C14-Crash
und Frühgeschichtler führte. (Wir möchten anmerken, daß nur die – zah-
lenmäßig ursprünglich weit unterlegenen – Befürworter dieser Neudatierun-
gen den Begriff Revolution für angemessen erachteten, der Rest vermochte
darin seinerzeit allenfalls eine Verirrung zu erkennen.)
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C14-Crash
5.1 Velikovsky und die C14-Methode
1973 erschien eine Ausgabe der Zeitschrift Pensée exklusiv zum Thema »Radio-
karbon«. Auch W.F. Libby steuerte einen Artikel bei, der sich ziemlich differen-
ziert mit der seinerzeit aktuellen Kritik an der von ihm begründeten Methode
auseinandersetzte. Libby war bereit, die offiziel anerkannte (astronomisch be-
gründete) altägyptische Chronologie in Frage zu stel en, weil C14-Daten für die
frühen Dynastien zu jung ausfielen. Velikovsky griff die C14-Methode auf, weil
C14-Daten für die späten Dynastien in auffal ender und zugleich seine Theorie
stützender Weise zu jung ausfielen. Wir vermuten, daß Libby persönlich davon
ausging, daß eine Widerlegung des sog. Fundamentalprinzips (al zeit gleiche C14-
Konzentration in der Atmosphäre) den Anfang vom Ende seiner 1949 als äu-
ßerst elegant eingeführten Methode bedeutet hätte.
5. Tagebuch einer Enthüllung
167
In dieser Phase wäre eine kritische Durchleuchtung der Grundlagen der
C14-Methode angebracht gewesen, zumal damals die Vermessung der kali-
fornischen Bristlecone-Pine-Baumringchronologie endgültig gezeigt hatte,
daß die noch von Libby formulierten Grundannahmen der C14-Wissenschaft
unzutreffend waren. So gesehen waren jene »Radiokarbonrevolutionäre«, die
sich im übrigen nur auf diese neuen dendrochronologischen Ergebnisse stütz-
ten, die wahren Hüter des alten, vom Aktualismus geprägten Weltbildes.
Velikovsky und seine Mitarbeiter sowie auch das Gros der Früh- und Vor-
geschichtler unterschieden in ihrem Verhältnis zur C14-Methode gleicherma-
ßen zwei Möglichkeiten: Entweder die C14-Methode konnte die Chronolo-
gierevision bzw. die herrschende Chronologie stützen – dann war sie will-
kommen –, oder sie stützte die jeweils andere Seite – dann war sie zu be-
kämpfen, wobei die »Konservativen« des Faches eher in den C14-Revolutio-
nären als in Velikovsky den Feind erkannten. Die Debatte um die von Veli-
kovsky betriebene Verjüngung der Historie im Lichte der C14-Wissenschaft
wurde mit einer Ausgabe von Pensée im Sommer 1973 eröffnet, zu der ne-
ben »mainstream«-Wissenschaftlern wie A.W. Burgstrahler oder auch E.W.
MacKie selbst W.F. Libby mit einem Derivat eines Vortragstextes von 1970
beigetragen hatte (vergleiche Bild 5.1 ).
Da sich Velikovskys neuer Chronologieansatz im wesentlichen mit Ägyp-
ten beschäftigte, wurde stark auf einzelne Datierungsprobleme abgehoben.
Die Stoßrichtung in der erwähnten Debatte blieb unentschieden zwischen
»stützen« und »stürzen«. Für beide Haltungen gab es Verfechter. Hauptkritik
von Velikovsky selber war die unseriöse Handhabung der zur Verfügung ste-
henden Proben, deren unliebsame Daten unveröffentlicht blieben. Es gab
auch eine Kritik an der Bristlecone-Pine-Baumringchronologie durch H.C.
Sorensen, der ihren »wissenschaftlichen Vater« C.W. Ferguson dazu inter-
viewt hatte und Schwachpunkte hervorhob, deren Kenntnis uns später weiter-
helfen sollte.
Unser Eindruck war und ist, daß sich die Schulen in der offiziell gelehrten
Altertumswissenschaft beim Thema C14 aufspalteten und einander von da an
mehr oder weniger ignorierten. Die einen behielten das Handwerkszeug der
sorgfältigen und zugleich mühseligen, synchronistischen Ummünzung relati-
ver in absolute Chronologie bei, die anderen wechselten einfach das Pferd
5.1
und datierten fürderhin vorwiegend lokal ohne methodische überregionale
Synchronisierung mit Hilfe der C14-Methode (die dabei auch ihre größten
Schwächen aufweist, vergleiche die entsprechenden Abschnitte in Kapitel
3.1).
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C14-Crash
5.2 C14 in der öffentlichen Diskussion
Wir bringen hier zwei Beispiele für das gedankenlose Ins-Feld-Führen sowohl
der C14-Methode als auch der Dendrochronologie (jeweils Leserbriefe aus Die
Zeit vom 26. Januar 1996 als Reaktion auf den Beitrag des ZEIT-Magazins »Der
Zeitraffer« über die These des erfundenen Mittelalters von H. Illig).
H. Illig diskutiert eine Chronologierevision, die eine Fehldatierung von 300
Jahren in der jüngeren Vergangenheit (ca. 600 - 900 AD) bedeutet. Dies fände ge-
wissermaßen vor
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