C14-Crash
immer noch die Auseinan-
dersetzung über die divergenten Laborprozeduren tobte [Roeder 1992, 259].
! Schon längst von Detaildiskussionen absorbiert, können 1996 Synchroni-
sierungsfehler in den Baumringchronologien eingestanden [Kromer et al.
1996] bzw. diskutiert [McCormac et al. 1995] werden, ohne daß irgendwelche
Zweifel an den Methoden des mittlerweile 30 Jahre währenden Kampfes
um die »post-glaziale Baumringchronologie« aufkeimen wollen.
! Nachdem es 1986 und 1993 jeweils neue Empfehlungen für den Gebrauch
von Kalibrierkurven gegeben hatte, wird angesichts von Unstimmigkeiten,
die sich aus der letzten Empfehlung ergeben hatten, von der 1997 in Gro-
ningen stattfindenden 16. Internationalen Radiokarbonkonferenz eine
abermalige Empfehlung hinsichtlich der »wahren Kalibrierkurve« ver-
langt [van der Pflicht/McCormac 1995, 964].
2.5 Ein himmlischer Zirkelschluß
Die im vorangegangenen Kapitel skizzierte Chronologie einer Beteiligung der
C14-Methode an der Entstehung der Kalibrierkurven von 1962 bis heute ver-
langt folgende Schlüsse:
76
C14-Crash
1) Die Bristlecone-Pine-Chronologie, die für die Wiederherstellung der Re-
putation der C14-Methode so entscheidend wichtig war, wurde nicht nach
dendrochronologischen Maßstäben errichtet, sondern dem Vorurteil qua-
si-konstanter C14-Verhältnisse folgend zusammengeschnitten. Sie steht
zum Beispiel im eklatanten Widerspruch zur neuseeländischen Kauri-
Chronologie.
2) Die schwimmenden Sequenzen der süddeutschen Eichenchronologie sind
während der letzten 10 Jahre ihrer Komplettierung nach dem radiometri-
schen Vorbild der Bristlecone-Pine-Chronologie ausgerichtet und dann in
den Lücken ausgefüllt worden. Ohne Hilfe von C14 wäre weder der Auf-
bau noch der Abschluß möglich gewesen. Die C14-Datierungen gehen
deshalb entscheidend in die Abfolge der Chronologie ein.
3) Dasselbe wie für die süddeutsche Eichenchronologie gilt auch für die Iri-
sche Eichenchronologie. Im Gegensatz zu den Deutschen wollten die Iren
anfänglich eine von den Amerikanern unabhängige Kalibriermöglichkeit
schaffen [Baillie 1983, 15], ein Projekt, welches später mit dem systemati-
schen radiometrischen Abgleich mit Hilfe des »wiggle-matching« hinfällig
geworden war.
4) Alle bis heute gebräuchlichen Kalibrierkurven wurden in unmittelbarer
Abhängigkeit von der C14-Methode erstellt. Der Anspruch auf methodi-
sche Unabhängigkeit wird oftmals durch rein dendrochronologische Syn-
chronitäten zwischen den verschiedenen Baumringchronologien bergrün-
det. Diese Bestätigungen sind wegen der gemeinsamen Abstammung von
dem radiometrischen Vorbild der Bristlecone-Pine-Chronologie natürlich
zu erwarten und bleiben demzufolge ohne Beweiskraft (den Zirkelschluß
faßt das Bild 4.9 zusammen).
Es wäre nicht zu diesem Zirkelschluß gekommen, wenn sich die Dendrochro-
nologie – spätestens angesichts der disparaten Ergebnisse aus Neuseeland und
Kalifornien – gewisse Sicherheitsstandards für den Umgang mit der C14-Me-
thode gesetzt hätte. Insbesondere hätte man alle Baumringsequenzen, die zur
radiometrischen Vermessung abgeliefert wurden, zuvor ausschließlich mit
dendrochronologischen Methoden der Synchronisierung behandeln müssen.
Nur wenn diese jeweils eine hohe Wahrscheinlichkeit gezeigt hätten, auch ra-
diometrisch gleich alt zu sein, wäre ihre Verwendung als Kalibriermaßstab –
und das vorerst auch nur lokal – wirklich legitimiert gewesen (siehe Diskussi-
on in Kapitel 3.7).
Wo dendrochronologisch synchronisierte Proben vermessen werden konn-
ten, wurde in der Regel eine niedrige Wahrscheinlichkeit erzielt, daß diese ra-
2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals
77
diometrisch tatsächlich gleich alt sind. Das hätte jede radiometrische Syn-
2.9 Der vermeintli-
che Erfolg von
chronisierung, jedes »wiggle-matching« in Frage stellen müssen. Das zentrale
C14 und Dendro-
chronologie beruht
Problem bzw. ein Sündenfall der Dendrochronologie besteht denn auch darin,
auf einem Zirkel-
schluß. Beide Da-
tierungsmethoden
daß sie sich seinerzeit zuerst radiometrisch signifikant synchrone Sequenzen
haben sich in
wichtigen Phasen
beschafft hat, um hernach dendrochronologische Synchronismen zu finden,
ihrer Entwicklung
wechselseitig und
anstatt umgekehrt nur solche Sequenzen zur Auswertung als Kalibriermaßstab
unter Zugrundele-
gung falscher An-
abzuliefern, die sich zuvor als signifikant
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