überregionalen Vergleich geboten. Ein
Vergleich über den Atlantik hinweg kann ohne weitere Klärung nicht in Frage
kommen. Entsprechend vorsichtig äußerten sich auch die Autoren der damals
einzigen systematischen Untersuchung zu diesem Thema, indem sie nur für
einige untersuchte gleichaltrige Holzproben desselben Ortes eine Gleichheit
der C14-Alter bescheinigen wollten [Lerman et al. 1970, 295]. Auch 25 Jahre da-
nach kommen F.G. McCormack et al. zu dem Schluß, daß »14C weder heutzu-
tage noch in der Vergangenheit gleichförmig in der Troposphäre verteilt ge-
wesen ist, sondern in seiner Verteilung sowohl auf lokaler Ebene als auch
zwischen den Hemisphären geschwankt hat, wie aus dem terrestrischen orga-
nischen Material abgelesen werden kann« [1995, 395].
Die darauffolgende Zeit von 1970 bis etwa 1984 sieht zwei parallele Pro-
zesse: Auf der einen Seite schreiten in Europa die Iren und Deutschen bei der
Komplettierung ihrer jeweiligen regionalen Eichenchronologien mit Hilfe von
Absolutdaten voran, die stets auf der Basis transatlantischen C14-Muster-
vergleichs gewonnen wurden, ohne dieses Problem jemals wieder – mit einer
Ausnahme (vergleiche Kapitel 3.5) – anzuschneiden. Auf der anderen Seite
hagelte es scharfe bis vernichtende Kritik an der Qualität der zugrundeliegen-
den Messungen.
In den Augen dieser Kritiker war »wiggle-matching« gänzlich
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